„Daran kann ich mich jetzt nicht mehr erinnern“. Diese Aussage wiederholte der Angeklagte Marcel L. in seiner Einlassung im Prozess am Oberlandesgericht immer wieder, sobald es um Ziele der Vereinigung oder deren Ideologie ging. Er sei zwar Mitglied der OSS gewesen und habe auch zur Führungsebene der Gruppe gehört, aber von Anschlagsplanungen in den Chats habe er nichts mitbekommen. 2014 habe ihn der in München als OSS-Mitglied verurteilte Markus W. gefragt, ob er einem Gruppenchat beitreten wolle. Dort habe man über Politik im Allgemeinen und das Thema Asyl im Speziellen diskutiert. Zusammenhalt, Gruppenzugehörigkeit und der Meinungsaustausch seien für ihn die Gründe gewesen, dem Chat mit etwa 10-15 Personen beizutreten. Dort habe man sich mit rassistischen und nationalistischen Aussagen gegenseitig hochgepuscht. Äußerungen, dass man „Asylantenheime in die Luft jagen“ müsse, habe er aber nicht ernstgenommen. Auch Diskussionen über den Erwerb von illegaler Pyrotechnik habe er in der Gruppe nicht bemerkt. Auf Nachfrage der Richter, was der ehemalige NPD-Kreisratskandidat als Ziel der Gruppe gesehen habe und wie er die Ideologie beschreiben würde, wurden die Aussagen vage oder L. konnte sich nicht erinnern. Auch bei der Frage was mit einer geplanten „Nachtwanderung“ im sächsischen Borna, bei der alle in schwarz auftauchen sollten, gemeint war, kam der Angeklagte ins Schwimmen. Dies sei nicht auf einen geplanten Anschlag bezogen. Vielmehr sei seine Vorstellung gewesen, dass man Flyer verteile und Leute einschüchtere. Wen man denn nachts in einer Kleinstadt einschüchtern wolle und wieso man dafür schwarze Kleidung brauche blieb unbeantwortet.
Angeklagte sollen Teil der Führungsebene gewesen sein
Die beiden jetzigen Angeklagten werden dem inneren Kreis der terroristischen Vereinigung zugerechnet und waren Teil des sogenannten „OSS-Geheimrats“, einem Online-Chat, über den sich die Mitglieder über geplante Anschläge und ihre Gewaltfantasien austauschten.
Der 43-jährige Daniel A. aus Chemnitz soll dabei die Rolle des „Vollstreckers“ inne gehabt haben. Seine Aufgaben seien das Eintreiben von Mitgliedsbeiträgen sowie das Verstrecken von Sanktionen gegen Mitglieder gewesen sein. In der Chatgruppe äußerte er mehrfach Gewaltfantasien gegenüber Migrant*innen und Linken. Marcel L. (30) habe als Ansprechpartner die Aufgabe gehabt neue Mitglieder anzuwerben und interne Streitigkeiten zu klären. Beide sollen geplant haben ihre rechtsextreme Ideologie durch terroristische Anschläge mit Brand- und Nagelbomben umzusetzen. In der Anklageschrift des Generalbundesanwalts heißt es weiter, dass „die Angeschuldigten die gruppeninterne Radikalisierung weiter vorantrieben“.
„Oldschool Society“
Die Gruppe, die sich selbst den Namen „Oldschool Society“ gab, gründete sich im Spätsommer 2014 und kommunizierte in verschiedenen Chatgruppen über ihre Pläne Asylbewerber*innen, Salafist*innen und politische Gegner*innen anzugreifen. Konkretisiert wurden die Planungen bei einem ersten Treffen Mitte November 2014, bei dem sich auch über die Herstellung von Sprengstoff unterhalten wurde. In der Chatgruppe äußerte sich der Angeklagte A. im Februar 2015 er wolle beim nächsten Treffen „Türken ausbluten sehen“ und sprach von Hinrichtungen. Später soll er geschrieben haben, man müsse „ganz einfach Zecken rösten und fertig“.
Einen ersten Anschlag sollte es dann Anfang Mai 2015 im Rahmen eines zweiten Treffens in der sächsischen Kleinstadt Borna geben. Dafür wurde von weiteren Gruppenmitgliedern in Tschechien Pyrotechnik gekauft, mit der man die Unterkunft von Geflüchteten angreifen wollte. Zur Umsetzung der Pläne kam es durch die Hausdurchsuchungen am 06. Mai 2015 glücklicherweise nicht mehr.
4 Mitglieder bereits verurteilt
2017 waren am Oberlandesgericht München bereits drei Männer und eine Frau als Mitglieder der OSS zu Haftstrafen zwischen drei und fünf Jahren verurteilt worden. Ihnen war ebenfalls die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen worden.
Der jetzige Prozess wird noch mindestens bis Mai fortgeführt. Die Staatsanwaltschaft gab zu verstehen, dass man Verurteilungen im unteren Bereich der Münchner Urteile anstrebe. Marcel L. hofft mit seinen lückenhaften Einlassung auf eine Bewährungsstrafe.