Das „Ariowitsch-Haus“ ist ein Zentrum für jüdische Kultur in Leipzig. Welche Rolle spielt das Projekt in der Stadt?
Das Ariowitsch-Haus befindet sich in Leipzig, aber wir agieren weit über die Stadtgrenze und über sächsische Grenzen hinaus. Wir sind offen für alle Menschen, die sich für die jüdische Kultur, Tradition, Geschichte und Religion interessieren. Wir betrachten uns selbst als Instrument im Kampf gegen antisemitische Vorurteile und als Plattform für den Dialog zwischen unterschiedlichen Weltanschauungen. Das „Ariowitsch-Haus“ ist aber auch ein Kultur- und Begegnungszentrum.
Wie würden Sie jüdisches Leben in Sachsen beschreiben?
Die jüdische Gemeinschaft in Sachsen ist nicht groß. Aber es gibt auch Menschen mit jüdischer Abstammung, die keine Mitglieder der Gemeinde sind. Diese Menschen zu vertreten ist auch unsere große Verantwortung.
Das „Ariowitsch-Haus“ engagiert sich für den Abbau von Antisemitismus durch politische Bildungsarbeit. An wen richtet sich Ihr Angebot?
Wir freuen uns darüber, dass durch die enge Zusammenarbeit mit dem Landesschulamt wir schon viele Multiplikator*innen bei uns im Haus zu Schulungen begrüßen durften. Wir hoffen für die nähere Zukunft diese und weitere Kontakte ausbauen zu können, so dass unsere Aktivitäten zum Abbau von Antisemitismus so viele Menschen wie möglich erreichen.
Welche Strategien gegen Antisemitismus vermitteln Sie in Ihrer Bildungsarbeit?
Unsere Projekte zum Abbau von Antisemitismus zeichnen sich vor allem durch zielgruppenorientiertes Vorgehen aus. Jeder Workshop wird spezifisch den Bedürfnissen der Teilnehmer*innen angepasst. Zum Beispiel nahm die Staatsanwaltschaft Leipzig bereits an mehreren Workshops zu ihrem Wunschthema „Antisemitische Symbolik“ bei uns teil.
Das „Ariowitsch-Haus“ ist vor allem ein Veranstaltungsort und Begegnungszentrum. Wie funktioniert das in einer Pandemie?
Naja, neue Herausforderungen erfordern neue Wege: Während des Lockdowns haben wir damit begonnen, unseren digitalen Auftritt zu erweitern und dies führen wir fort. So haben wir die Veranstaltungen nicht nur gestreamt, sondern auch Seminare zu Webinaren umgewandelt. Wir versuchen, spontan und flexibel zu bleiben, um auf neue Infektionsschutzmaßnahmen reagieren zu können.
Hat die Pandemie auch eine finanzielle Rolle gespielt? Fehlen nun Einnahmen von Veranstaltungen oder Gelder von Sponsoren?
Natürlich hat die Pandemie den gesamten Ablauf der Arbeit auf den Kopf gestellt. Die Veranstaltungen, Kurse, Projekte, usw. haben ihren Weg in virtuellen und analogen Varianten gefunden und benötigen ganz andere finanzielle Unterstützung. Diese Unterstützung erhalten wir von unterschiedlichen Quellen: vom Staat Sachsen, von der Stadt Leipzig, von der Sparkasse Leipzig, vom Förderverein „Synagoge und Begegnungszentrum Leipzig e.V.“ und mehr. Für uns ist es wichtig, dass wir Lust und Enthusiasmus zu unserer Arbeit nicht verlieren: Unterstützung von mehreren ehrenamtlichen engagierten Menschen macht uns stark.
Sie sind für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie nominiert. Braucht Sachsen mehr Demokratie?
Was heißt mehr Demokratie? Es gibt kein mehr oder weniger. Man braucht Demokratie! Und Demokratie braucht uns als ihr überzeugender Verteidiger.