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„Stram Kurs“ Dänischer Koran-Verbrenner will morgen auf der Sonnenallee in Neukölln demonstrieren

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Unglücklich in Berlin: Rasmus Paludan. Weil er in Corona-Quarantäne soll, nachdem er Berlin besucht hat. Möge seiner weiterer Aufenthalt ähnlich glücklos sein. (Quelle: Screenshot Facebook)

Die dänische Islamhasser-Partei „Stram Kurs“ (dt. „Harter Kurs“), gegründet 2017, ist in ihrem Heimatland keine große Nummer. Bei der letzten Parlamentswahl im Sommer 2019 Wahl erhielt sie gerade einmal 1,8 Prozent der Stimmen. Doch ihr Vorsitzender, der Rechtsextreme Rasmus Paludan, Anwalt mit aktuell drei Jahren Berufsverbot, hat einen Weg gefunden, Aufmerksamkeit für seinen Hass auf Muslime zu gerieren. Er verbrennt Koran-Kopien. Manchmal wickelt er sie zuvor in Schweinespeck ein. Ähnlich wie bei deutschen Rechtsextremen zielen diese Aktionen auf die Verbreitung via Social Media: Die Verbrennungen werden gefilmt und im Netz verteilt. Allerdings erhofft sich Paludan auch Reaktionen in der realen Welt, weshalb er sich für die Aktionen Stadtviertel mit vielen muslimischen Bewohner*innen aussucht. Die sollen bis zur Gewalt provoziert werden. „Wir werden sehen, ob der Islam die Religion des Friedens ist. Wir bringen Korane mit!“, schreibt „Stram Kurs“ auf Facebook.

Koranverbrennungen in Kopenhagen

Paludan und Parteianhänger organisierten zahlreiche Demonstrationen in Dänemark (2018 etwa 53 Stück), mehrfach wurden dabei Korane zertreten oder verbrannt. Hinterher wurden Videos der Aktionen verbreitet. Muslimische Jugendliche reagierten im April 2019 auf eine solche herabwürdigende, islamfeindliche Tat in Kopenhagen mit Ausschreitungen – was Paludan erreichen wollte, denn er versucht Gewalt zu erzeugen, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen: unter anderem ein Verbot des Islam und die Deportation aller Muslime aus Dänemark. Aktuell gründet er in Dänemark eine neue christliche Kirche, „St. Jakobus Maurentöter“ – denn die bestehende christliche Kirche sei zu muslimfreundlich (vgl. Berlingske.dk).

Vor „Stram Kurs“ war Rasmus Paludan in verschiedenen dänischen Parteien aktiv – zunächst in der sozial-liberalen „Radikale Venstre“, dann der EU-kritischen Wählervereinigung „JuniBevægelsen“, der konservativ-liberalen „Venstre“ und schließlich in der erst 2015 gegründeten Partei „Nye Borgerlige“. Alle musste er aufgrund seiner Aufrufe zu gewalttätigem Rassismus verlassen.

Seit Februar 2020 ist zumindest der YouTube-Kanal der Partei gesperrt.

Koranverbrennungen in Malmö/Schweden

Als „Stram Kurs“ im August 2020 Koran-Verbrennungen in Schweden angekündigten, einigten sich die Mitglieder der schwedischen muslimischen Gemeinden, „freundlich und ruhig“ zu bleiben und Paludan „einfach zu ignorieren“ (vgl. Süddeutsche Zeitung). Der schwedische Staat wollte die islamfeindliche Provokation unterbinden: Fünf angemeldete Demonstrationen in Malmö wurden nicht gestattet und Paludan wurde an der Einreise gehindert, bekam außerdem für weitere zwei Jahre Einreiseverbot. Allerdings verbrannten später schwedische Anhänger des Rechtsextremen einen Koran in Malmö und stellten ein Video der Verbrennung online, woraufhin im Stadtviertel Unruhen ausbrachen, Autos angezündet und Läden angegriffen wurden (vgl. BBC). Paludan kommentierte später sehr zufrieden auf Facebook, er habe eben „die Schweden aufwecken“ wollen.

Koranverbrennungen in Berlin?

