Ermittlungen zum NSU
Das Jahr 2012 war – und das gilt wohl für alle, die sich mit der extremen Rechten auseinandersetzen – ganz wesentlich geprägt durch die Folgen der rassistischen Mord- und Anschlagsserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). Auch bei den Ermittlungen in NRW (der Mord in Dortmund an Mehmet Kuba??k, ein Bombenanschlag in der Kölner Probsteigasse und das Nagelbombenattentat in der Kölner Keupstraße) hatten Politik und Behörden einen möglichen rechtsterroristischen Hintergrund früh ausgeschlossen; entsprechende Hinweise und Spuren wurden unzureichend verfolgt. Da in NRW kein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingerichtet wurde, stehen die Chancen zur vollständigen Aufklärung des Geschehenen schlecht.
Ermittlungen gegen Mitglieder des „Aktionsbüro Mittelrhein“
Die gesellschaftliche Diskussion um den NSU, wie um die Versäumnisse und blinden Flecken der Behörden, haben jedoch dazu geführt, dass der Staat sich zum Handeln aufgefordert sah. Zuerst traf es das im nördlichen Rheinland-Pfalz und südlichen NRW agierende „Aktionsbüro Mittelrhein“ (ABM), dem die Staatsanwaltschaft Koblenz eine Reihe von gemeinschaftlich geplanten und begangenen Gewalttaten – vor allem gegen den politischen Gegner – vorwirft und deswegen gegen 33 Personen Ermittlungen wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigungen einleitete. Bei 28 Neonazis wurde ein Haftbefehl vollstreckt, ein Teil sitzt noch immer in U-Haft. Betroffen waren auch Angehörige der Kölner und Bonner Szene, die eng mit dem ABM zusammen gearbeitet hatten. Zurzeit läuft ein großes Gerichtsverfahren in Koblenz.
Radevormwalder Neonazis trotz Razzien weiter aktiv
Im April folgten Razzien gegen die Radevormwalder Neonazi-Kameradschaft „Freundeskreis Rade“. Die Polizei wirft dieser ebenfalls die „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ vor. Bei den Durchsuchungen wurde ein umfangreiches Waffenarsenal beschlagnahmt. Auch die Räumlichkeiten der Fraktion von „pro NRW“ in Radevormwald wurden durchsucht. Mitglieder des neonazistischen „Freundeskreises“, die für schwere Gewalttaten gegen MigrantInnen und vermeintliche politische GegnerInnen verantwortlich sind, waren auch als Kandidaten oder sachkundige Bürger für „pro NRW“ aktiv. Im Fraktionsbüro sollen Flugblätter der Neonazis kopiert worden sein.
Im Laufe des Jahres zerbröselte die zweiköpfige Fraktion von „pro NRW“ in Radevormwald durch den Rückzug eines Mandatsträgers sowie des Ausschlusses des Fraktionsvorsitzenden Tobias Ronsdorf – ein herber Schlag für die selbsternannte pro-Bewegung, die in der oberbergischen Stadt ein Vorzeigebeispiel für die Organisierung Jugendlicher gesehen hatte. Auch wenn der „Freundeskreis“ nicht mehr öffentlich als Organisation auftritt, sind Radevormwalder Neonazis weiterhin aktiv.
Verbot der „Kameradschaft Köln“
Im Mai verbot das Innenministerium die „Kameradschaft Köln“. Hintergrund war die Inhaftierung von führenden Mitgliedern im Zuge des „AB Mittelrhein“-Verfahrens. Axel Reitz, Kopf der Kölner Kameradschaft und bundesweit bekannter Neonazi, belastete seine „Kameraden“ und wurde als einer von Wenigen aus der U-Haft entlassen. Reitz gilt in der Szene nun als Verräter. Einzelne neonazistische Aktivitäten in Köln sind jedoch weiterhin zu beobachten, beispielsweise in Form von Schmierereien oder Bedrohungen. Im Kölner Norden agieren zudem die „Autonomen Nationalisten Pulheim“.
