Glatze ist out, Seitenscheitel ist in
Es mag vielleicht merkwürdig klingen, doch auch Neonazis gehen manchmal mit der Zeit und so verwenden mittlerweile vor allem junge Rechtsextreme Symbole, Codes und Sprache der Jugendkultur. Besonders bei jungen Menschen und bei Szene-Einsteiger kommen daher coole, hippe Shirts gut an. Von allem was sich in der Jugendkultur durchsetzt, gibt es in der Regel ein Pendant in der rechten Szene. Hier eine kleine Auswahl an Symbolen, Sprüchen und Aufdrucken mit einem popkulturellen Bezug, die momentan bei Neonazis angesagt sind:
Rassismus, Antisemitismus und Faschismus im hippen Gewand
Derzeit sind besonders die T-Shirts vom „Kampf der Nibelungen“ (KdN) beliebt. Der KdN ist ein rechtsextremes Kampfsport-Event. Dass wir diese Aufrucke in letzter Zeit immer häufiger sehen, zeugt auch davon, dass Kampfsport in der rechtsextremen Szene immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Der jährlich stattfindende KdN wurde bisher immer klandestin organisiert. Im Oktober 2018 fand das Kampfsport-Event erstmals öffentlich statt.
Die Designs vom KdN sind eher unverfänglich, beziehungsweise auf den ersten Blick nicht klar als extrem rechts einzustufen. Mit moderner Schrift steht meist auf der Vorderseite der „Kampf der Nibelungen“-Schriftzug. Auf der Rückseite ist dann das Markenzeichen des KdN, ein Lindenblatt in einem Achteck. Das Achteck steht für den „Käfig“ in dem Mixed-Martial-Arts-Kämpf häufig ausgetragen werden. Der Name und das Lindenblatt beziehen sich auf die Nibelungen-Sage. Unter dem Logo stehen dann in moderner Schrift martialische Sprüche wie „Schweiß spart Blut“, „Kein Sieger glaubt an den Zufall“, „Gesunder Geist, Gesunder Körper“ oder „Disziplin ist alles“. Sowohl das Sportevent, wie auch die Kleidungsmarke propagieren ganz bewusst das faschistisches Ideal nach körperlich-geistiger Vollkommenheit.
Doch nicht nur die KdN-Marke boomt momentan unter Neonazis. Auch andere Marken aus dem Kampfsport-Bereich fallen auf rechtsextremen Veranstaltungen immer häufiger auf. Wie hier die Cottbusser Marke „Label 23“ auf einem Neonazi-Konzert 2018 in Apolda. Die Marke spricht mit ihrer sportlichen Streetwear-Bekleidung vor allem die Kampfsport-Szene, durch ihre gewaltverherrlichende Ästhetik aber auch Personen aus dem rechten Ultra- und Hooligan-Milieu an. Da diese Marke im Design eher unverfänglich ist, kann sie sich weit über die klassisch rechtsextreme Szene verbreiten.
Kleidungsmarken mit Kampfsport-Bezügen sprechen vor allem die Gewaltaffinität der Szene an. Mit solchen Labels und Kampfsport-Events richtet sich die rechtsextreme Szene besonders an kampfsportbegeisterten Nachwuchs.
Egal ob als Logo eines Künstlers, eines alternativen Restaurants oder einer Partyreihe, das Prinzip X ist immer mehr oder weniger dasselbe: Man setze ein rechtwinklig-symmetrisches X ins Zentrum und fülle die Freiräume wahlweise mit einzelnen Anfangsbuchstaben oder Symbolen aus. Auch Neonazis sind auf diesen Zug mit aufgesprungen.
Auch kameradschaftsähnliche Strukturen schmücken sich mittlerweile mit diesem Trend-Symbol.
Merchandise des Rechtsrock-Labels „Exzess“ aus Brandenburg. „XS“ (Exzess)
Die ästhetische Vorlage dieses Logos ist jenes der afroamerikanischen HipHop-Gruppe Run-DMC, das sich immer weiter ausbreitet, mit immer neuen Variationen.Die HipHop-Pioniere hatten die Typographie erstmals 1986 auf dem Cover ihrer Single „My Adidas“ genutzt. Oftmals steht dieses offline Meme in einem politischen Kontext. Die bekanntesten Logos von politisch linker Seite sind wohl „FCK AFD“ und „FCK NZS“. Mittlerweile haben auch Rechtsextreme das Meme für sich entdeckt.
Neonazi auf einem Rechtsrock-Konzert 2018 in Ostritz mit einem „HTLR SCHNTZL“ (Hitler Schnitzel)-Shirt. Dieses Shirt wird über den rechtsextremen Versand „Druck 18“ des thüringischen Neonazi Tommy Frenck vertrieben. An Adolf Hitlers Geburtstag 2017 bot Frenck in seinem Gasthaus „Zum goldenen Löwen“ Geburtstagsschnitzel für 8,88 Euro an.