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Rheinwiesenlagertreffen der Verschwörungsrevisionist*innen Tänze für die „deutsche Seele“

"Die Rechte" demonstriert nicht mehr im Ahrtal am Rheinwiesenlager - jetzt übernehmen die Rechtsesoteriker*innen den Revisionismus. (Quelle: Screenshot Telegram)

Vom 10. bis zum 12. Mai trafen sich Reichsbürger*innen, Rechtsesoteriker*innen, Verschwörungsgläubige und Revisionist*innen aus verschiedenen Teilen Deutschlands sowie der Schweiz und Österreich bei einer Veranstaltung bei den Rheinwiesenlagern im Ahrtal. Der Grund ist: Geschichtsrevisionismus – und vorgebliche Heilung durch Tänze.

Es geht um die Wiedererstarkung der „deutschen Seele“

Die Teilnehmer*innen wollen der in der Geschichte angeblich einzigartigen Gräuel und Schuld gedenken, die den deutschen Gefangenen durch die Alliierten in den Nachkriegsjahren zugefügt worden seien. Die Rede ist gar von einem „Genozid an den Deutschen“. Das angeblich durch die Rheinwiesenlager entstandene deutsche Trauma soll durch Meditation, Rituale, Tanz und Gesang geheilt werden. Die so herbeigeführte Wiedererstarkung der „deutschen Seele“ könne die Rückkehr zu einem starken und selbstbewussten deutschen Volk ebnen und durch Bewusstseinsänderung zugleich die gesamte Welt von der Herrschaft durch eine geheime Elite befreien, die im Verborgenen die Welt regiere.  

Die in rechtsextremen Kreisen populäre Legende, die Behandlung der deutschen Gefangenen stelle einen nie dagewesenen Bruch des Völkerrechts und nie zuvor ausgeübte Gräuel dar, leugnet implizit den Holocaust und alle weiteren Verbrechen während des Nationalsozialismus. Nicht nur soll die deutsche Schuld geleugnet und abgewehrt werden, vielmehr sei das eigentliche Opfer des Zweiten Weltkriegs das durch Unrecht und Folter traumatisierte deutsche Volk, welches in der dritten und vierten Generation nun endlich geheilt werden müsse.

Untermauert werden die Behauptungen durch pseudo-wissenschaftliche Forschungsergebnisse mit erfundenen, stark nach oben übertriebenen Opferzahlen – die bereits vielfach widerlegt wurden. Weitere Re-Postings in den Vorbereitungsgruppen leugnen den Holocaust direkt. So wird behauptet, die misshandelten deutschen Gefangenen seien fotografiert und als Opfer der Konzentrationslager ausgegeben worden. Weiter heißt es: „Die von den Zionisten manipulierte Gründung Israels basierte weitgehend auf diesen angeblichen Todesfällen und mehreren Millionen weiteren, die angeblich in Auschwitz stattfanden“. Der Re-Post stammt vom Besitzer der Telegram-Gruppe und Organisator der Treffen, Oliver K. aus Isernhagen.  

Alliierte und Ahrtal-Flut?

Die Flutkatastrophe des Ahrtales und die betroffenen Menschen werden durch die Aktivist*innen ein weiteres Mal instrumentalisiert: Dass die Bewohner*innen des Ahrtales angeblich ohne jede Hilfe geblieben seien, sei Folge einer verborgenen Agenda mit dem Ziel, das deutsche Volk zu vernichten. So schreibt Oliver K. im so genannten „Walnussblatt 07/2022“).  Im Telegram-Chat der Orga-Gruppe befindet sich ein Mitglied, das zusammen mit der Gruppe um den mittlerweile bei den Razzien im Februar verhafteten Reichsbürger Max Eder eine später von der Polizei geräumte Grundschule in Beschlag genommen hatte.