Verbot der „Kameradschaft Aachener Land“, „Kameradschaft Hamm“ und des „Nationalen Widerstand Dortmund“
Im August wurden schließlich die drei Neonazi-Gruppen „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL), „Kameradschaft Hamm“ und „Nationaler Widerstand Dortmund“ (NWDO) verboten. In den ausführlichen Begründungen wurden den nach dem Vereinsgesetz verbotenen Gruppierungen neben dem „freiwilligen Zusammenschluss“ zur „organisierten Willensbildung“ auch die „Verbreitung nationalsozialistischer Grundideen mit dem Ziel der Bekämpfung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ attestiert. Zudem werden einzelne Mitglieder verdächtigt, an verschiedenen Straftaten wie etwa dem bundesweit wahrgenommen Überfall auf die Dortmunder Szenekneipe „HirschQ“ im Jahr 2010 beteiligt gewesen zu sein. Bei der bis dato größten Polizeiaktion gegen Neonazis in NRW durchsuchten über 900 BeamtInnen zahlreiche Wohnungen, Haftzellen und Gruppenräume wie die „Villa Kunterbraun“ in Hamm oder das „Nationale Zentrum R135“ in Dortmund. Dabei wurden Vereinsvermögen und Vereinsbesitz sowie Waffen und Propagandamaterial sichergestellt. Während in diesem Zusammenhang auch ein Verbot des „Nationalen Antikriegstages“, der zentralen Veranstaltung des NWDO, Bestand hatte, war eine „Mobilisierungstour“ für dieses Szeneevent mit bundesweiter Ausstrahlung (die kurzfristig zu einer Art Protestaktion gegen die Verbote umfunktioniert wurde) im Regierungsbezirk Köln möglich. Organisiert wurden die Kundgebungen u.a. von KAL-Aktivisten sowie den „Freien Kräfte Oberberg“, einer in Gummersbach und den umliegenden Städten und Dörfern aktiven Kameradschaft. Eine ursprünglich für Anfang Oktober in Hamm von einem führenden Mitglied der nunmehr verbotenen örtlichen Kameradschaft angemeldete Demonstration wurde indessen vom Anmelder abgesagt.
„Die Rechte“ als Auffangbecken für Mitglieder verbotener Gruppen
Welche langfristigen Folgen die staatlichen Repressionsmaßnahmen haben, muss noch beobachtet werden. Für die Szene zentrale Aufmärsche wie in Stolberg (April 2012) sowie die von Dortmund nach Bonn verlegte 1. Mai-Demonstration wiesen eine geringere Beteiligung auf. Die Inhaftierung von wichtigen Kadern im Zuge des „AB Mittelrhein“-Verfahrens schränkte die Mobilisierungsfähigkeit offenbar ein.
Allerdings fungiert die bereits im Juni 2012 von Christian Worch, der seit den 1970er Jahren bundesweit als Kader aktiv ist, gegründete Partei „Die Rechte“ als Auffangbecken für militante Neonazis aus den Zusammenhängen der verbotenen Kameradschaft Hamm und des Nationalen Widerstands Dortmund. Die führenden Köpfe dieser beiden Gruppen bekleiden wichtige Posten im Vorstand des Anfang September – also nur wenige Wochen nach den Verboten – gegründeten Landesverbands NRW. Dennis Giemsch, führender Kopf der Dortmunder Neonaziszene, wurde zum Landesvorsitzenden gewählt. Unterstützt wird er unter anderem von Michael Brück, dem ehemaligen Hauptmieter des „Nationalen Zentrums R 135“, sowie Sascha Krolzig, dem ehemaligen Führungskader der Kameradschaft Hamm. Die Partei verfügt nach eigener Aussage über Bezirks- bzw. Kreisverbände im Münsterland, im Rhein-Erft-Kreis (hier unterstützt von den „Autonomen Nationalisten Pulheim“) sowie in Mülheim an der Ruhr, Hamm und Dortmund. Dem dortigen Kreisverband steht der seit Jahrzehnten aktive und v.a. mit dem extrem rechten Fanclub „Borussenfront“ als „SS-Siggi“ bekannt gewordene Siegfried Borchardt vor.
Die Inszenierung als Partei – der Status der Anerkennung durch den Bundeswahlleiter ist noch nicht klar – dient den Mitgliedern der verbotenen Gruppen hier ganz offenbar dazu, das Verbot zu umgehen Nachfolgeorganisationen zu bilden. So treten die ehemaligen Kameradschaftsangehörigen nicht nur mit einem Parteibüro im Dortmunder Stadtteil Huckarde sowie mit Infoständen und kleineren Kundgebungen, etwa unter dem Motto „OB Sierau muss weg! Haushaltslügen und Asylproblematik – Spitze des Eisbergs“, in Erscheinung. Die professionelle Medienarbeit wird unter neuem Namen und mittels eines neuen Internetportals weitergeführt, zudem laufen Vertreter der regionalen Szene bei verschiedenen Demonstrationen außerhalb NRWs hinter einem Transparent mit der Aufschrift „Dortmunds Rechte“ mit, zuletzt etwa beim so genannten „Trauermarsch“ in Remagen (Rheinland-Pfalz).
