Auch Mitarbeiter_innen von und im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften können eine von Rassismus geprägte Haltung haben. Problematisch sind nicht nur bestehende Vorurteile. Aus negativen Erlebnissen im Umgang und bei der Arbeit mit Asylsuchenden können rassistische Annahmen verfestigt und gestärkt werden. Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter_innen sind möglicherweise irritiert, wenn Asylsuchende nicht bereit sind für streng getakteten Deutschunterricht, wenn sie das Angebot an Kleiderspenden nicht annehmen, wenn sie sich diskriminierend äußern.
? Die Verantwortlichen in den Unterkünften sollten sich regelmäßig nach den Bedürfnissen und Sorgen von Angestellten und Ehrenamtlichen erkunden. Auch Bedenken und Ängste müssen diskutiert werden. Rassistische Vorbehalte müssen reflektiert und thematisiert werden. Probleme, Konflikte und Missverständnisse müssen frühzeitig erkannt und aus dem Weg geräumt werden.
In einer Hamburger Unterkunft, in der es zu rassistischer Hetze gekommen war, stellte sich in anschließenden Gesprächen heraus, dass den Sicherheitsmitarbeiter_innen die Möglichkeit fehlte, in einer schwierigen Situation Abstand zu gewinnen. Nachdem ein verschließbarer Pausenraum eingerichtet wurde, verbesserte sich die Situation spürbar.
? Sicherheits- und Betreiberfirmen müssen Bewerber_innen genau prüfen. In der Stellenausschreibung sollte stehen, dass die künftigen Mitarbeiter_innen (auch) in Flüchtlingsunterkünften arbeiten werden. Im Bewerbungsgespräch sollten konkrete Situationen besprochen werden, zum Beispiel wie man mit Anfeindungen aus der Nachbarschaft und mit Konflikten unter Bewohner_innen umgehen würde. Die Aufgaben müssen klar benannt sein. Bei Sicherheitsfirmen sollten das Schutz der Geflüchteten und Deeskalation bei Streitereien in der Unterkunftsein.
? Langfristig sollten alle Mitarbeiter_innen im Umfeld von Unterkünften in Fortbildungen für Rassismus sensibilisiert und über Fluchtgründe und Fluchterfahrung informiert werden. Übungen, bei denen die Mitarbeiter_innen sich in die Situation der Geflüchteten versetzen,lehren Empathie. Jeder sollte außerdem in der Lage sein, Symbole von Nazis (einschlägige Marken, Codes etc.) zu erkennen. In Rollenspielen kann geübt werden, wie am besten auf rassistische Propaganda reagiert und wie Sorgen der Anwohner_innen begegnet werden kann.
? Im Idealfall sollten keine Subunternehmen zwischengeschaltet werden. Zwischenebenen erschweren die Kommunikation mit den Mitarbeiter_innen.
? Eine externe Mediation kann die Kommunikation erleichtern. Mitarbeiter_innen der PfDFach- und Koordinierungsstellen können »runde Tische« einberufen, Gesprächsangebote für Helfer_innen und Mitarbeiter_innen organisieren. Psycholog_innen an Uni-Kliniken könnenHaupt- und Ehrenamtlichen helfen, einen besseren Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen zu finden. Supervisor_innen können bei Reflexion, Verarbeitung und Umgang mit Problemen unterstützen.
Angestellte der Stadt Marburg überlassen die Kommunikation nicht den Betreiberfirmen, sondern suchen direkt den Kontakt mit Sicherheitspersonal, Mitarbeiter_innen von Unterkünften und Ehrenamtlichen. Alle Beteiligten – Politiker_innen, Behördenmitarbeiter_innen, Polizist_innen, Mitarbeiter_innen und Nachbar_innen von Unterkünften – treffen sich regelmäßig, um über Missstände, Frustration und Vorfälle zu sprechen. Ängste und Sorgen des Personals und der Anwohner_innen sowie Vorkommnisse werden diskutiert und aufgeklärt und gleichzeitig wird verhindert, dass einer Gruppe negative Eigenschaften zugeschrieben werden.
Dieser Text ist ein Auszug aus der Handreichung „Rechtsextremen Mobilisierungen entgegen treten – Willkommenskultur etablieren“ der Amadeu Antonio Stiftung, die im April 2016 erschien.
Hier zum Download:
https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/dokumentation-fachtagungen.pdf
Chronik der Gewalt gegen Geflüchtete bei „Mut gegen rechte Gewalt“:
https://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/service/chronik-vorfaelle
Mehr auf netz-gegen-nazis.de:
Artikel aus dieser Broschüre auf netz-gegen-nazis.de:Handlungsstrategien gegen Rassismus im Umgang mit GeflüchtetenZusammenarbeit mit Unterkunftsverwaltung, Sicherheitspersonal und EhrenamtlichenKommunikationsstrategien mit Anwohner_innen: »Bürgerversammlungen«Einbeziehung der FlüchtlingsperspektiveSicherheitskonzepte – Schutz von Asylsuchenden und Ehrenamtlichen