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Rechtsextreme Strategie Rassistische „Elterninitiative“ in Leipzig

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Sieht harmlos aus, ist es aber nicht: Facebook-Präsenz der angeblichen "Elterninitiative" "Leipzig steht auf", die rechtsextrem gesteuert ist. (Quelle: Screenshot / ngn)

Als neben der Astrid-Lindgren-Grundschule in Leipzig eine Flüchtlings-Notunterkunft eröffnet wurde, kam die Schule auf die Idee, im Dezember Spenden für die Flüchtlinge zu sammeln – und im Januar mit allen Klassen einen Rundgang durch das Haus zu machen. Als die Eltern der Kinder darüber mit einem Brief informiert wurden, formierte sich Widerstand. Doch was zunächst wie ein Protest empörter Eltern wirkte, entpuppt sich mehr und mehr als rechtsextreme Stimmungsmache.

Zunächst waren es die Eltern von neun Kindern, die sich gegen einen Besuch ihrer Kinder in der Flüchtlingsunterkunft aussprachen. Doch schon bald nahm der Konflikt an der Schule sehr viel organisiertere Züge an.  Zahlreiche unflätige Anrufe gingen bei der Schule ein. In anonymen Briefen erhob sich eine „Elterninitiative“ anonym zum Sprachrohr der Elternschaft, drohte mit Sammelklagen gegen die Sächsische Bildungsagentur in Leipzig (SBAL), die die Schulaufsicht führt – die allerdings nie eingereicht wurden. In anonymen Schreiben wurden unwahre Geschichten über ansteckende Krankheiten und unlautere Lehrmethoden unter den Eltern verbreitet. Die reagierten verunsichert, diskutierten über Krankschreibungen und Freistellungen. Nachdem Eltern ankündigten, ihre Kinder nicht zum Unterricht zu schicken, wenn ein Besuch im Flüchtlingsheim anstünde, führte die Schule die Begehungen zu unangekündigten Zeiten durch.

Die Stimmungsmache war allerdings offenbar zumindest rechtsextrem kanalisiert – wenn nicht komplett organisiert. Inzwischen mobilisiert die „Elterninitiative“, die sich nun „Leipzig steht auf“ nennt, am heutigen Montag zu einer Kundgebung „Gegen Minderheiten-Politik im Rathaus“. Das hat mit den Kindern, mit denen es losging, eigentlich nichts mehr viel zu tun, wenn ihr angeblich nötiger Schutz auch weiterhin den angeblichen Grund für die rassistische Agitation bildet. Im Aufruf von „Leipzig steht auf“ geht es gegen Migrant*innen – in Form der Flüchtlinge in der Schönefelder Notunterkunft für Asylbewerber, gegen den Islam – in Form des geplanten Moschee-Baus in Leipzig-Gohlis und gegen die Resozialisation von Straftäter*innen in einer geplanten Strafvollzugseinrichtung in Reudnitz. Alles drei sind Lieblingsthemen der Leipziger rechtsextremen Szene. Da verwundert es auch nicht, dass für die Internetseite der Initiative, wie die Leipziger Internet-Zeitung berichtet, als administrativer Ansprechpartner die Kontaktdaten eines früheren Geschäftspartners des sächsischen NPD-Vizes Maik Scheffler hinterlegt sind. Während die Initiative sich optisch harmlos und bürgerlich präsentiert, verlinkt sie offen islamfeindliche und rechtsextreme Seiten wie die der ebenfalls vermeintlichen „Bürgerinitiative“ „Gohlis sagt nein“. Passend dazu hat NPD-Sachsen-Vize Maik Scheffler die Aktion bereits kurz nach Bekanntwerden des Aufmarsches beworben. Die Initiator*innen des Protestes gegen die Kundgebung sprechen sogar von einem verdeckten Wahlkampfauftakt der Leipziger NPD. Parallelen zu rassistisch motivierten Aufzügen in Chemnitz, Schneeberg und Borna am vergangenene Wochenende sind deutlich.

Widerstand gegen die rechtsextreme Initiative

Gegend die heute ab 19 Uhr angemeldete rechtsextreme Veranstaltung regt sich Leipzig zum Glück zahlreicher Widerstand. Ab 17.30 Uhr treffen sich die Teilnehmer*innen der Gegenkundgebung in Leipzig-Schönefeld an der Ecke Löbauer Straße / Volksgartenstraße. Unterstützt wird die Gegenkundgebung unter anderen von lokalen Kirchengemeinden, zivilgesellschaftlichen Initiativen in Schönefeld und vom Bündnis „Leipzig hilft„, dass darauf hinweist, dass die „Elterninitiative“ nun einen Fackel-Aufmarsch an der baufälligen Flüchtlings-Notunterkunft angemeldet hat: „Diese Aktion ergibt keinen Sinn, dient Niemandem und bietet keine Lösungen an.“

Aktualisiert am 04.02.2014

Nach ersten Schätzungen folgten nur rund 80 Teilnehmer*innen dem Aufruf zur Kundgebung von „Leipzig steht auf“ gegen die Übergangsunterkunft für Flüchtlinge in Leipzig Schönefeld. Die Initiativen „Refugees Welcome“, angemeldet von Stadträtin Juliane Nagel (Linke), „Leipzig nimmt Platz!“, „Leipzig hilft“, Schönefeld e.V., Kirchen, Parteien und Gewerkschaften konnten dagegen rund 700, also etwa 10 mal so viele, Gegendemonstrant*innen mobilisieren. An dem Protest gegen die Kundgebung der Flüchtlingsheim-Gegner*innen beteiligte sich auch die „Willkommensinitiative Schönefeld“, an deren Mahnwache nach Polizeiangaben rund 150 Menschen teilnahmen, unter ihnen Pfarrerin Grit Markert von der Schönefelder Matthäuskirchgemeinde und der frührere Pfarrer der Thomaskirche Christian Wolff.

Die Kundgebung gegen die Flüchtlings-Notunterkunft begann mit einer halben Stunde Verspätung um 19.30 Uhr. Dabei war den Anmeldern erlaubt worden, 25 Fackeln zu entzünden. Bei der Versammlung, die mit dem Motto „Leipzig steht auf! Bürgerwille vor Minderheitenpolitik!“ angemeldet worden war, waren laut verschiedener Twittermeldungen auch Politiker der rechtsextremen NPD, wie der stellvertretende NPD-Landesvorsitzende Maik Scheffler, Alexander Kurth, der im vergangenen Sommer die sogenannte NPD-Deutschlandtour begleitete, und Enrico Böhm, der bei den Kommunalwahlen 2009 für die NPD kandidierte, gewesen. Nach Angaben der Polizei wurde die Kundgebung gegen 20.15 Uhr beendet.

| Weitere Infos auf MDR, Endstation Rechts, LVZ.

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