Rechte Fußballfans
Mitglieder der KAL haben eine Klage gegen das Verbot ihrer Kameradschaft eingereicht. In Aachen traten Neonazis vermehrt in der Fanszene des Fußball-Drittligisten „Alemania Aachen“ auf. Fangruppen wie die „Karlsbande Ultras“ und die Hooligans des „Westwall Aachen“ sind wegen ihrer Kontakte zu Neonazis sowie Angriffen auf nicht-rechte Fangruppen in die Kritik geraten. Der Verein reagierte auf dieses Problem nur zögerlich. Gewaltbereite Neonazis fanden in der Fanszene ein Betätigungsfeld und Rekrutierungsmöglichkeiten. Im Dortmunder Stadion kam es zu Solidarisierungsversuchen mit dem verbotenen Nationalen Widerstand Dortmund. In anderen Stadien waren rassistische Sprechchöre und Transparente wahrnehmbar, etwa in Oberhausen und Duisburg.
NPD ohne Neonazi-Szene kaum handlungsfähig
Die NPD hatte neben den ebenfalls seit Jahren bekannten finanziellen Problemen und der chronischen Erfolglosigkeit bei Wahlen (0,5 % bei der vorgezogenen Landtagswahl 2012) zusätzlich mit dem Verlust ihrer langjährigen Landesgeschäftsstelle in Bochum-Wattenscheid zu kämpfen. Nach einem Besitzerwechsel des Hauses wurde der NPD das Mietverhältnis gekündigt. Mittlerweile hat der Vorsitzende Claus Cremer für seine notorisch mitgliederschwache Partei eine neue Bleibe in Essen-Kray gefunden, wo eine Hinterhofimmobilie durch einen NPD-nahen Verein gekauft und als Landesgeschäftsstelle offiziell angemietet wurde. Seit September kommt es immer wieder zu breiten Protesten vor allem der Essener AnwohnerInnen. Über einige Kundgebungen und kleinere Demonstrationen vor allem im Rahmen ihrer im Sommer durchgeführten „Deutschlandtour“ hinaus konnte die NPD in NRW keine Akzente setzen. Der in der Breite kaum wahrnehmbare Landtagswahlkampf zeigte zudem, dass die Partei ohne die Unterstützung der organisierten Neonaziszene kaum handlungsfähig ist.
„Pro NRW“ dreht an der Eskalationsschraube
Im Zuge der nordrhein-westfälischen Landtagswahlen im Mai veranstaltete die extrem rechte „Bürgerbewegung pro NRW“ in 25 Städten vor Moscheen Kundgebungen unter dem Motto „Freiheit statt Islam“. Die Partei stellt „den“ Islam pauschalisierend als eine fremde, mit der Demokratie nicht vereinbare Kultur dar, die ihrer Meinung nach in Europa keine Existenzberechtigung habe. Bei ihrer Tour setzte „pro NRW“ auf die selbsterklärte Strategie der „maximalen Provokation“: An jeder der 25 Stätten muslimischen Glaubens wurden von „pro NRW“-Anhängern „Mohammed-Karikaturen“ gezeigt. In der Regel ließen sich die muslimischen Gemeinden nicht auf diese gezielte Provokation ein. Allerdings eskalierte die Lage am 1. Mai in Solingen und am 5. Mai in Bonn, als gewaltbereite Anhänger der islamistischen Salafisten sich Straßenschlachten mit der Polizei lieferten, die „pro NRW“ und ihre Gegner auf Abstand hielten.
Schon im Januar erregte „pro Köln“ im Kölner Stadtteil Kalk die Gemüter von AnwohnerInnen und Gewerbetreibenden, als die Partei zum wiederholten Mal mit knapp 90 RechtspopulistInnen gegen das dortige Autonome Zentrum und „rechtsfreie Räume für linksautonome Hausbesetzer“ demonstrierte und die Polizei mehrere Straßen abriegelte. Ähnlich sah es Ende Oktober in Wuppertal aus, wo die Partei aufgrund einer angemeldeten Demonstration „gegen Islamisierung und Überfremdung in Elberfeld“ wochenlang in den Medien präsent war und zuletzt versuchte, die Proteste von BürgerInnen gegen einen geplanten Forensikstandort in der Stadt zu instrumentalisieren.
