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Troll-Armee „Shlomo Finkelstein“ – Menschenverachtung als Witz verpackt

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Der YouTuber, der sich selber Shlomo Finkelstein nennt, ist nicht irgendein rechtsalternativer Medien-Aktivist. Er hat eine treue Gefolgschaft von rechten Internettrollen hinter sich versammelt. (Quelle: BTN)

Der YouTuber, der sich selber Shlomo Finkelstein nennt, ist nicht irgendein rechtsalternativer Medien-Aktivist. Er hat eine treue Gefolgschaft von menschenverachtenden Internettrollen hinter sich versammelt, die jederzeit bereit sind, andere Menschen mit Hass zu überziehen. Seine Fans feiern Finkelstein für seine meist vulgäre und gleichzeitig extrem überhebliche Art. Shlomo, stets seine Identität versteckend, behauptet das auszusprechen, was andere denken, sich aber nicht zu sagen trauen. Wenn aber einer wie er sämtliche gesellschaftlichen Vorstellungen eines anständigen Umgangs bricht, dann erweitert er damit den Raum des Sagbaren, bis andere in die Abwertung mit einsteigen.

In seiner Videoreihe „Die Vulgären Analyse“ hetzt Finkelstein gegen feministische Frauen und Männer, Migrant:innen, Schwarze, Medien, Linke, Politiker:innen, die nicht zur AfD gehören. Aber einen ganz besonderen Hass hat Shlomo Finkelstein auf „den Islam“. In seinen früheren Videos war im Hintergrund regelmäßig zu sehen, wie der Koran verbrannt wird, wie auf dem Koran Schweinefleisch gegrillt wird und auf den Koran uriniert wird. Auch Schwarze Menschen sind regelmäßig seiner Hetze ausgesetzt. So nennt er die „Black Lives Matter“-Bewegung „Schwarzionalsozialismus“. Menschen, die von Rassismuserfahrungen berichten, wollten entweder Aufmerksamkeit oder litten an einer Art „Rassismus Psychose“, so Finkelstein. Zudem strotzen seine Videos, Kommentare und Bildmontagen nur so vor Frauenfeindlichkeit. 

In seinen Videos versteckt sich „Shlomo Finkelstein“ stets hinter einem Porträt des englischen Autors Samuel Johnson, im Hintergrund seines YouTube-Kanals „Die vulgäre Analyse“ brannte stets ein Koran. (Quele: Screenshot)

Aber auch Jüdinnen und Juden bleiben nicht verschont. Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, bezeichnet er als „Ratte“ und nennt sie „eine rassistische Stasi-F****“ und „Ungeziefer mit viel Einfluss“. Dass sich der YouTuber eines klischeehaft jüdischen Namens bedient, während er antisemitische Stereotypen produziert, ist perfide. Einerseits instrumentalisiert er eine vermeintlich jüdische Identität als Mittel im antimuslimischen Rassismus, andererseits ist die Verwendung des Namens ein höhnischer Mittelfinger ins Gesicht der Opfer von Antisemitismus. Vielleicht möchte er sich so auch von dem Vorwurf dessen frei sprechen: sein Geraune über antisemitische Mythen wie den „Kulturmarxismus“ können ja nicht antisemitisch sein, weil sie von einem „Shlomo Finkelstein“ kommen.

Anonyme Verachtung für den Islam

Nach eigener Aussage startete Shlomo Finkelstein seinen YouTube-Kanal „Die vulgäre Analyse“ 2015 nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo. „Diese Geste, den Koran zu verbrennen, darauf zu pissen, war für mich die ultimative Geste der Verachtung gegenüber dieser Ideologie“, erzählt er in einem Interview, das Gesicht unter einer Burka versteckt. Er denke, der Islam an sich müsse entweder abgeschottet werden, „oder der Islam muss ausgelöscht werden“.

Doch nicht nur in Interviews verbirgt Shlomo Finkelstein sein Gesicht und seine Identität, auch in seinen eigenen Videos ist er stets bemüht, anonym zu bleiben. Er versteckt sich meist hinter einem Porträt von Samuel Johnson, einem englischen Autor des 18. Jahrhunderts. Dieses Bild ist zu seinem Symbol geworden.

Wer versteckt sich hinter Shlomo Finkelstein?

