Die Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern 2009 haben der NPD rund 26 Sitze in mehreren Kreistagen beschert, so dass die Verankerung der rechtsextremen Partei wächst, obwohl sie vom Ansatz demokratiefeindlich ist. Wie sich die NPD dennoch bei Wählern einschmeichelt, wurde am Vorabend der Wahl im Rahmen des politischen Salons des Demokratieprojekts ‚Lola für Lulu‘ in Ludwigslust erörtert. Mit dabei war der seinerzeitige Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering.
Rechtsextreme Strukturen: „Die NPD will keine Politik machen“
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Die NPD verfolgt im kommunalen Raum erfolgreiche Strategien. Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus positionieren, haben es oft schwer, wo der Nazi, der die Demokratie abschaffen will, zugleich der zuvorkommende Nachbar oder zupackende Sporttrainer ist. Wie es trotzdem funktionieren kann, diskutierten Interessierte am 3. Juni 2009 beim Salon „NPD und Kommunalpolitik“ des Projektes „Lola für Lulu“ der Amadeu Antonio Stiftung in Ludwigslust.
Ein Grund für die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in Ludwigslust stand mit trotzig vor der Brust verschränkten Armen vor dem historischen Rathaus und musterte mit finsterer Miene die Besucherinnen und Besucher, die im Rathaus zur Veranstaltung „NPD und Kommunalpolitik“ strömten: NPD-Stadtvertreter Klaus Bärthel. Als Mitglied einer verfassungsfeindlichen Partei hatte er sich für die Teilnahme an der Informations- und Diskussionsveranstaltung für Demokrat*innen selbst disqualifiziert.
Die Episode illustrierte, wie Kampf gegen Rechtsextremismus ist, wenn sich – wie im ländlichen Raum gegeben – alle Akteure kennen. Zumal die NPD sich nicht scheut, diese Vertrautheiten, die auch Befangenheiten vermitteln, auszunutzen und zu instrumentalisieren. „Deshalb müssen wir immer wieder die Wahrnehmung schulen für rechtsextreme Präsenz im Alltag“, meinte Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung. „Statt leicht erkennbarer Sturm-und-Drang-Nazis haben wir es jetzt mit rechtsextremen Familien zu tun, die sich in der Schule engagieren und mit denen auch Gerichte und Familienhilfe einen Umgang finden müssen.“
Debatte mit Sellering
Auf Einladung des Projektes „Lola für Lulu – Frauen für Demokratie im Landkreis Ludwigslust“ war auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) zum Salon gekommen und appellierte an die anwesenden Engagierten und Politiker*innen, nicht nachzulassen im Werben für Demokratie: „Politik und Bürger müssen und können nur gemeinsam etwas ändern.“ Der Staat könne gegen rechtsextreme Umtriebe vorgehen, Polizisten und Richter schulen und Bürgermeistern den Rücken stärken. Aber ohne Menschen, die vor Ort demokratische Kultur leben, nütze das wenig. „Die NPD will keine Politik machen! Sie verbreitet Parolen, um den Staat und die Demokratie abzuschaffen. Wir müssen die Parolen wiederlegen“, sagte Sellering. Neben starken Bürgern sieht er aber auch einen starken Staat in der Pflicht: „ Ich will ein NPD-Verbot. Die Partei ist verfassungsfeindlich“, so der Ministerpräsident. Auch sicherte er Beratungsprojekten gegen Rechtsextremismus eine längerfristige Existenz zu.
Als Expertin referierte Gudrun Heinrich von der Universität Rostock darüber, was die NPD so erfolgreich macht. Sie wies darauf hin, dass es für Angebote der rechtsextremen Szene eine offensichtliche Nachfrage gibt, auf die Demokraten sich Antworten einfallen lassen müssen. Viele Menschen erlebten wirtschaftliche und private Entwurzelung, suchten nach einfachen Antworten, wollen Protest ausdrücken, suchen nach Identität, wünschen sich Zugehörigkeit. Aber: „Viele sind auch einfach der Überzeugung, dass Rechtsextremismus richtig ist.“ Ihre Schlussfolgerung für den Umgang mit Rechtsextremen: Aufklärung allein reicht nicht, denn die Wähler sind nicht alle „geblendet“. Wichtig sei eine Stärkung der Konfliktfähigkeit und Urteilsfähigkeit bei den Demokraten, der Mut, zu diskutieren und komplexe Probleme zu beurteilen: „Denn die Demokratie ist stärker. Und sie ist richtig. Wir haben etwas zu verteidigen.“