Durch massives Plakatieren und die landesweite Wahlkampftour machte sich „pro NRW“ auf der Straße und in den Medien bemerkbar. Mit insgesamt 1,5 % der Stimme verzeichnete „pro NRW“ insgesamt eine Zunahme von 0,1 % gegenüber der Landtagswahl von 2010. Die Wahlergebnisse zeigen, dass die Partei in ihren „Hochburgen“ (Köln, Leverkusen, Radevormwald, Duisburg) teils große Verluste einstecken musste, in der Fläche jedoch leicht zulegte. In Remscheid und Gelsenkirchen erreichte die Partei um die 4 Prozent der WählerInnenstimmen.
Mit der Ankündigung, das umstrittene Schmäh-Video „Die Unschuld der Muslime“ öffentlich zeigen zu wollen, erlangte die „pro“-Bewegung, die sich gerne als Hüterin von Meinungsfreiheit und liberaler Werte inszeniert, im September nochmals öffentliche Aufmerksamkeit. Zeitgleich gründete sich der „Ring Freiheitlicher Jugend“, an dem neben Funktionären von „pro NRW“ auch die „Republikanische Jugend“ und die islamfeindliche „German Defence League“ (GDL) vertreten sind. Mit Infoständen und dem Magazin „Objektiv“ versucht man, offensiv auf SchülerInnen zuzugehen.
„Pro NRW“ bleibt stärkste Partei der extremen Rechten
Dennoch lief 2012 nicht alles rund für die rassistische Bürgerbewegung: Aktive Kader traten aus oder zogen sich zurück, der Aufbau von Kreisverbänden in der Fläche kommt nicht voran, mit den „Identitären“ ist eine Konkurrenz im rechten Lager erwachsen und im Oktober wurde in Köln ein Ermittlungsverfahren wegen bandenmäßigen Betrugs gegen zahlreiche Parteifunktionäre und Mitglieder eingeleitet. Es sollen Protokolle gefälscht worden sein, um weitere Sitzungsgelder zu kassieren. Ein Mitglied der fünf-köpfigen Kölner Ratsfraktion wurde in diesem Zusammenhang in Untersuchungshaft genommen.
Trotzdem bleibt „pro NRW“ weiterhin die stärkste Partei der extremen Rechten in NRW. Die NPD ist, nachdem einige Aktivposten im Aachener und Dürener Raum die Partei im Streit verlassen haben, im RB Köln kaum wahrnehmbar. Parteiaktivitäten wie im Rhein-Sieg-Kreis sind eher die Ausnahme.
Aktionen trotz Verbote
Durch die zunehmende staatliche Repression, vor allem aber auch durch breites zivilgesellschaftliches Engagement in vielen Städten und Kommunen NRWs musste die extreme Rechte einige herbe Rückschläge hinnehmen, gleichwohl ist sie weiterhin handlungsfähig Besonders aus dem Spektrum der Freien Kameradschaften lassen sich vor, aber auch nach den Verboten vielfältige Aktionen und Reorganisationsversuche beobachten. So kam es im Jahr 2012 zu verschiedenen kleineren Demonstrationen, die vor allem im zeitlichen Umfeld der Verbote teils als spontane Solidaritätskundgebungen gestaltet waren. Aber auch „klassische“ extrem rechte Aktionsformen wie Heldengedenken (z.B. rund um den 8. Mai und den 9. November) oder regionale Kampagnen zu völkisch-nationalistischer Globalisierungs- und Kapitalismuskritik, etwa rund um den 1. Mai, gehörten zum Handlungsrepertoire der Neonazis in NRW. Zu größeren Demonstrationen aus diesem Spektrum kam es am 11. Februar in Soest („Ausländerkriminalität stoppen! – Gerechtigkeit für Tim K.!“, ca. 150 TeilnehmerInnen), am 3. März in Münster („Raus aus EU, NATO und UNO! Für eine selbstbestimmte Zukunft unseres Volkes!“, ca. 300 TeilnehmerInnen), am 30. März in Dortmund („R 135 bleibt!“, ca. 380 TeilnehmerInnen), am 7. April in Stolberg bei Aachen („Trauer und Wut zu Widerstand! Stoppt die Deutschenfeindlichkeit!“, ca. 260 TeilnehmerInnen) sowie am 1. Mai in Bonn („Finanzsysteme brechen – Knechtschaft überwinden!“, ca. 200 TeilnehmerInnen). Direkt nach den Verboten im August demonstrierten Neonazis in Wuppertal, wo nach wie vor eine militante Gruppe unter dem Namen Nationale Sozialisten Wuppertal agiert, mit ca. 100 TeilnehmerInnen gegen die Maßnahmen des Innenministeriums.