Der feige Ansatz, gegen Personen zu hetzen und dabei anonym bleiben zu wollen, macht neugierig darauf, wer sich auf diese Weise aufzuwerten versucht. So viel bekannt ist, steckt hinter der Hetz-Figur Shlomo ein junger Mann aus Nordrhein-Westfalen, Aron P. Vor seiner Karriere als volksverhetzender YouTuber strebte er wohl eine Musik-Karriere als Grunge-Sänger an – die jedoch offensichtlich zum Scheitern verurteilt war. Vielleicht wäre der Welt einen rassistischen YouTuber ärmer, hätte P. zumindest etwas Erfolg mit seiner Musik gehabt. Bühnenträume hegt er anscheinend immer noch: immer mal wieder greift er in seinen Videos zur Gitarre und versucht sich an verunglimpfenden Songs über seine zahlreichen Feindbilder.

Verurteilung zur Freiheitsstrafe – die Identität ist der Staatsanwaltschaft also bekannt

Laut eines Spiegel-Artikels vom 22. Januar 2019 ermittelte die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen Volksverhetzung in Videos auf dem Kanal „Die vulgäre Analyse“. Die Staatsanwaltschaft Köln antworte auf Belltower.News-Nachfrage, ob Aron P. hinter der Figur Finkelstein stecke und verurteilt wurde: „Die von Ihnen benannte Person – auch als „Shlomo Finkelstein“ bekannt – ist vom Amtsgericht Köln mit Strafbefehl vom 11.12.2020 wegen Volksverhetzung, Verbreitens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und der Beschimpfung von Bekenntnissen und Religionsgemeinschaften rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr – ausgesetzt zur Bewährung – verurteilt worden.“ Entgegen einiger Gerüchte sei es jedoch nicht zu einer Hausdurchsuchung gekommen, so die Staatsanwaltschaft Köln.

Was für Finkelstein Meinungsfreiheit ist, ist Volksverhetzung

Doch wozu der ganze Hass? Angeblich geht es Shlomo um „Meinungsfreiheit“. Immer wieder beklagt er sich, dass er „zensiert“ würde, weil seine Videos und Accounts gelöscht werden. Doch wenn Shlomo – genau wie viele andere Rassist:innen, Neonazis und Verschwörungsgläubige – von Meinungsfreiheit spricht, meint er damit eigentlich nur, dass er seinen Hass auf Minderheiten und politische Gegner:innen ungestört verbreiten möchte. Wenn Plattformen ihn dafür dann sanktionieren, weil seine Inhalte gegen die Richtlinien der Plattformen verstoßen, jammert Shlomo herum und wittert Zensur, Willkür und gar Diktatur.

Wenn Shlomo – genau wie viele andere Rassist:innen, Neonazis und Verschwörungsgläubige – von Meinungsfreiheit spricht, meint er damit eigentlich nur, dass er seinen Hass auf Minderheiten und politische Gegner:innen ungestört verbreiten möchte. (Quelle: Screenshot)

Da passt es gut, dass seine Videos seit November durch die im Juli 2021 gestartete Twitter-Alternative Gettr gesponsert werden. Gettr vermarktet sich als „Plattform für Meinungsfreiheit“, frei von „politischer Zensur“. Eine weitere Plattform also für die gesamte Rechtsaußen-Blase und nahezu perfekte Echokammer für Shlomo und seine hasserfüllten Freunde.

Gettr-CEO Jason Miller zu Gast in der „Honigwabe“

Der CEO von Gettr, Jason Miller, ein ehemaliger Berater und Sprecher des damaligen US-Präsidenten Donald Trump, war Ende 2021 sogar Gast im Podcast „Honigwabe“, den Shlomo mit einem sich „Kaspar“ nennenden Mithasser umsetzt. Wenn Kaspar übrigens nicht gerade stundenlang mit Shlomo Hetze verbreitet, dann bespielt er seinen eigenen YouTube-Kanal mit dem ausgesprochen originellen Titel „Idiotenwatch“. Dieser begann als Pöbelkanal gegen das öffentlich-rechtliche Jugendformat „Funk“.

Inhaltlich erzählte Miller, wie toll und frei seine neue Plattform, wie witzig die „Memetic Warfare“ – also der politische Einsatz von Memes – und was für ein toller Typ Donald Trump sei: „Er [Trump] wirkt wie ein Mitte 50-Jähriger, er hat eine Menge Energie, er hat abgenommen, er ist gebräunt, er ist entspannt, er ist bereit loszulegen. Joe Biden hingegen sieht aus wie eine Mumie. Er wirkt wie ein herumirrender Kadaver.“ Die beiden Podcast-Hosts kichern wie kleine Jungs im Hintergrund – schließlich ist das Verunglimpfen politischer Gegner:innen genau ihr Metier.

