„Ich hoffe davon gehen wir aus diesem Bastard das Handwerk zu legen, so ein feiges Schwein der Frauen schlägt.“ „Wat für eni feige pissnelke isn das? Aber was will man von unseren gutmenschen auch anderes erwarten……..“ „so ein dreckspack aber die rache kommt…… gute besserung“ So und so ähnlich lauten die Kommentare unter einem Facebook-Posting von NPD-Kader Ricarda Riefling (alle Fehler der Facebook-Zitate im Original). Riefling hatte ein Foto von sich veröffentlicht, das sie mit einem blauen Fleck zwischen den Augen zeigt, darüber die Zeile: „So sehen die Folgen eines ‚Schwächeanfalls‘ vor einem schlagenden SPD-Landrat im ungeschminkten Zustand aus.“ Was war passiert?
Am Samstag hatte es eine rechtsextreme Demo-Serie des „Nationalen Widerstands Zweibrücken“ in der Region gegeben, darunter auch eine Veranstaltung in Homburg. Dabei spielten die Demonstrierenden die erste Strophe des Deutschlandliedes, was für Empörung bei umstehenden Nazi-Gegnerinnen und –Gegnern sorgte. Zeitungsberichten zufolge schritt Landrat Christian Lindemann in seiner Funktion als Leiter der Kreispolizeibehörde ein und unterbrach die Veranstaltung. Gegenüber der „Saarbrücker Zeitung“ erklärte er: “ Natürlich ist es nicht strafbar, die erste Strophe des Deutschlandliedes zu singen. Aber in diesem Kontext war es eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung – nach den schwer verdaulichen Reden war ein solches Lied einfach untragbar.“ Das dürfe sich der Staat nicht gefallen lassen, weswegen Lindemann eingeschritten sei.
Inszenierung als Opfer
Über das, was dann folgte, gibt es nun zwei unterschiedliche Darstellungen. Fest steht, dass es zu einem Wortgefecht zwischen Lindemann und dem Polizeieinsatzführer auf der einen Seite sowie Detlef Walk, Anmelder der Kundgebung, und NPD-Stadt Markus Walter auf der anderen Seite kam. Walter ist der Verlobte von Ricarda Riefling, die wiederum Clemens Lindemann ihr Handy ins Gesicht hielt, um seine Äußerungen aufzunehmen – mehrere Augenzeugen, darunter ein Mitarbeiter der „Saarbrücker Zeitung“ bestätigten dies hinterher. Der Landrat wollte das Telefon wegdrücken, woraufhin er angegriffen und geschlagen wurde. Riefling wiederum fiel nach dem Handgemenge zu Boden, die Polizei stellt dazu fest: Es kam „zu einem Angriff durch eine 29-jährige Rednerin des rechten Lagers auf den Landrat. Dieser wurde hierbei leicht verletzt. Durch sofortiges Einschreiten von Polizeikräften konnte dieser Angriff unterbunden werden. Die Angreiferin erlitt hierbei einen Schwächeanfall und musste anschließend ärztlich behandelt werden.“
Lindemann zeigte sich nach dem Vorfall geschockt. Auf der Internetseite des Saarpfalz-Kreises hieß es danach, der Landrat habe Strafanzeige erstattet. Vor allem die Hetzjagd auf rechtsextremen Internetseiten erschreckte ihn – nicht nur wegen der dort sichtbaren Gewaltbereitschaft, sondern auch wegen des gezeigten Verhältnisses zu Wahrheit und Realität. Denn die NPD hat die Tatsachen komplett herumgedreht und inszeniert Riefling nun als Opfer der Geschichte – wie sie es auch selbst auf ihrer Facebook-Seite tut. Und das, obwohl es wohl Augenzeugenberichte gibt, die sagen: „Die Frau schlug! Sie liess sich theatralisch zu Boden fallen. Niemand knüppelte irgendjemand.“
Online-Hetzjagd auf den Landrat