Nach Deutschland einzureisen, war für Rasmus Paludan offenkundig kein Problem – zumindest postet er aktuell offenbar aus einem Nobelhotel in Berlin-Mitte. In den vergangenen Tagen hatte „Stram Kurs“ eine „Demonstration“ am 28.10.2020 auf der Sonnenallee in Neukölln angekündigt: „Am Mittwoch, den 28. Oktober 2020, demonstriert Stram Kurs in Berlin im islamisierten Bereich der Sonnenallee in Berlin-Neukölln. Der Parteivorsitzende Rasmus Paludan sagt: ‚Wir glauben, dass das deutsche Volk wissen sollte, was der Islam ist! Das zeigen wir ihnen am Mittwoch. Dann werden wir alle sehen, ob der Islam wirklich die Religion des Friedens ist! Wir bringen Korane mit!‘“ Illustriert ist der Post mit dem „Lieblingsszenario“ der Rechtsextremen: Ausschreitungen aufgrund ihrer Provokation.

„Stram Kurs“ kündigt auf Facebook die Demonstration in Neukölln an.

Um sich eine Vorstellung von der „Größe“ der Aktion zu machen, hilft ein Blick auf Social Media-Profile von Rasmus Paludan: Da sucht er nämlich noch Mitfahrer für ein Auto nach Berlin. Eine Demonstrations-Anmeldung liegt der Polizei in Berlin-Neukölln bisher nicht vor. Auf Paludans Facebook-Profil fragt ein AfD-Fan interessiert nach, hat aber auch noch keine Antwort bekommen. Offenbar ist dem dänischen Islamhasser der Kontakt zu deutschen Gleichgesinnten weniger wichtig als die Aktion für Social Media-Filme. Es wird also vielleicht ein Fall für die Polizei – wenn bei der Verbrennung Muslim*innen beleidigt werden –, ansonsten eher für Spott.

Parteivorsitzender Rasmus Paludan sucht noch Mitfahrer.

 

Aktuell sitzt Paludan nach eigenen Angaben jedenfalls in Berlin im Hotel und ist unglücklich. Der dänische Inlandnachrichten- und Sicherheitsdienst PET (Politiets Efterretningstjeneste), der in Dänemark normalerweise Politiker*innen schützt, hat ihm nämlich angekündigt, dass er nach dem Berlin-Trip 14 Tage in Corona-Quarantäne müsse, sonst würde er nicht weiter geschützt werden. Paludan schreibt mit Pathos: „Damit gibt es also am dem 29. Oktober 2020 gute Gelegenheiten für Terroristen, mich hier in Dänemark zu töten.“ Der Wahlkampf von „Stram Kurs“ war nur unter massivem Polizeischutz möglich (vgl. Euronews). Das hätte er sich wohl früher überlegen sollen.

Update 28.10.2020

Offenbar befand sich Rasmus Paludan gestern entgegen seinen Angaben noch nicht in Berlin. Laut Berliner Innenverwaltung sei er am Flughafen abgefangen worden und es sei ihm die Einreise verweigert worden. Daraufhin sei er zurück nach Kopenhagen gereist. Auf seinerFacebook-Seite hat er den Eintrag seines angeblichen Berlin-Aufenthaltes kommentarlos gelöscht.

Update 29.10.2020

Wie die Berliner Zeitung berichtet und Paludan später auf Social Media bestätigt, ist Rasmus Paludan am Flughafen von der Polizei an der Einreise gehindert und mit einem Einreiseverbot belegt worden. Dann wurde er ins Flugzeug zurück nach Kopenhagen gesetzt. Von dort kam er auf dem Landweg zurück nach Berlin und besuchte die nordischen Botschaften, wo er von der Polizei verhaftet wurde – weil er gegen das Verbot der Wiedereinreise verstoßen hatte. Nun erhielt er außerdem ein Verbot, sich in Deutschland „politisch zu betätigen“ – also sine Paludan sind öffentliche Auftritte wie Reden oder Protestläufe untersagt, ebenso das Verteilen von Flugblättern.

Derweil veröffentliche der Twitterkanal der dänischen Gruppierung  „Nationens Kurs“, die islamfeindliche Demonstration von „Stram Kurs“ habe heute um 13 Uhr stattgefunden. Auf der Sonnenallee war allerdings nichts davon zu sehen.

Auf Facebook kündigt „Stram Kurs“ eine erneute Demonstration am 13.11.2020 an.

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