Doch Miller ist nicht der einzige prominente Gast in dem meist mehrere Stunden langen Podcast „Honigwabe“, bei dem sich die kritische Zuhörerin zunehmend fragt, wer zur Hölle eigentlich den Nerv hat, anzuhören. Auch Österreichs früherer Vizekanzler Heinz-Christian Strache war zu Gast. Geplaudert hat die Runde über die sogenannte „Ibiza Affäre“, über eine angebliche Verschwörung gegen Strachhe,  „einflussreiche Elite-Zirkel“ wie die „Bilderberger“ und darüber, dass er nicht geimpft sei. 

Auch Michael Stürzenberger war zu Gast im Podcast. Während sie darüber sprachen, ob man nicht vielleicht die Zahlen der Opfer des Holocaustes bezweifeln dürfe, spende ein Unser namens Adolf Hilter. (Quelle: Screenshot)

„Honigwabe“-Podcasts: Verbale Folter von mehreren Stunden 

Dabei ist es schon erstaunlich, dass der CEO von Gettr, Jason Miller, ein ehemaliger Berater und Sprecher vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, sich als Gast für ein Interview mit Finkelstein und Kasper hergibt. Das zeigt aber wohl, welche wichtige Bedeutung der gescheiterte Grunge-Musiker und seiner treuen Troll-Gefolgschaft in der rechtsextremen Szene zugeschrieben wird. Im Kampf um die politische Meinungshoheit scheinen derartige Troll-Armeen von unschätzbarem Wert für die extreme Rechte.

Doch Finkelstein empfängt nicht nur Gäste, auch er ist mit seinem Islam-Hass, Rassismus und Frauenhass gerngesehener Gast in anderen rechtsextremen Medienformaten. Unter anderem Martin Sellner, Kopf der „Identitären Bewegung“ im deutschsprachigen Raum, und die Junge Alternative Bayern haben Aron P.s nölige Selbstgefälligkeit bereitwillig über sich ergehen lassen. Zudem ist er Kolumnist beim extrem rechten „Krautzone Magazin“. Seit März 2019 betreibt „Finkelstein“ den Telegram-Kanal „Der Mob aus der Shlomosphäre“ mit mittlerweile knapp 13.000 Abonnent:innen. 

Ausweich-Kanäle

Da Finkelstein und weitere Video-Aktivisten aus diesem Netzwerk des öfteren Volksverhetzung verbreiten, werden ihre Videos und Channels immer wieder gelöscht. Mittlerweile hat sich Shlomo eine eigene Video-Plattform geschaffen, auf der seine Videos vor Löschungen geschützt sind und auf der auch viele seiner alten Videos abgerufen werden können. Gemeldet ist diese Website auf eine Maria W. in Pakistan. Verantwortlich für die Seite sei ein „Christian Kortig“, mit Sitz in Singapur. Es heißt, die Website würde von Zuschauer:innen verwaltet, „Shlomo hat keinerlei Zugang zur Infrastruktur dieser Seite“.

Das „Honig Forum“

Dieser „Christian Kortig“ ist ebenfalls im „Honig Forum“ als Kontakt angegeben. Ein eigenes Forum rund um Finkelstein und „Idiotenwatch-Kaspar“, aber auch hier ziehen sich die beiden Propagandisten aus der Verantwortung: „IdiotenWatch und Shlomo besitzen keinerlei moderative oder administrative Berechtigungen und können nicht für veröffentlichte Inhalte anderer Nutzer verantwortlich gemacht werden“, so heißt es zumindest auf der Website. 

Das „Honigwaben Forum“ scheint seit Mai 2020 zu bestehen, zu jener Zeit wurden jedenfalls die Forenregeln und die ersten Beiträge veröffentlicht. Aktuell hat das Forum über 1.600 Mitglieder. Das Publikum besteht aus Libertären, Anarchokapitalist:innen, Faschist:innen und allen, die sich dazwischen befinden. Der Leim, der die ganzen Sachen zusammenhält, ist Hass auf Feminismus, „Woke Culture“, Sozialismus, Migrant:innen und Schwächere. Die zerstören alles, was Shlomo und Freunden offenbar etwas bedeutet,und schuld sei sowieso der Sozialismus, der Feminismus und der dahintersteckende Jude.

