Das Logo – ein grimmig blickender Adler – und die Schrift von „The Republic“ sind schwarz-gelb und wirken wie ein Design der rechtsextremen „Identitären Bewegung“.
Die Aufmachung mit den großlettrigen Überschriften und bunten Bildern wirkt boulevardesk. Die Themen stehen so auf jeder rechtsextremen „Alternativmedien-Onlineseite“ von Compact bis Jouwatch: Die Grünen wollten die Jugend umerziehen. Öffentlich-rechtliche Medien seien linke bis linksextreme Lügenpresse. „Gender-Wahnsinn“ müsse bekämpft werden. Zivilgesellschaftliche Projekte, die sich für Demokratie und Gleichwertigkeit aller Menschen einsetzen, werden als „Krawallmacher“ beschimpft. Anetta Kahane von der Amadeu Antonio Stiftung, seit Jahren von der rechtsextremen Szene als Feindbild auserkoren als jüdische Frau und Demokratin mit politischer Überzeugungskraft, wird mit Foto auf der Website als das personifizierte Böse dargestellt, das gestoppt werden müsse. Durch solche Darstellungen fühlen sich rechtsextreme Gewalttäter legitimiert, Menschen zu bedrohen und anzugreifen. An anderer Stelle wird die Anerkennung der militärischen Leistung der Wehrmacht gefordert (inzwischen gelöscht, Screenshot z.B. hier auf Twitter).
Also ist „The Republic“ eine weitere rechtsalternative Medienseite, mit Website, Outlets auf Facebook (500 Follower), YouTube (1 Video, 349 Follower), Twitter (rd. 12.000 Follower), Instagram (5 Beiträge, rd. 4.000 Abonnent:innen), TikTok (kein Inhalt, 26 Follower) und Telegram (409 Abonennt:innen)? Ja, aber „The Republic“ ist auch ein Armutszeugnis. Denn die Macher:innen – Armin Petschner-Multari als Gründer, Caroline Bosbach, Tochter von CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach, als Kolumnistin, die derzeit auch Pressearbeit für die Seite macht – verstehen sie als Kampagnenportal für „liberal-konservative Kräfte“ – so steht es im Mission Statement von „The Republic“. Man wolle „den politischen Linksdrift“ in Deutschland stoppen.
Betrachtet man dazu die Artikel auf dem Portal, gehört zu diesem „Linksdrift“ eigentlich jede Form von Einsatz für Demokratie, gesellschaftliche Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Umweltschutz. Was bleibt da noch für die „liberal-konservativen Kräfte“? Im Mission-Statement heißt es: „Wir kämpfen für Freiheit, Sicherheit und Wohlstand. Unsere Mission ist ein bürgerliches Deutschland“. Kampf für Freiheit mit Rassismus und Sexismus? Kampf für Sicherheit durch Feindbildmarkierung von Demokrat:innen, Journalist:innen und rechtsextreme Anleihen? Wie entsteht Wohlstand, durch das Miesmachen von fortschrittlichen gesellschaftlichen Kräfte? Offenbar kommt den Macher:innen nicht in den Sinn, dass sich das „bürgerliche Deutschland“, das hier beschworen wird, sich in einer solchen Umgebung gar nicht mehr zu Hause fühlt – und entsprechend auch immer weniger die CDU wählt.
„The Republic“ ist ein Partei-unabhängiges Medienprojekt – 200.000 Euro seien durch Spenden finanziert, gibt die GmbH an –, auch wenn Gründer Petschner-Multari zuvor bereits als Leiter der Digitalen Kommunikation der CSU im Bundestag tätig war. Zumindest Teilen der CDU, laut Presseberichten Friedrich Merz, Wolfgang Bosbach oder Carsten Linnemann, Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, gefalle „The Republic“ (vgl. Welt). Fragt sich nur, wie lange, wenn die Website weiter vor allem auf die Strategie des „Negative Campaigning“ setzt, also auf das Schlechtmachen vermeintlicher politischer Gegner:innen, auf das populistische Spiel mit Angst und Aggressionen, die geschürt werden sollen, um eine gesellschaftliche Veränderung zu erpressen, statt mit Werten und Inhalten zu überzeugen. Eine positive Erzählung, wie eine konservative Weltsicht Deutschland nach vorne bringen könne, fehlt vollkommen.
