Schon im Vorfeld hatte der Richter Horst Rottmann den Vertretern der MediaTex GmbH empfohlen, die Klage fallenzulassen – auch mit Hinweis darauf, dass es seiner Meinung nach letztlich um einen Streitwert von wenigen Euro für vier verkaufte Jutetaschen ging. Nun bekam das Unternehmen im wahrsten Sinne des Wortes die Quittung für ihr Ansinnen, sich vor Gericht bestätigen zu lassen, das „Storch Heinar“ die Marke „Thor Steinar“ durch die Persiflage verunglimpfe und herabwürdige. MediaTex verlor den Prozess in fast allen Anklagepunkten und muss 94 Prozent der Gerichtskosten tragen. „Storch Heinar“, ein Phantasieprodukt der Macher des Anti-Nazi-Projektes „Endstation rechts“ aus Mecklenburg-Vorpommern, kommentierte enthusiastisch: „Mein herzlichster Dank gilt der Mediatex ? sie die Kosten, ich die Werbung gratis. Weiter so.“
„Storch Heinar“ hat es nun offiziell: Die Satire fällt unter das Grundrecht der Meinungs- und Kunstfreiheit. Bei der Klage ging es sowohl um den Namen als auch um die Körperhaltung des Vogels im Logo von „Storch Heinar“, die nach Auffassung von MediaTex stark dem Andreaskreuz ähnele, das auf den „Thor-Steinar“-Kleidungsstücken zu finden ist.
Auch der Name „Storch Heinar“ sei dem von „Thor Steinar zu ähnlich“, fand die Firma – und beantragte 2008 gar die Markenrechte an „Storch Heinar“, was das Patent- und Markenamt allerdings ablehnte. Auch vor Gericht kam die Firma mit der „Verletzung der Markenrechte“ nicht durch.
Einzig in der Nutzung des Designs „Kampftasche Wüstenfuchs“ gab das Gericht den Ansprüchen von MediaTex statt – die MediaTex hat „Wüstenfuchs“ als Marke eingetragen. Der Streitwert des Verfahrens wurde auf 180.000 Euro festgesetzt. Das Urteil (Az.: 3 0 5617/09)ist noch nicht rechtskräftig.
Humor ist Geschmacksache – manchmal geht „Storch Heinar“ in den Texten und Designs mit der begeisterten Adaption von Nazi-Terminologie und Ästhetik selbst ganz schön weit: In einem „Sonnenrad“-T-Shirt möchte man vielleicht auch nicht herumlaufen, wenn es gegen Nazis gerichtet ist und im Zentrum ein depperter Storch steht.
Doch die Grundidee des Satire-Projektes, das vor allem „Thor Steinar“ auf den Arm nehmen und nebenbei Gelder für die Projektarbeit gegen Rechtsextremismus bringen sollte, ist herzerfrischend. Wie auch „Thor Steinar“ zu seinen Kollektionen, die sich um nordische Mythologie, einschlägige historische Bezüge und doppeldeutige Szene-Slogans drehen, eine verschwurbelte, pseudomythologische Erzählung als Firmenphilosophie einfallen ließ, hat auch die „Storch Heinar“-Kollektion eine eigene Legende, die erläutert, wie Führer-Storch Heinar den Zug nach Süden verpasste, warum er nur ein Ei hat – was er prompt ins Logo seines Labels integrierte.
Um die Prozesskosten zu bestreiten, konnten Fans das T-Shirt „Weltkriegsverliererbesieger“ erwerben, zum Prozess dann eines mit Aufdruck „Nürnberg reloaded“. Der Storch im Flugzeug wird zum „Debilen Rudolf“ (gemeint ist Rudolf Hess), auf dem Girlie-Shirt wirbt eine Schäferhund-Silhouette: „Blondi gegen rechts“.
Endstation Rechts kommentiert den Sieg vor Gericht entsprechend: „Zweiflern sei gesagt: Ob wir siegen oder irren – überlassen wir dem Richterspruch der Geschichte; unerschütterlich glauben wir an den Kafkaschen Beweis: ??dass auch unzulängliche, ja kindische Mittel zur Rettung dienen können.“
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