Nicht unbeachtet bleiben sollten auch die vielen weiteren Ereignisse im Bereich der organisierten extremen Rechten, von denen die Festnahme des Moderators des Thiazi-Forums (eine der wichtigsten neonazistischen Internetplattformen) oder die Auseinandersetzungen innerhalb des Verbandes „Deutsche Burschenschaft“ (eine der tonangebenden Verbindungen des rechten Flügels aus Bonn) nur beispielhaft erwähnt seien
Sachbeschädigungen, Farbschmierereien und gewalttätige Angriffe
Rechte Gewalt ist allerdings in NRW nicht nur im Umfeld von Aktionen der verbotenen Gruppen, sondern auch als alltägliches Phänomen nach wie vor präsent. 2012 kam es zu mehreren Angriffen auf soziokulturelle Zentren, z.B. in Witten und Herne, wie auch auf Parteibüros v.a. der Linken, etwa in Dortmund, Emsdetten und Wuppertal, bei denen Scheiben beschädigt und Schmierereien hinterlassen wurden. Aggressive Übergriffe auf nicht-rechte Jugendliche und andere Betroffene fanden vermehrt im Bergischen Land und in Wuppertal statt, aber auch in den ländlich geprägten Regionen des Rheinlands und des Münsterlands sowie zuletzt in Oberhausen und Bochum.
Erwartungen für 2013
Im nächsten Jahr bleibt zu beobachten, wie sich die Szene(n) rund um Dortmund und Aachen re-organisieren und welche Auswirkungen das Auftreten neuer Inszenierungsformen und Aktionen auf die jeweiligen Sozialräume, also die Zivilgesellschaft vor Ort haben wird. Hier wird es darauf ankommen, die Handlungsspielräume weiter zu begrenzen und die Aktivitäten der extremen Rechten gerade nach den Verboten weiterhin genau zu beobachten. Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl am 22. September 2013 wird mit vermehrten Aktivitäten extrem rechter Parteien zu rechnen sein, die auch im nächsten Jahr versuchen werden, mit ihren Hauptthemen – Islamfeindlichkeit, Angst vor angeblicher Überfremdung sowie polemischer Kritik an den demokratischen Parteien – gesellschaftliche Diskussionen zu instrumentalisieren und für sich zu nutzen.
Dass dies durchaus auf Resonanz stoßen könnte, zeigen die aktuellen Diskurse gerade im Bereich des Asylrechts und des Umgangs mit Flüchtlingen, die in NRW vereinzelt schon jetzt rassistisch und zunehmend antiziganistisch aufgeladen sind. Die Diskussionen um das Verbot der NPD, den Umgang mit den Ermittlungs-„Pannen“ der Strafverfolgungsbehörden beziehungsweise der Inlandsgeheimdienste im Kontext der Verbrechen des NSU sowie um die Nachwirkungen der Vereinsverbote dürfen hier nicht den Blick verstellen und vom eigentlichen Problem ablenken: Auch in NRW sind Alltagsrassismus und die alltäglichen Ausprägungen Rechter Gewalt virulent, sie werden aber zu wenig thematisiert. Die Abgrenzung gegenüber „den Nazis“ fällt hier offenbar leichter.
Ungewisse Zukunft für mobile Beratung „gegen Rechts“
Ob es die Mobile Beratung, zu deren Aufgaben auch die Dokumentation gehört, auch über das Jahr 2013 hinaus geben wird, ist derzeit fraglich. Zu hoffen bleibt, dass die Einsicht erwächst, dass zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus eine kontinuierliche Förderung braucht.
Mehr im Internet:
Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (ibs)
Mobilen Beratung im Regierungsbezirk Münster. Gegen Rechtsextremismus, für Demokratie (mobim)
redaktionelle Betreuung: Theresa Heller