Selbst unter User:innen, die sich nicht als rechtsradikal oder rechtsextrem definieren, gelten rechtsextreme Positionen als etwas, was man halt diskutieren müsse und das von der Meinungsfreiheit gedeckt sein sollte. Auch die Frage, ob tatsächlich sechs Millionen Jüdinnen:Juden im Holocaust getötet wurden, sollte man in Deutschland frei diskutieren dürfen, fordern sie regelmäßig, denn der Strafbestand der Holocaustleugnung gilt nicht für die intellektuelle Elite der Honigwaben-Fans – denken sie zumindest. Der größte Feind ist sowieso der „Linksextremismus“ und alles, was damit assoziiert wird, von „der Antifa“ über Feminismus bis hin zu einer bürgerlichen Partei wie den Grünen. 

Der Umgang untereinander ist geprägt von Verächtlichkeit und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. In kaum einer anderen Ecke des deutschsprachigen Internets ist das N-Wort derart häufig ausgeschrieben, wie im „Honigwaben Forum“.

Genau wie Shlomo Finkelstein scheinen die User:innen sich für sehr schlau zu halten und stellen diese Fehlannahme auch regelmäßig durch pseudointellektuelles Gewäsch unter Beweis. Die Meme- und Shitposting-Foren suggerieren derweil, dass „alles nur ein Witz“ sei, aber sie offenbaren wie begeistert die User:innen Menschenhass und Zynismus nachgehen. Die Abwertung anderer bei gleichzeitiger Selbstüberhöhung, Zynismus, das Lachen über Leid sind die ideologische Grundlage der Userbasis. Mittlerweile gibt es sogar Merchandise in einem Onlineshop für die Fans von Shlomo, „Idiotenwatch“ und dem „Honig Forum“. Neben Shirts können Fans hier auch Propaganda-Sticker kaufen. 

Finkelstein ist wichtig für den Kulturkampf von rechts

Es scheint ein wenig, als seien die Videos von Finkelstein über die Jahre weniger radikal geworden. Doch dieser Eindruck täuscht. Zwar verzichtet Finkelstein mittlerweile auf die Videos und Bilder vom geschändeten Koran, oder wie seine Comic-Figur den für Muslim:innen heiligen Ort der Kaaba als Toilette gebraucht und sich in sie hinein erleichtert. Inhaltlich ist Finkelstein aber weiterhin in seiner Wortwahl genauso menschenfeindlich und volksverhetzend wie zu Beginn seiner Karriere. Und es scheint, als sei er bestens vernetzt. Seine Troll-Armee ist für die extrem rechte Mobilmachung, Propaganda und im Kampf um die Meinungshoheit von unschätzbarem Wert. Das wird wohl auch Finkelstein wissen. 

Die Bezeichnung seiner Kanäle als „Honig Forum“ und „Honigwabe“ kommt dabei wohl nicht von ungefähr. Viel mehr spiegelt es wohl die Selbstwahrnehmung wider, wonach es sich bei den Fans um ein treu ergebenes, aber aggressives Bienenvolk handelt, dessen  Bienenschwarm auf Gegner:innen losgeht und sie mit kleinen, aber in der Masse effizienten Stichen besiegt. Deswegen ist es umso notwendiger, die Troll-Aktionen dieser Blase zu erkennen, und solidarisch gegen ihre Angriffe zusammenzustehen. Alternativ bleibt immer noch zu hoffen, dass die Fans von Aaron P. irgendwann begreifen, dass sein pseudointellektuelles, menschenfeindliches Dummgeschwätz primär eins ist: Dummgeschwätz. Die Zeit, die ein fünfstündiger Podcast frisst, kann nämlich wesentlich besser genutzt werden.

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Die Vulgäre Analyse Plumpe Provokation und Hass auf YouTube

Der Youtuber Shlomo Finkelstein ist bei seinen Fans hauptsächlich für seinen Hass auf “den Islam” bekannt. Und so feiern ihn seine Follower dafür, dass in den Videos auf seinem Kanal „Die Vulgäre Analyse“ neben der derben Sprache regelmäßig Schweinefleisch auf dem Koran gegrillt wird.

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„Die vulgäre Analyse“ Der Hacker „0rbit“ und die Rolle des Hass-Youtubers „Shlomo Finkelstein“

Ein 20-jähriger Schüler veröffentlichte unter seinem Hackernamen „0rbit“ zahlreiche persönliche Daten von Politiker*innen, Künstler*innen und Youtuber*innen. Zu den Beweggründen des jungen Mannes heißt es, er habe sich über diese Personen besonders geärgert. Er sei zwar ein bisschen rechts, doch politisch motiviert sei die Tat nicht gewesen. Das stimmt so nicht. „0rbit“ vertrat radikale und rechtsextreme Meinungen.

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