Im Mai 2010 berichteten die Ruhrnachrichten, dass Schäfer als hoher Dienstträger auch „Zugang zu Geheimwissen“ gehabt habe. Er sei dienstlich u.a. in die „Terrorismusabwehr in Großstädten“ involviert und „arbeitete mit der Polizei in einem Forschungsprojekt.“ Eine diesbezügliche parlamentarische Anfrage der Grünen wurde von den SPD-Oberen bzw. von der Verwaltung jedoch vom Tisch gewischt. Mario Krüger (Die Grünen) konterte, dies sei „mehr als unbefriedigend.”
„Gegen Krieg, Bombenterror und Vertreibung“
Im Februar 2010 reiste der hohe Beamte mit einer Gruppe Dortmunder im Bus zum geschichtsrevisionistischen „Trauermarsch“ nach Dresden, dort hatten sich 6.400 Teilnehmer unter dem Motto „Gegen Krieg, Bombenterror und Vertreibung“ versammelt. Am 30.4.2010 trat Schäfer dann in Dortmund inmitten von 80 Neonazis aus dem Umfeld der Autonomen Nationalisten auf. Nun hatte Schäfer eine Grenze überschritten: Der Stadtdirektor forderte seine Entlassung, Dortmunds SPD-Chef seinen Parteiausschluss.
Was die SPD-Mitgliedschaft betrifft, hüllt sich die Dortmunder SPD in Schweigen. Auf Presseanfragen antwortete die Dortmunder SPD, dass sie „aus Datenschutzgründen“ nicht mitteilen dürfe, ob und wie lange die öffentliche Person Schäfer Mitglied der SPD war und ob er selbst austrat oder aber ausgeschlossen wurde. Vor Gericht bekundete Schäfer nun, dass er im September 2009 aus der SPD ausgetreten sei. Dies dürfte aber nicht zutreffend sein: Anfang Mai 2010, nach dem Bekanntwerden von Schäfers erneutem Auftritt vor Neonazis (s.o.), hatte der Dortmunder SPD-Chef noch Schäfers Parteiausschluss gefordert.
Sämtliche Kontakte zur rechtsextremen Szene abgebrochen?
Nach dem 30.04.2010 wurde Schäfer binnen Stunden suspendiert. Auf seinem dienstlichen Rechner fanden sich zahlreiche rechtsradikale Materialien. Zuerst wollte man ihn ganz aus dem Dienst entfernen, danach ihn dienstlich herabstufen.
Juristisch misslang dies. Man hätte ihm eindeutig eine verfassungsfeindliche Betätigung und „Gesinnung“ nachweisen müssen. Das Verwaltungsgericht Münster lehnte die Anträge am 19.02.2013 ab. Juristisch war ein eindeutiger Verstoß gegen die „Verfassungstreue“ nicht nachweisbar, auch hatte es sich um formal zugelassene Kundgebungen gehandelt. Nach dem 30.04. bezeichnete Schäfer seine Teilnahme gegenüber der Presse als einen „Fehler“ und als „instinktlos“. Das Gericht konstatierte, dass Schäfer nach dem 30.04.2010 sämtliche Kontakte zur rechtsextremen Szene abgebrochen habe. Veröffentlichungen aus dem Antifa-Spektrum hinterließen einen anderen Eindruck.
In der Presse nahmen die negativen Beiträge zu Schäfer zu. Die Regionalausgabe von Bild titelte am 4.11.2014: „Das ist der teuerste Spaziergänger im Revier“.
Wohl im Juni 2015 kam Schäfer offiziell in den Ruhestand, seitdem trat er immer öfter in der Öffentlichkeit bei Neonazikundgebungen auf. Heute zählt er nach Einschätzung von Szenekennern zu ihrem harten Kern: Im Juni 2016 trat Schäfer als Redner bei der mit 900 Teilnehmer*innen sehr großen Dortmunder Neonazikundgebung zum „Tag der Deutschen Zukunft“ (TddZ) auf. Am 7.1.2017 erschien er bei der Kölner Neonazikundgebung um Jan Fartas und sprach dort von „den Negern“, die man „zwar nicht ersaufen lassen“ wolle, die man danach jedoch unverzüglich an die türkische und an die afrikanische Küste „verbringen“ werde – ein Ausdruck, der sich durchaus als Aufruf zur Deportation werten ließe.
Vor Schäfers Kölner Redebeitrag hatten sich bereits mehrere Redner in Anwesenheit von ca. 150 Polizisten eindeutig zum Nationalsozialismus bekannt. Der Kölner Neonazi Paul Breuer erklärte wörtlich: „Wir Nationalsozialisten werden unsere braunen Finger stets in die eiternden Beulen stecken, die dieses System hervorbringt.“ Dennoch hielt Schäfer seinen Redebeitrag
Der Dortmunder Journalist Marcus Arndt beschreibt Schäfers Rolle so: „Schäfer versteht es durch seine Rhetorik geschickt älteres Publikum anzusprechen und somit auf die rechte Seite zu ziehen. Redner wie Brück, Koch und Krolzig versuchen Jüngere zu erreichen während sich Schäfer um den Rest kümmert.“
Volksverhetzung und Holocaustleugnung
In dieser Zeit nahmen wohl Verfassungsschutz und BND wahr, dass Schäfer in den Jahren von 2011 bis 2013 unter Klarnamen sowie unter einem Pseudonym hunderte fragwürdiger Posts bei der 2016 verbotenen Neonaziwebsite Altermedia gepostet hatte. Deshalb steht er nun wegen Volksverhetzung und Holocaustleugnung vor dem Dortmunder Amtsgericht.
