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Sächsischer Förderpreis 2023 Vernetzung als Protest gegen rechtsextreme Jugendarbeit

Wir interviewen die Nominierten für den Sächsischen Förderpreis 2023. Heute die Initiative „Keep Together – Zusammen gegen Rechts“, die entstanden ist, um einen rechtsextremen Jugendclub zu verhindern – und jetzt demokratische Akteur*innen in Bautzen vernetzt.

 
"Es fehlt an vielen Stellen an einem Verständnis von demokratischen Werten. Die Verbreitung rechtsextremer Ideologie wird fälschlicherweise als "Demokratie" und "freie Meinungsäußerung" missverstanden." (Quelle: Keep Together - Zusammen gegen Rechts)

Was macht eure Initiative?

Unsere Initiative „Keep Together – Zusammen gegen Rechts“ kämpft für eine offene Gesellschaft. Wir sind im Kreis Bautzen aktiv und beschäftigen uns deshalb besonders mit dem Problem des Rechtsextremismus. In den letzten Jahren haben wir versucht, mit verschiedenen Projekten die Bevölkerung stärker für das Thema zu sensibilisieren. Dabei ist uns immer wieder das Problem rechter Gewalt begegnet. Daraus ist unser aktuelles Projekt „Noteingang“ entstanden. Noteingänge sind Orte, welche Personen aufsuchen können, die im öffentlichen Raum Gewalt erfahren. Durch die Vernetzung dieser Orte soll außerdem die demokratische Zivilgesellschaft in der Stadt gestärkt werden.

Warum und wann wurde das Projekt gegründet?

Keep Together hat sich 2020 gegründet, um die Eröffnung eines rechtsextremen Jugendclubs durch den rechten Rapper „Chris Ares“, bürgerlich Christoph Aljoscha Zloch, zu verhindern. Dazu befanden wir uns im Gespräch mit dem Stadtrat in Bischofswerda und machten mit Veranstaltungen auf das Thema aufmerksam. Anschließend führten wir auch an anderen Orten im Kreis Bautzen verschiedene Projekte durch, um auf das Thema Rechtsextremismus in der Region aufmerksam zu machen.

Wen wollt ihr ansprechen und wer macht mit?

Mit dem Projekt „Noteinänge“ wollen wir die breite Zivilgesellschaft ansprechen, Solidarität und Zivilcourage in der Stadt stärken und auf die Notwendigkeit von Schutzräumen aufmerksam machen.

Außerdem sollen mögliche Schutzbedürftige angesprochen werden – von Betroffenen rechter oder sexueller Gewalt, bis zu älteren Personen die aufgrund gesundheitlicher Probleme auf Hilfe angewiesen sind.

Wir selbst sind eine Gruppe junger Erwachsener, mit enger Bindung zur Stadt und dem Bedürfnis, diese lebenswerter zu machen. Uns unterstützt ein breites Netzwerk, wie das Steinhaus, der selbstverwaltete Jugendclub KURTI oder die Stadtapotheke.

Warum ist zivilgesellschaftliches Engagement gerade jetzt so wichtig?

Engagement ist in einem Landkreis wie Bautzen mehr als wichtig. Das kann unterschiedlichste Formen annehmen, solange es gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie Zivilcourage stärkt. Schon vor der Coronapandemie und erst recht seitdem merkt man eine deutliche Spaltung der Stadt. Ein großer Teil ist offen für rechte Ideologien.  Eine Entwicklung, die sich durch alle Generationen zieht. So gibt es regelmäßig Auseinandersetzungen zwischen Einzelnen oder Gruppen. Die Teile der Stadtgesellschaft, die sich für Menschenrechte engagieren, müssen sich gegenseitig unterstützen und zusammenstehen. Deshalb ist jedes kleine oder große Projekt, jede Einzelperson oder Gruppe so wichtig für die Region. Sie bieten eine Alternative, einen sicheren Ort, einen Raum zum Austauschen, im Kampf gegen das Ohnmachtsgefühl. Alle aktiven Menschen bewegen etwas auf ihre Art und erschaffen eine Bleibe- oder Rückkehroption, damit diese Region nicht vergessen und verlassen wird. Wir wollen uns deshalb bei allen engagierten Menschen bedanken, die jeden Tag so viel leisten und aushalten.

Ihr seid für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie nominiert. Braucht Sachsen mehr Demokratie?

In Sachsen fehlt es an gelebter Demokratie und demokratischen Werten. Demokratie wird von Teilen der Bevölkerung eher als Dienstleistung wahrgenommen, anstatt als aktiver Prozess, an dem sich die Bürger beteiligen können und sollten. Natürlich gibt es eine Vielzahl an Initiativen, Gruppen und Organisationen, die sich für eine demokratische Gesellschaft und demokratische Beteiligungsmöglichkeiten einsetzen. Doch leider werden diese Beteiligungsmöglichkeiten nicht immer wahrgenommen.

Außerdem fehlt es an vielen Stellen an einem Verständnis von demokratischen Werten. Die Verbreitung rechtsextremer Ideologie wird fälschlicherweise als „Demokratie“ und „freie Meinungsäußerung“ missverstanden. In dieser Hinsicht sind Zivilgesellschaft, Medien und Politik gefragt. Demokratie ist nicht nur eine Form der Regierung, sondern auch ein Wertesystem, das auf Respekt für die Menschenrechte, Vielfalt und Meinungsfreiheit basiert. Dieses Wertesystem muss in der Gesellschaft gefördert und geschützt werden. Dazu gehört auch eine klare Kante gegen rechts.

Die Nominierten auf Belltower.News:

 

Die Preisverleihung findet am 09.11.2023 in Dresden statt.

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