Diese Strategie ist aus den US-Wahlkämpfen der Trump-Zeit bekannt, sie trug dort nicht unwesentlich zur gesellschaftlichen Spaltung bei, statt für Ruhe und Frieden zu sorgen. Das Problem, dass die Wähler:innen die Kompetenz bei der Umsetzung einst konservativ geframter Werte wie Fleiß, Verlässlichkeit, Bildung oder Familien-Unterstützung inzwischen bei anderen politischen Akteur:innen sehen, wird mit anstandslosen Angriffen gegen demokratische Akteur:innen und Prozesse sicher nicht gelöst. Stattdessen wird hier ein sehr rückwärtsgewandtes und egoistisches Gesellschaftsbild vermittelt: Für diese Konservativen heißt konservativ offenbar, die eigene Weltsicht auf jeden Fall durchsetzen zu wollen – auch wenn die gesamtgesellschaftliche Zustimmung fehlt. Kein Wunder, dass demokratische Prozesse, die argumentative Debatten statt Ansagen und Minderheitenschutz beinhalten, da im Wege stehen.
Und so verstrickt sich „The Republic“ auch in ihren eigenen Argumentationen. „The Republic“-Kolumnistin Caroline Bosbach empört sich in einer Diskussionsrunde bei BildTV über eine verrohte Debattenkultur. Ihre Gegenstrategie: Twitterprofil zu, weil kritische Kommentare kommen, die die Beschimpfung Andersdenkender nicht einfach gutheißen. Sie empört sich, dass „konservativ“ zu oft mit „rechtspopulistisch“ in einen Topf geworfen werde – kann den Unterschied aber selbst nicht in Worte fassen. Die Gesprächsrunde bedauert, dass nun „überall“ sprachlich gegendert werde, weil jetzt „junge Frauen“ das Sagen hätten und sich „ältere Männer“ nicht mehr trauen würden, etwas gegen das Gendern zu sagen. Die Wahnhaftigkeit des Diskurses ist damit gut beschrieben, denn allein die publizistischen Medien, in denen konsequent gegendert wird, lassen sich in Deutschland 2021 immer noch an zwei Händen abzählen.
Wenig überraschend gefällt das rechtsextremen Kreisen und AfD-Kreisen in Deutschland – denn ihre Narrative und Strategien werden hier ja exakt übernommen. Zu den Followern auf Twitter gehören etwa diverse AfD-Accounts (Partei und Funktionäre wie Beatrix von Storch, Dennis Hohloch oder Sebastian Münzenmaier), der Tarnaccount von IB-Anführer Martin Sellner (offiziell ist er deplatformed), Redakteure rechtsextremer bis rechtsalterantiver Medien wie vom „Konflikt Magazin“ oder von der „Jungen Freiheit“ und NPD-Chef Frank Franz oder die neurechte „Bibliothek des Konservatismus“ aus Berlin.
Dies zeigt sich auch in der Analyse, wer „The Republic“-Inhalte teilt:
Dass das Spiel mit dem Rechtspopulismus schnell zu einer Radikalisierung in den demokratieverachtenden Rechtsextremismus führen kann, dafür könnte die AfD ein warnendes Beispiel sein. Deren Gründer dachten ja ebenfalls, den Flirt mit dem Rechtsextremismus kontrollieren zu können, bis dessen Anhänger sie einem nach der anderen aus der Partei drängten. Es könnte also sinnvoll sein, sich eine konstruktivere Zukunftsvision für den Konservatismus auszudenken, wenn er einem wirklich am Herzen läge.
Was übrigens inzwischen auch diverse CDU-Abgeordnete entsprechend kommentiert haben, die diesen Stil und Inhalt ablehnen.
P.S.: Während dieser Artikel geschrieben wurde, versucht „The Republic“, die rechtsextremen Anklänge zu verwässern. So sah die Bildsprache anfangs aus – nun ist der Adler im Logo weiß.
Der Artikel zum Zapfenstreich wurde in der Überschrift und im Inhalt entschärft, der Passus zur Wehrmacht entfernt: