Eigentlich ist es im oberfränkischen Schwarzach sehr ruhig und beschaulich, teilweise geradezu idyllisch. Doch seit letztem Jahr kommen Neonazis regelmäßig für Veranstaltungen nach Schwarzach. So fand in den letzten zwei Jahren der „Bayerntag“ der NPD dort statt. Jetzt soll auch noch der „5. Nationale Frankentag“ des neonazistischen „Bundes Frankenlands“ (zugehörig zum Freien Netz Süd“) in dem Ort abgehalten werden. Das Problem in Schwarzach ist, dass ein Dorfbewohner seine Wiese sowohl der NPD als auch dem „Freien Netz Süd“ scheinbar bereitwillig zur Verfügung stellt. Und obwohl das in der ganzen Dorfgemeinschaft verständlicherweise für viel Unmut sorgt, ist mit dem Besitzer der Wiese nicht zu reden. Immer wieder vermietet er seinen Grund an Rechtsextremist*innen jedweder Couleur.
Nazis sind unerwünscht, Dorf antwortet mit buntem Fest
Da die Neonazis in der restlichen Dorfgemeinschaft absolut nicht erwünscht sind und auf breite Ablehnung stoßen, wollen die Bürger*innen Schwarzachs etwas gegen die Nazis unternehmen und ein eindeutiges Zeichen setzen. Geschah dies bei den beiden Bayerntagen 2011 und 2012 noch maßgeblich mit Unterstützung des Bündnisses „KUnterBunT – Bayreuth/Kulmbach“, so geht der Protest gegen den neonazistischen Frankentag am 8. September alleine auf die Schwarzacher*innen zurück, die derzeit viel Courage beweisen.
Denn um den Neonazis diesmal die Stirn zu bieten, soll es nicht, wie in den Jahren zuvor, eine herkömmliche Demonstration geben, sondern ein buntes Fest mit allerlei Aktivitäten und einem beeindruckenden Programm. „Das soll ein Bürgerfest für jung und alt, für Menschen aller Hautfarben und für Menschen aller Religionen werden“, erzählt Tina Kummerer von „Schwarzach ist bunt!“. Neben einem konfessionslosem Gebet und der Aktion „Schwarzach isst bunt“ (mit Essen aus beinahe allen Kulturen dieser Welt) wird es unter anderem auch ein Programm für Kinder, Gewinnspiele und vieles mehr geben. Während die Nazis auf der von ihnen gemieteten Wiese also ihren Hass verbreiten, antworten die Schwarzacher*innen mit Demokratie, Offenheit, Toleranz und jeder Menge Vielfalt auf die unerwünschte rechte Veranstaltung.
Und dieses Engagement hat für die Dorfgemeinschaft vor allem viel Positives gebracht. Tina Kummerer sagt: „Die Dorfgemeinschaft ist dadurch wesentlich enger zusammengerückt!“ Allerdings hätte es auch Unerfreuliches gegeben. Beispielsweise bekam eine Einwohnerin, die sich in einem Videobeitrag des „Bayerischen Rundfunks“ über die Protestvorbereitungen zu Wort gemeldet hatte, kurz darauf einen Telefonanruf, in dem sie als „Judenschlampe“ bezeichnet wurde. Unterkriegen lassen sich die couragierten Dorfbewohner*innen davon aber nicht, eher im Gegenteil. Bereits in der Planung des Festes zeichneten sich die ersten Erfolge gegenüber den Neonazis ab, die aufgrund der Gegenaktion schon einmal nicht mehr die Zufahrtsstraße durch den Ort benutzen dürfen, um zu ihrem Veranstaltungsort zu gelangen.
Zeichen gegen Rechts: In Oberfranken nötiger denn je!
Ein eindeutiger Protest, wie er am Samstag in Schwarzach stattfinden soll, ist derzeit gerade in Oberfranken nötiger denn je. Seit einiger Zeit betrachten Kenner*innen der rechtsextremen Szene diesen Regierungsbezirk nämlich mit zunehmender Sorge. Regelmäßig kommen Neonazis hierher, konnten in Oberprex bereits eine Immobilie etablieren. Und erst kürzlich kaufte die ehemalige NPD-Landtagskandidatin Miriam Haack aus Schleswig-Hohlstein in Feilitzsch ebenfalls eine Immobilie, auf der sie mehreren Medienberichten zufolge gemeinsam mit dem rechtsextremen Liedermacher und ehemaligem NPD-Bundespräsidentschaftskandidaten Frank Rennicke wohnen soll. Wenngleich sie selbst mittlerweile eine Nutzung für Parteizwecke rigoros abstreitet, halten Expert*innen und mehrere Medien dies immer noch für möglich.
Die Neonazi-Veranstaltung in Schwarzach ist am Samstag keineswegs die einzige in dem Regierungsbezirk. Zeitgleich findet in Coburg ein Sommerfest der NPD statt, zu dem die Prominenz der rechtsextremen Szene angekündigt wird, und die Gründung eines neuen „Stützpunkts“ der „Jungen Nationaldemokraten“ in Oberfranken. Erst Anfang dieses Jahres wurde in Bayern wieder mit dem Aufbau der Jugendorganisationen der NPD begonnen, als in Hirschaid der „JN-Stützpunkt Franken/Oberpfalz“ begründet wurde.
Protestaktionen gegen die Nazi-Aktivitäten fallen unterschiedlich auf. Die Bürger*innen in Coburg ziehen sie es vor, gegen Nazis zu beten, wie unter anderem der DGB-Bayern auf seiner Homepage verkündet. Doch diese Art des Protests ist nicht unumstritten. In Oberprex beziehungsweise dem Nachbarort Regnitzlosau wurde beim neonazistischen „Tag der Freundschaft“ im Juni dieses Jahres auf das gleiche Konzept gesetzt, was am Ende zur Folge hatte, dass man in einem ca. 2 Kilometer entfernten Ort gegen Nazis angebetet hat, während diese ungestört und praktisch unbeobachtet ihre Veranstaltung durchführen konnten.
In Schwarzach: Unmissverständlich gegen Nazis
Umso erfreulicher ist es, dass man es in Schwarzach einen offensiveren Weg wählt, der den Neonazis sofort vor Ort zeigt, dass sie hier keinesfalls willkommen sind. „Wir wollen uns den Ort nicht aus der Hand nehmen lassen und nicht zum Pilgerort der rechtsextremen Szene werden!“, sagt Tina Kummerer von „Schwarzach ist bunt“ und wünscht sich abschließend, dass „dieses menschenverachtende Gedankengut weltweit verschwindet“.