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Sächsischer Förderpreis 2023 Recherche und Dokumentation gegen Nazis

Wir interviewen die Nominierten für den Sächsischen Förderpreis 2023. Heute das Projekt chronik.LE, das seit gut 15 Jahren Neonazis, Rassismus und Antisemitismus in und um Leipzig herum dokumentiert.

 
(Quelle: chronik.LE)

Aus insgesamt 49 eingegangenen Bewerbungen hat die Jury sechs Initiativen für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie nominiert. Welche der nominierten Initiativen in diesem Jahr den Preis erhält, wird auf der feierlichen Preisverleihung am 9. November im Kleinen Haus des Staatsschauspiel Dresden verkündet.

Mit dem Sächsischen Förderpreis für Demokratie werden Projekte, Initiativen und Kommunen ausgezeichnet, die sich für die Stärkung der Demokratie und Menschenrechte in Sachsen engagieren und sich gegen Rassismus, Antisemitismus oder Rechtsextremismus einsetzen.

Bis zur Preisverleihung am 9. November stellen wir auf Belltower.News alle Nominierten im Interview vor. Heute sprechen wir mit dem Projekt chronik.LE von Engagierte Wissenschaft e.V.

Neonazi-Aktivitäten und diskriminierende Vorfälle sind auch in Leipzig, dem umliegenden Landkreis Leipzig und Nordsachsen weit verbreitet. Die fehlende, öffentliche Aufmerksamkeit für neonazistische, rassistische und andere diskriminierende Vorfälle und Strukturen sind Faktoren, die demokratiefeindliches Denken beeinflussen und verstärken. Für das Dokumentationsprojekt chronik.LE steht deswegen fest: Nur wer sich auskennt, kann auch wirksam gegen Neonazis, Rassismus und Diskriminierung vorgehen. Online und offline dokumentiert chronik.LE deswegen Vorfälle von Nazischmierereien, Aufmärschen und Angriffen – von „besorgten Bürgern“, Neonaziparteien und Gruppierungen wie dem III. Weg und der Identitären Bewegung und anderen Rechtsaußengruppierungen.

Belltower.News: Was macht eure Initiative?
chronik.LE ist ein Dokumentationsprojekt mit dem Ziel einer möglichst umfassenden Sammlung und Analyse neonazistischer, rassistischer und diskriminierender Aktivitäten in Leipzig und den umliegenden Landkreisen Leipzig und Nordsachsen. Bisher haben wir mehr als 5.700 Ereignisse dokumentiert, zehn Broschüren (darunter sieben Leipziger Zustände) publiziert sowie eine Reihe an Dossiers und Analysen verfasst und unsere Erkenntnisse auf zahlreichen Vorträgen vorgestellt.

Warum und wann wurde das Projekt gegründet?
Das Projekt hat sich im Jahr 2008 gegründet. Anlass des war vor allem die Zunahme rechter Gewalt und das Erstarken der lokalen Neonaziszene in Leipzig und Umland. Ziel von chronik.LE ist es seitdem, einen umfassenden und aktuellen Überblick über neonazistische, rassistische und andere diskriminierende Ereignisse zu bieten. Dazu zählen Gewalt- und Propaganda-Aktionen organisierter und nichtorganisierter Neonazis, Verschwörungsideologien, Rassismus, Antisemitismus, Sozialdarwinismus, Antiromaismus, Sexismus, Antifeminismus, fundamentalistische und Neue Rechte sowie Anfeindungen gegen LGBTQIA+*, Obdachlose und Menschen mit Behinderungen. Die Verharmlosung und Verherrlichung des Nationalsozialismus, Reichsbürger und völkische Siedler sind ein weiterer Phänomenbereich unserer Dokumentation.

Wen wollt ihr ansprechen und wer macht mit?
Mit unserer Dokumentation und den Analysen schaffen wir eine umfangreiche Informations- und Recherchequelle für die Öffentlichkeit. Der Gedanke hinter dem Projekt: Nur wer sich auskennt, kann auch wirksam gegen Neonazis, Rassismus und Diskriminierung vorgehen.

Mit der Onlinedokumentation möchte chronik.LE Betroffenenperspektiven stärken und zivilgesellschaftliche Initiativen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung unterstützen. Außerdem soll das Problembewusstsein bei Bürger*innen geschärft und zur kritischen Auseinandersetzung angeregt werden. chronik.LE wendet sich deshalb auch an Multiplikator*innen aus Bereichen wie Erziehung, Schule, Lokalpolitik und Medien.

Warum ist zivilgesellschaftliches Engagement gerade jetzt so wichtig?
Im Angesicht eines Erstarkens der extremen Rechten auf den Straßen und in den Parlamenten in Sachsen und andernorts, ist es unabdingbar, eine starke Gegenöffentlichkeit zu organisieren und diese zu informieren. Die ausbleibende eindeutige Zurückweisung von derartigen Ansichten in Teilen von Politik und Gesellschaft unterstreicht darüber hinaus die Notwendigkeit einer Zivilgesellschaft, die sich klar antifaschistisch positioniert und diskrimnierende gesellschaftliche Verhältnisse und Strukturen klar benennt und kritisiert.

Ihr seid für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie nominiert. Braucht Sachsen mehr Demokratie?
Es gibt in Sachsen viele engagierte Initiativen, Vereine, Projekte und Einzelpersonen, die jetzt schon am Limit sind und für ihr demokratisches Engagement angefeindet werden. Was in Sachsen und in Deutschland allgemein fehlt, ist eine nachhaltige (finanzielle) Unterstützung aus Politik und Gesellschaft sowie sich von Feinden der Demokratie klar abzugrenzen anstatt sich anzubiedern.

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Rechtsextremismus und allen anderen Themen der Amadeu Antonio Stiftung für ein breites Publikum zugänglich.
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