VK ist das größte soziale Netzwerk Russlands. Laut Angaben der Betreiber nutzen 100 Millionen Menschen den Dienst. Das ist zwar nur ein Bruchteil der 2 Milliarden Facebook-Nutzer, macht VK allerdings trotzdem zur beliebtesten Website Russlands und, laut dem Branchentool „Similarweb„, zur fünftbeliebtesten Seite der Welt. Etwa 69 Prozent der Seitenaufrufe kommen aus Russland. Etwa 8 Prozent aus der Ukraine, 5 Prozent aus Weißrussland, 3 Prozent aus Kasachstan. Auf Platz fünf, mit 2,2 Prozent kommt schließlich Deutschland. Natürlich sind auch diese Zahlen nicht mit Facebook vergleichbar – das soziale Netzwerk hat in Deutschland etwa 30 Millionen Nutzer – trotzdem bemerkenswert, da sich VK offenbar in Deutschland durchaus etabliert hat, wenn auch in relativ kleinem Maßstab.
Screenshot der Nutzungsstatistiken von VK am 11.07.2017 von Similarweb
Gegründet wurde die Seite schon 2006 von den Brüdern Pawel und Nikolai Durow. Schon 2010 kaufte die „Mail.ru Group“ Anteile des Unternehmens, seit 2014 ist sie alleiniger Besitzer. Die Gruppe hält auch 10 Prozent der Firmenanteile von Facebook. Größter Anteilseigner von „Mail.ru“ ist Alisher Usmanov, ein in Usbekistan geborener, russischer Oligarch. Der laut russischen Medien angeblich drittreichste Russe ist außerdem Generaldirektor eines Gazprom-Tochterunternehmens und besitzt einen Verlag. Wo sein Vermögen ganz genau herkommt, bleibt dabei im Dunklen. In den 1980ern saß er für sechs Jahre wegen Korruption und Unterschlagung in einem usbekischen Gefängnis. Das Urteil wurde noch vor dem Fall der Sowjetunion revidiert. Wenige Jahre später wurde Usmanov Bankdirektor. Im Jahr 2000 urteilte der Oberste Gerichtshof Usbekistans, dass die ursprünglichen Anschuldigungen falsch waren.
Hitler und Katzengifs
Die große Masse der User postet auf VK genau das gleiche, was auch auf Facebook, Twitter und anderen Seiten gepostet wird: lustige Katzenfotos, Rezepte, Karikaturen, Memes. Allerdings hat das Netzwerk, gerade in Deutschland, den Ruf, wenig zu löschen. Deswegen sind hier viele Nutzer aus dem rechten und rechtsextremen Spektrum zu finden. In den Nutzungsbedingungen der Seite wird dabei zwar klar geregelt, was auf VK nicht erwünscht ist – aber selbst, wenn man sich nur kurz durch einige Profile klickt fällt auf: durchgesetzt werden die Regeln hier nicht.
Screenshot der Nutzungsbedingungen von VK. Rot umrandet:Verbotener Content, der Rechtsextremismus abdecken würde.
Dabei zeigt sich aber schon einer der größten Unterschiede zu Facebook: Es gibt zwar die Möglichkeit, eigene Beiträge nur für Freunde sichtbar zu machen, davon scheinen aber nur wenige Nutzer Gebrauch zu machen. Fast alles ist öffentlich sichtbar. Und man braucht keinen Account, um die Seiten von Nutzern zu sehen. Hat man einen Link oder den Nutzernamen, kann das VK-Profil über Google gefunden werden.
„Ellen“ relativiert ganz offen und leicht zu finden den Holocaust und verklärt Hitler
Neonazi-Selfie auf VK
Hemmungen gibt es trotzdem keine. Auf VK finden sich Rassismus, Antisemitismus, Beleidigungen und alles andere, was das Herz von Wutbürgern so begehrt. Dabei geht es durchaus eine Spur härter zu, als man es auf anderen Netzwerken gewohnt ist. Die Screenshots in diesem Artikel bilden bei weitem nicht das schlimmste ab, was man auf VK finden kann.
