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Sachsen Bedrohung durch Neonazis nimmt deutlich zu

328 rechtsmotivierte Angriffe mit 446 betroffenen Personen – ein Anstieg um 32 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Opferberatung Support des RAA Sachsen e.V. hat heute ihre Jahresstatistik 2024 vorgestellt und warnt vor einer alarmierenden Verschärfung rechter Gewalt im Freistaat.

 
Symbolbild (Quelle: Foto von Max Fleischmann auf Unsplash )

In allen Regionen Sachsens ist rechtsmotivierte Gewalt auf dem Vormarsch – besonders häufig betroffen sind Leipzig, Dresden und Chemnitz sowie die ostsächsischen Landkreise Bautzen und Görlitz, wo die Angriffszahlen um über 50 Prozent gestiegen sind. Auch die Landkreise Meißen und Mittelsachsen verzeichnen drastische Zunahmen. Ein Rückgang wurde in keinem Landkreis festgestellt.

Vermehrte Angriffe auf politische Gegner und Minderheiten

Die Angriffe richteten sich 2024 überwiegend gegen migrantisch gelesene Menschen, politische Gegner*innen, queere Personen und sogenannte „Nichtrechte“. Körperverletzungen und Bedrohungen sind die häufigsten Tatmuster. Besonders beunruhigend: Die Täter*innen agieren zunehmend organisiert und vernetzt. Neonazistische Gruppen wie die JN, der III. Weg oder neu entstandene Jugendkameradschaften treten zunehmend aggressiv auf – auf Demonstrationen, bei Gegenmobilisierungen und im Alltag.

Warnung vor wachsender Bedrohung durch Neonazis

Andrea Hübler, Geschäftsführerin der Opferberatung Support, warnt eindringlich vor den Folgen: „Der erneute deutliche Anstieg rechtsmotivierter Gewalt in Sachsen ist besorgniserregend und das politische Klima, das sich in Debatten und Wahlergebnissen weiter nach rechts verschoben hat, nicht minder. Um dieser gefährlichen Entwicklung etwas entgegenzusetzen, braucht es unbedingt weiterhin eine aktive demokratische Zivilgesellschaft.“

Die Zahlen aus Sachsen stehen nicht allein: Auch in Brandenburg verzeichnet die Beratungsstelle Opferperspektive für 2024 einen Höchststand seit Beginn der Erfassung 2002. 273 rechtsextreme, rassistische und antisemitische Angriffe wurden registriert. Besonders häufig betroffen: Potsdam, Cottbus und der Landkreis Oder-Spree. Deutlich zugenommen hat die Gewalt gegen politische Gegner*innen – darunter Kommunalpolitiker*innen, Journalist*innen und junge Engagierte.

Forderung nach politischer Verantwortung und Handlung

Die Amadeu Antonio Stiftung fordert angesichts dieser Entwicklungen eine klare Haltung der demokratischen Parteien. Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, beschreibt das so: „Ob in Sachsen oder Brandenburg – die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Rechtsextreme Gewalt ist wieder Alltag. Was wir erleben, ist keine lokale Entgleisung, sondern Ausdruck eines politisch befeuerten Klimas, das rechtsextreme Akteure ermutigt und zivilgesellschaftliches Engagement zunehmend delegitimiert. Dass genau jetzt in Sachsen massiv bei der Demokratieförderung gekürzt werden soll, ist brandgefährlich. Die Oppositionsparteien müssen im Rahmen des sächsischen Konsultationsmechanismus darauf drängen, diese Kürzungen zurückzunehmen. Die neue Bundesregierung muss ebenso bei den Haushaltsverhandlungen für den Bundeshaushalt 2025 zeigen, dass sie aus diesen Entwicklungen Konsequenzen zieht, den avisierten Ausbau der Demokratieförderung finanziell unterlegt – und dass sie an der Seite der Betroffenen und all jener steht, die sich täglich für Menschenwürde, Vielfalt und Demokratie einsetzen – mit einem klaren Bekenntnis zum Engagement gegen Rechtsextremismus und dem Bundesprogramm Demokratie leben!“

Die vollständige Statistik der Opferberatung SUPPORT ist abrufbar unter: www.raa-sachsen.de/statistik

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