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Twitter gegen „Q“ Twitter schränkt die Verbreitung von Verschwörungsideologien ein

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(Quelle: Unsplash)

Am 22.07.2020 hat Twitter angekündigt, stärker und gezielter gegen die Q-Verschwörungsideologie vorzugehen. Laut dem Konzern sind davon bis zu 150.000 Twitteraccounts betroffen. 7.000 wurden bereits gelöscht. Der Grund für die Maßnahme laut Twitter: Die Verschwörungsideologie sei eine Gefahr in der Offline-Welt. 

„Q“ tauchte zum ersten mal im Oktober 2017 auf dem Imageboard 4chan auf. Ein anonymer Nutzer behauptete von sich selbst zum engsten Kreis um den Präsidenten zu gehören und veröffentlicht seitdem kurze fragmenthafte Texte, die von seinen Follower*innen wie Bibelzitate lang und breit ausgelegt werden. Der angebliche Whistleblower wurde „Q“ getauft – die „Q Clearance“ ist die höchste Sicherheitsfreigabe des amerikanischen Energieministeriums, wer sie innehat, hat Zugang zu geheimen Informationen rund um Fragen der nationalen Sicherheit.

„Q“ und die ihm zugeschriebenen kryptischen Äußerungen werden zum Mittelpunkt einer merkwürdigen Verschwörungserzählung: Donald Trump kämpfe aus dem Weißen Haus heraus gegen den „tiefen Staat“, der vollkommen korrupt und menschenverachtend lediglich für das Wohl der Eliten arbeite. Über die Nachrichten von „Q“ kommuniziere Trump, der Geschichte nach, mit seinem Unterstützer*innen. Auch die Corona-Krise wurde zum Teil der großen Verschwörung. Corona sei nämlich nur ein Vorwand für Donald Trump, um einen Schlag gegen die pädophile, globale Elite zu führen. Dass die Prophezeiungen des angeblichen Insiders sich seit 2017 nie bewahrheitet haben oder, dass Trumps Regierung eine desaströse Corona-Bilanz vorzuweisen hat, ficht die Anhänger*innen nicht an. Die Bewegung gleicht darin einer Sekte.

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Ein Sprecher von Twitter gab an, dass es in den vergangenen Wochen wiederholt zu Absprachen in der Q-Community gekommen sei, um Menschen gezielt zu drangsalieren. Und schon früher kam es zu Gewalt aus dem entsprechendem Umfeld. 

Bereits während des US-Wahlkampfs 2016 wurde zunächst auf den Internetseiten Reddit und 4chan behauptet, dass Lady Gaga regelmäßig Kinderblut trinke, um Satan zu huldigen und, dass Barack Obama Kindersex-Orgien im Weißen Haus feiere. Vor allem aber stehe Hillary Clinton im Zentrum eines Pädophilie-Rings, der aus dem Keller der Washingtoner Pizzeria „Comet Ping Pong“ operiere. Das Logo der Pizzeria enthalte eindeutig satanische Symbole. Obwohl diese Theorien von vornherein nicht glaubwürdig erscheinen und renommierte Zeitungen sie auseinander nahmen, wurde „Pizzagate“ zum Thema. Am 4. Dezember 2016 stürmte schließlich ein 28-Jähriger  in das Restaurant und schoss um sich. Er wollte die angeblich versteckten Kinder aus dem Keller befreien. Gefunden wurden weder entführte Kinder noch ein Keller. Der Täter befindet sich in Haft. „Pizzagate“ ist heute in „Q“ aufgegangen und wird dort weiterhin für wahr gehalten. 

In einer weiteren bizarren Entwicklung der Q-Verschwörungsgeschichte wurde so im März 2019 auf Staten Island der mutmaßliche amerikanische Mafiaboss Frank Cali erschossen. Zuerst gingen die Ermittler*innen von einem Mord in der Szene aus. Tatsächlich war der mutmaßliche Mörder allerdings davon überzeugt, dass Cali Teil der „Deep State“-Verschwörung gegen Donald Trump sei. Laut seines Anwalts wollte der Täter Cali verhaften, bis die Situation offenbar außer Kontrolle geriet. „[Der Mandant] war sich sicher, dass er unter dem persönlichen Schutz von Donald Trump steht, und, dass er die volle Unterstützung des Präsidenten genießt“, argumentierte der Anwalt des Beschuldigten, um mildernde Umstände zu erreichen. Vor Gericht hielt er seine Handfläche in die Kameras, darauf geschrieben ein Q.

Die Maßnahmen von Twitter richten sich gegen die Strategie der Verschwörungsanhänger*innen, die zum Teil mit mehreren Accounts aktiv sind und sich immer wieder neue anlegen, sobald sie wegen Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen des Konzerns gelöscht werden. So soll die Verschwörungserzählung immer weiter verbreitet werden. Zusätzlich werden auch Accounts gesperrt, die koordiniert andere Nutzer*innen sowohl online als auch offline angreifen oder belästigen. 

Twitters neuer Kurs soll auch Einfluss auf die Sichtbarkeit der Verschwörungsideologie haben. Q-Inhalte werden nicht mehr in den Trends oder Empfehlungen des Dienstes angezeigt und in Suchen nicht hervorgehoben. Vor allem können auch keine Links mehr zu entsprechenden Inhalten gepostet werden. 

Wie sich die Entscheidung von Twitter auf den Wahlkampf in den USA auswirken wird, bleibt offen. Bei den Wahlkampfveranstaltungen des Präsidenten sind immer wieder Q-Plakate und T-Shirts zu sehen. Kein Wunder, ist Trump doch eine Art Idol der Bewegung. Auch bei den anstehenden Kongresswahlen, die parallel zu den Präsidentschaftswahlen im Herbst stattfinden, treten mehrere Politiker*innen an, die der Verschwörungsideologie nahestehen.

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