Auch dieser Nutzer veröffentlicht unter Klarnamen antisemitische Nazi-Propaganda
Vernetzung im Extremen
Gerade weil Facebook verstärkt gegen Hassrede vorgeht, suchen Rechtspopulisten und Rechtsextreme Alternativen. Dazu gehört zum Beispiel gab.ai, eine amerikanische Seite, die ähnlich wie Twitter funktioniert und als Logo einen Frosch, angelehnt an „Pepe“, dem Maskottchen der Alt-Right-Bewegung, benutzt. Die Nutzerverteilung bei gab.ai und bei VK ist dabei ähnlich. Viele der aktiven Nutzer sind Privatleute, die ihre Meinungen so verbreiten wollen. Daneben gibt es einige bekannte Protagonisten, die mehr oder weniger häufig ihre Präsenzen auf den Facebook-Alternativen bespielen. Dazu gehört zum Beispiel David Berger, der sowohl bei gab.ai als auch auf VK einen Account betreibt. Auch Lutz Bachmann und Pegida sind bei VK angemeldet, allerdings wird hier eher unregelmäßig gepostet. Das gleiche bei der AfD und ihren Vertretern. Offenbar wurden Accounts angelegt, tatsächlich gepostet wird aber selten bis nie. Der letzte Post der AfD ist von 2015.
Die wichtigeren Akteure wie hier David Berger oder im nächsten Screenshot das Verschwörungsheft „Compact“, mögen sich zwar bei ihren eigenen Posts zurückhalten, tolerieren aber offenbar menschenverachtende Kommentare.
Auch der Verfassungsschutz weiß, was auf VK passiert und das Nazi-Propaganda und andere menschenverachtenden Posts hier praktisch nie gelöscht werden. Markus Schäfert, Sprecher des bayerischen Verfassungsschutzes sagte dazu dem Deutschlandfunk: „Bei VK.com stellen wir fest, dass dort so gut wie nichts unternommen wird. Ja, auf VK können die sehr offen sowohl mit rechtsextremistischen Symbolen hantieren, auch mit Hakenkreuz, auch mit SS-Runen. Symbole, die in Deutschland strafbar sind. Sie kommunizieren dort auf eine Art und Weise, die so auf Facebook kaum mehr möglich ist. Aber sie kommunizieren eben szene-intern.“
Der aktuelleste Post der AfD auf VK.
Beatrix von Storch und andere Parteiprominenz der AfD haben sich Seiten auf VK gesichert. Gepflegt werden diese aber offenbar nicht.
Die sonst im Internet sehr aktive rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ ist zwar bei VK präsent, aber nicht aktiv. Das ist der aktuellste Post
Rechts und noch weiter rechts
Auf VK mischen sich Rechtspopulisten mit Rechtsradikalen. Es gibt auf der einen Seite die klassischen „besorgten Bürger“, die mehr oder weniger radikal gegen Geflüchtete, Politiker oder Journalisten hetzen. Das ist sicherlich nicht schön zu lesen, aber am Ende auch nicht so anders, als die Kommentare die auch auf Facebook oder in den Kommentarspalten von Medien gepostet werden. Auf der anderen Seite gibt es aber auch radikale Neonazis und hier mischen sich offenbar die Nationalitäten. Einige der Accounts scheinen zur amerikanischen Alt-Right-Bewegung zu gehören, es gibt russische und deutsche Neonazis, die hier aktiv sind. Diese Gruppe leugnet offen den Holocaust, verhöhnt die Opfer der Shoah, beleidigt nicht-weiße Menschen und Jüdinnen und Juden auf das schlimmste, verehrt Hitler und den Nationalsozialismus und verbreitet knallharte rechtsradikale Propaganda. Dadurch entsteht eine explosive Mischung, an deren Ende gerade für die in diesem Kontext eher gemäßigten „Asylkritiker“, der Diskurs weiter nach rechts verschoben wird. VK könnte zur YouTube-Universität für Besorgtbürger werden, an der sie lernen, dass es noch weitaus radikaler und menschenfeindlicher geht.