Doch die Neonazis haben bereits eine Online-Hetzjagd auf Clemens Lindemann begonnen. Einen Vorgeschmack darauf geben die eingangs zitierten Facebook-Postings. Auf dem NPD-Portal „DS-aktuell“ heißt es, Riefling habe schlichten wollen. Lindemann aber habe ihr brutal mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Für die NPD ein klarer Fall: „Die Maske ist gefallen. Heute haben etablierte Funktionäre des Systems Bundesrepublik öffentlich gezeigt, von wem im Saar-Pfalz-Kreis Gewalt ausgeht. Selbst gegen Frauen – in diesem Fall das Parteivorstandsmitglied Ricarda Riefling – wird mit brachialer Gewalt vorgegangen.“
Die Kommentare unter diesem Schrieb sprechen Bände. Da meint ein Nutzer: „Das ist übrigens der Unterschied zwischen Linken und Rechten. Linke schlagen auf eine Frau ein weil sie sie an der Ausübung ihrer Bürgerrechte hindern wollen, Rechte schlagen auf eine Frau..naja nennen wir es mal auf ein linkes Flintenweib ein weil sie Steine auf nationale Frauen und Kinder geworfen hat.“ Oder „Was in diesem linksfaschistischen Terrorstaat alles im Namen der ‚Demokratie‘ moeglich ist, ist schon erschuetternd.“ Immer wieder wird Clemens Lindemann als „Schläger“ tituliert, während Ricarda Riefling nur in Notwehr gehandelt hätte.
Die nette Frau von nebenan
Damit wird ein weiteres Kapitel der Inszenierung von Ricarda Riefling als unbescholtene Bürgerin geschrieben. Erst vor wenigen Tagen war die NPD-Frau wegen eines Porträts über sie in die Schlagzeilen geraten. Die „Pirmasenser Zeitung“ hatte sie in einer Reihe über Pirmasenser Bürgerinnen und Bürger als nette Frau von nebenan porträtiert – ohne freilich zu verraten, für welche Partei die 29-Jährige in der Region agitiert. Nach einem Sturm der Entrüstung sprach die Zeitung von einem „Fehler“. Ein junger Mitarbeiter habe den Artikel über Riefling geschrieben und nicht gewusst, „dass diese im Umfeld der NPD steht“, so die dürre Erklärung des Blattes.
Riefling selbst postete den Artikel stolz auf ihrer Facebook-Seite – und forderte auch gleich zu Kommentaren auf, als klar wurde, wie viele Menschen sich an dem vermeintlich unpolitischen Beitrag störten. “ *ACHTUNG* Liebe Freunde! Die Antideutschen haben dazu aufgerufen, die Pirmasenser Zeitung mit Kommentaren auf deren Facebook-Seite zu bombardieren, weil sie mich als Pirmasenserin porträtiert hatten. Dies erfolgt gerade. Gegen diese einseitigen Kommentare der Antideutschen sollten alle deutschfreundlichen Kräfte mitkommentieren! Macht mit auf der Facebookseite der PZ Pirmasenser Zeitung! DANKE„, heißt es in ihrem Posting.
Aus Opfern werden Täter
Auch jetzt versucht Riefling wieder, möglichst viele Menschen für ihre Kampagne zu gewinnen. Regelmäßig postet sie Updates zum Stand der Dinge auf ihrer Facebook-Seite – auch darüber, dass sie nun Strafanzeige gegen Clemens Lindemann gestellt habe wegen „gefährlicher Körperverletzung im Amt, des versuchten Raubes, der Sachbeschädigung sowie der Nötigung im besonders schweren Fall“. Doch auch Landrat Lindemann hat angekündigt, juristische Schritte einzuleiten. Gegenüber der „Saarbrücker Zeitung“ sagte er: „Ich werde gegen alle diese verleumderischen Behauptungen mit allen juristischen Mitteln vorgehen, sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich.“ Die Strafanträge seien bereits gestellt. „Es kann nicht sein, dass aus dem Opfer ein Täter gemacht werden soll. Das würde die Fakten vollends auf den Kopf stellen. Das wird eindeutig ein Nachspiel haben.“
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