 

Andere Chatmitglieder verbreiten die QAnon-nahen Verschwörungserzählungen von der absichtlichen Flutung des Ahrtales und/oder einer großen Anzahl Kinderleichen, die als Opfer eines Pädophilenrings durch die Flut aus unterirdischen Gefängnissen nach oben gespült worden wären. Oliver K. repostet aus einem Chat, der die Flutkatastrophe mit der Verschwörungserzählung des „Great Reset“ in Zusammenhang bringt („Das Ahrtal – Great Reset und Zwangsumbau“).

Holocaustleugnung und schamanische Rituale

Die Organisator*innen und Aktivist*innen des dreitägigen Treffens entstammen einem bürgerlichen Milieu, bewegen sich überwiegend in verschwörungsideologischen und in rechtsesoterischen Kreisen und benutzen einen von der Coaching- und Heilerszene geprägten Jargon. Knallharter politischer Rechtsextremismus und Holocaustleugnung werden mit schamanischen Ritualen und Kreistänzen verbrämt. Während die Trauermärsche der Neonazis um die NPD und die Partei „Die Rechte“ zuletzt mangels Teilnehmer und 600 Gegendemonstrant*innen 2021 eingestellt wurden, kehren Geschichtsrevisionismus, Antisemitismus und Deutschnationalismus im Gewand von mantrasingenden Spiritist*innen an die Ahr zurück. 

Verschwörungserzählung von „Bletchley Park“

Die Szene kolportiert diverse antisemitisch kodierte Verschwörungserzählungen, besondere Popularität hat jedoch die von William Toel erfundene Mär von „Bletchley Park“. William Toel – laut Selbstbezeichnung ein zur rechten Zeit von Gott gesandter Deutschenversteher – tritt seit 2021 mit der Behauptung auf, in dem englischen Landsitz „Bletchley Park“ seien in der Nachkriegszeit die begabtesten Köpfe der Alliierten zusammengerufen worden, um das deutsche Volk auf immerdar durch psychologische Kriegsführung zu erniedrigen und kleinzuhalten.

Sogenannte Antideutsche würden seitdem die deutsche Sprache, Kultur, das Bildungssystem, die Familie, das Heimatgefühl, die typische deutsche starke Männlichkeit und sanfte Weiblichkeit zerstören und durch den auferlegten Schuldkult den Kontakt zu den Ahnen abschneiden. Hierdurch würde das deutsche Volk in seiner Einzigartigkeit geschwächt und deswegen könne man den Deutschen immer noch ihre natürliche Stellung in der Weltordnung streitig machen. Es sei an der Zeit, Gleichmacherei und Mittelmaß zu beenden, typisch deutsche Volkseigenschaften wie das Streben der Besten nach Fortschritt und Freiheit zu kultivieren und sich zur Ermannung wieder mit den Ahnen zu verbinden. Der „deutsche Weg“ sei Antwort auf die drängendsten Problem der Zeit und die Welt (!) würde geheilt sein, wenn die Deutschen erst wieder ganz sie selber sein könnten. 

Neben dem Telegram-Chat-Besitzer Oliver K. gehören Nancy M. (Übersetzerin von William Toel) und Kristina K. (Motto und TG-Kanal: Fühlen ist das neue Denken) zum engeren Organisationsteam. Unterstützung unterhalten sie unter anderem von der Salzburgerin Catherine T., die in Österreich bereits wegen Holocaustverharmlosung rechtskräftig verurteilt wurde.   

Treffpunkt der Versammlungen soll an allen drei Tagen die Kapelle der Schwarzen Madonna bei Remagen sein. Die Rituale sollen stattfinden an den verschiedenen Standorten der Rheinwiesenlager um Remagen und Sinzig. Zusätzlich war am Donnerstag um 20:00 Uhr ein Konzert mit Lex van Someren, einem aus den Niederlanden stammenden Musiker und Aktivisten der braunen Esoterikszene geplant. 

Besondere Aufmerksamkeit soll in diesem Jahr das Frauenlager erhalten: Man habe in den letzten Jahren dort eine besonders sanfte und heilsame Energie empfangen können, die man sich zur Heilung des deutschen Traumas zunutze machen müsse.  

 

Eine ausführliche Recherche und Updates gibt es hier:
https://aroberberg.wordpress.com
und hier:
stopptierechten.at

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