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Überblick AfD-Chaos – Rechtsextremer im Bundestag, Pressesprecher-Affäre und Wählereinbruch

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Frau mit "Dissident"-AfD-Warnweste, Wahlkampf 2019 (Quelle: KA)

Aktuell macht besonders die Affäre um den ehemaligen Pressesprecher der Partei, Christian Lüth, Schlagzeilen. Der hatte in einem für eine „Pro7“-Doku heimlich mitgeschnittenen Gespräch mit der YouTuberin Lisa Licentia erklärt, dass es Deutschland schlechter gehen müsse, damit die AfD profitiert, und außerdem in Aussicht gestellt, Migrant*innen zu erschießen oder zu vergasen. Ausgerechnet der Ehrenvorsitzende der AfD, Alexander Gauland, soll bereits länger von den Aussagen gewusst, aber Lüth gedeckt haben. Doch damit nicht genug der schlechten Nachrichten: Der Verfassungsschutz Sachsen führt den AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier als Rechtsextremist. Der Grund ist seine Verbindung zum mittlerweile offiziell aufgelösten „Flügel“, Maier war Obmann der innerparteilichen Organisation in Sachsen. Währenddessen sinken die Umfragewerte der Partei besonders im Osten Deutschlands innerhalb des letzten Jahres massiv.

Die innerparteilichen Kämpfe

Auf allen Ebenen der Partei bekämpfen sich zumindest nominell gemäßigte Kräfte und rechtsextreme Vertreter*innen. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben sich die Landtagsfraktionen aufgespalten, damit den Fraktionsstatus verloren und sind faktisch handlungsunfähig geworden. Einzelne Landesverbände der AfD werden bereits vom Verfassungsschutz beobachtet. Prominente rechtsextreme Mitglieder werden – zumindest teilweise  – ausgeschlossen. Vielen Parteimitgliedern gefällt das nicht: Sie solidarisieren sich mit den gerügten und geschassten Rechtsradikalen (vgl. zuletzt zu Kalbitz Belltower.News, II).

Lüth-Affäre: Wusste die Parteispitze Bescheid?

Nach Ausstrahlung der Pro7-Doku „Rechts. Deutsch. Radikal.“ schreibt AfD-Co-Parteichef Tino Chrupalla auf „Twitter“: „Es macht mich und die gesamte Partei fassungslos, dass solche Worte gefallen sein sollen.“ Der damalige Pressesprecher der AfD-Fraktion im Bundestag hatte gegenüber der YouTuberin Lisa Licentia gesagt, dass es zur Strategie der Partei gehöre, dass mehr Geflüchtete nach Deutschland kämen, um die Stimmung zu verschlechtern und davon wiederum als Partei zu profitieren. Migranten könne man danach immer noch „erschießen“ oder „vergasen“. Wie groß die Fassungslosigkeit nach der Doku aber wirklich war, ist eher fraglich. Recherchen von Zeit Online belegen, dass Chrupalla, genauso wie der Ehrenvorsitzende der AfD, Alexander Gauland, schon seit April wussten, dass sich Lüth in einer Bar mit Licentia getroffen hatte, das Treffen versteckt gefilmt wurde und vor allem, dass Lüth extrem problematische Äußerungen getätigt hatte. Was er genau gesagt hatte, war allerdings nicht bekannt.

Kurze Zeit nach dem mitgeschnittenen Gespräch in der Berliner „Newton Bar“ wandte sich eine Informantin per Whatsapp an den Co-Vorsitzenden Chrupalla und berichtet ihm über das Treffen. Die Frau, offenbar CDU-Mitglied und aus dem Umfeld der Werteunion, war bereits früher mit Lüth in Kontakt gewesen. Ihr gegenüber hatte sich der Pressesprecher als „Faschist“ mit „arischer Abstammung“ bezeichnet. Das hatte zu seiner Freistellung als Pressesprecher geführt. Die Informantin war mit Licentia in Kontakt und wusste deswegen von dem Treffen.

Ein weiterer Parteisprecher sagte Zeit Online, dass Vorwürfe gegen Lüth bereits im April bekannt waren. Demnach war beispielsweise auch Beatrix von Storch von informiert. Alexander Gauland soll sich sogar persönlich mit der Informantin getroffen haben. Zwei Wochen vor der Ausstrahlung der Dokumentation beantragte die bayrische Landeschefin Corinna Miazga eine Untersuchungskommission zu den geheimen Aufnahmen. Nach einer Aussprache wurde der Antrag aber offenbar wieder zurückgezogen.

Die Recherchen deuten darauf hin, dass die Aussagen Lüths keine so große Überraschung für die Parteiführung waren, wie sie es jetzt darstellt. Ohnehin dürfte es wenig Zweifel an der Geisteshaltung des Ex-Pressesprechers gegeben haben. Die Affäre lässt die Partei in doppelt schlechtem Licht dastehen. Neben der Beantwortung der Frage, wie ein „Faschist“ mit menschenverachtenden Ansichten jahrelang Pressesprecher bleiben konnte, müssen sich Fraktion und Partei mit dem öffentlichen Chaos in den eigenen Reihen befassen. Uwe Junge, AfD-Fraktionsvorsitzender in Rheinland-Pfalz, fordert schon „einen Rücktritt von Alexander Gauland und Alice Weidel“.

Rechtsextremist im Bundestag

Zum Chaos trägt auch eine Meldung vom Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen bei: Der Bundestagsabgeordnete Jens Maier wird als Rechtsextremist geführt. Grund dafür sei seine Zugehörigkeit zum „Flügel“, einer mittlerweile aufgelösten extrem rechten innerparteilichen Organisation. Maier war der Obmann der Gruppierung in Sachsen.

Bis 2016 und vor seiner Zeit als Abgeordneter war Maier Richter am Landgericht Dresden und dort auch für Medien- und Presserechtsfragen zuständig. Noch im Mai 2016 gab Maier einem Antrag der NPD statt, mit dem Politologen Steffen Kailitz kritische Aussagen über die Partei zunächst verboten wurden. Vor der „Dresdner Rede“ von Björn Höcke im Januar 2017 feuerte Meier die Stimmung an, forderte eine Ende des deutschen „Schuldkults“ und schwadronierte über die „Herstellung von Mischvölkern“. Auf einer Veranstaltung des mittlerweile vom Verfassungsschutz beobachteten Compact-Magazins im April 2017 soll Meier die Morde des norwegischen Rechtsterroristen Breivik verharmlost haben. Laut Vorwärts sagte der heutige Bundestagsabgeordnete: „Breivik ist aus Verzweiflung heraus zum Massenmörder geworden.“

Schlechte Umfragewerte im Osten

Streit, Skandale, Enthüllungen und nicht zuletzt ihre unklare Haltung in der Covid19-Pandemie, kostet die rechtsradikale Partei Stimmen. Aktuell will Martin Reichardt, AfD-Vorsitzender in Sachsen-Anhalt, bei den Landtagswahlen 2021 mit seiner Partei zu stärksten Kraft werden. Ob das gelingt, scheint allerdings immer fraglicher. Laut einer Umfrage der Welt am Sonntag ist die AfD innerhalb des letzten Jahres von Platz eins in der Wähler*innengunst in Ostdeutschland auf Platz drei gerutscht. Im September 2019 war die AfD mit 24 Prozent am beliebtesten und lag einen Prozentpunkt vor der CDU. Jetzt schafft sie es noch auf 18 Prozent und liegt damit hinter CDU und der Linken.

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