Im Mai 2018 hatte der erste Prozesstag zu mehreren „volksverhetzenden, den Holocaust leugnenden und den Nationalsozialismus verharmlosenden“ Postings stattgefunden. Da diese Schäfer jedoch rechtlich nicht eindeutig zugeordnet werden konnten, wurden diese vorläufig eingestellt.
In der Verhandlung am 05.06. wurden nun sechs weitere Postings Schäfers verhandelt, die dieser 2016 unter Klarnamen veröffentlicht hatte. Zu einem Urteilsspruch kam man jedoch noch nicht.
Der Richter versuchte Schäfer gerecht zu werden. Schäfer sprach ausführlich, mit zunehmend besserer Laune, über seinen Lebensweg hin zum offenen Rechtsradikalismus: Er sei immer politisch aktiv gewesen, früher habe er sich eher der radikalen Linken zugerechnet; selbst die „Rote Hilfe“ erwähnte er als politischen Bezugsrahmen. Heute vertrete er, so sagte er auf Nachfrage des Richters, eher nationale oder rechte Positionen. Schäfer wusste sich fortgesetzt als unschuldiges Opfer zu präsentieren: Mit Linken könne man in Dortmund nicht reden, das „münde immer in Schlägereien“. Nach einem WDR-Fernsehbeitrag, als Reaktion auf eine von ihm angemeldete Neonazidemonstration, sei sein Haus im vorigen Jahr dreimal attackiert worden. Und er wusste einen, unbenannt gebliebenen, Rotarier zu zitieren: „Man will Ihnen unbedingt an die Wäsche!“
In dem WDR-Beitrag – überschrieben mit „Von der SPD zum rechten Hetzer“ – wird Schäfer so, portraitiert: Dieser blase „in der rechten Szene zur Attacke“, hetze „immer wieder gegen das System“ und spreche, unter Anspielung auf die DDR, „von einem Umsturz, der vom Volk ausgehen könnte.“
Fragwürdige Postings
In seinen Posting auf Altermedia und Facebook, wegen derer er angeklagt ist, bezog er sich auf eine Äußerung von „Dr. Josef Göbbels“, dass Menschen eine Lüge glaubten, wenn diese lang genug wiederholt werde. Deshalb sei es „von lebenswichtiger Bedeutung für den Staat, seine gesamte Macht für die Unterdrückung abweichender Meinungen einzusetzen.“ Solche Bezugnahmen auf Goebbels sind bei Schäfer keine Ausrutscher: So hatte dieser im November 2016 bei einer rechtsradikalen Kundgebung in Mönchengladbach in einer Weise an vergleichbare Losungen Goebbels angeknüpft, die die Zuhörer auch als Drohung auffassen konnten. Blick nach Rechts (21.11.2016) brachte zu der Kundgebung diese Redeausschnitte:
„Dortmunds Ex-Feuerwehrchef Klaus Schäfer (…) nutzte die Sturmböen, die an Totensonntag in Teilen NRWs zu starkem Wind führten, um seine Rede zu garnieren. Er erwähnte leicht abgewandelt die durch den NS-Propagandaminister Joseph Goebbels bekannte Losung: ‚Nun Volk, steht auf, und Sturm, brich’ los!‘ Das Volk sei dabei ‚aufzustehen‘ und sei ’nicht mehr aufzuhalten‘, rief Schäfer den ‚Kameraden‘ zu, und warnte zugleich alle, die es wagten, sich den ‚Völkern Europas‘ in den Weg zu stellen: ‚Es könnte […] euer Untergang und euer Verderben werden!'“
Er habe, so versuchte ihm der Richter beim 2. Prozesstag eine Brücke zu bauen, „aber schon an die Grenze geschrieben“. Schäfer hält dagegen: Er verstehe sich vor allem als Satiriker und Wortschöpfer.
In einem anderen Posting hatte er sich auf die inzwischen in Haft sitzende Holocaustleugnerin Haverbeck bezogen: „Eine Märtyrerin“ könne sich „die BRD auf keinen Fall leisten“, denn sonst könnte möglicherweise ein „Kommando Ursula Haverbeck“ die Verantwortung übernehmen. Über Flüchtlinge postete er, dass man „dieses Lumpenpack endlich aus unserem Land“ herausschmeissen solle, „je schneller – desto besser!“
„Sie sollten sich langsam warm anziehen“
Über „die Antifa“ bzw. einen konkreten linken Aktivisten aus Dortmund postete er dass diejenigen, die uns „das Lumpenpack auf den Hals gehetzt“ haben „sich langsam warm anziehen“ sollen. „Das Volk sollte gegen das Lumpenpack vorgehen und die Verursacher nicht vergessen.“ Und er erinnerte im gleichen Gedankengang, mit befremdlich anmutendem Unterton, an die von der RAF ermordeten „Schleyer, Herrhausen, Buback und von Drenkmann“. In einem weiteren Posting hatte er sich über den 2005 von einem Dortmunder Neonazi ermordeten Punker „Schmuddel“ belustigt und dies mit den Morden der RAF und der „Mescalero-Affäre“ (1977) verknüpft. Schäfer triumphierte: Ein Richter habe ihm bestätigt, dass seine Äußerungen strafrechtlich nicht relevant seien, er habe sich jedoch „moralisch daneben benommen.“ Der pensionierte hohe Beamte schien sich in der Rolle des Lausbuben, der halt einmal über die Strenge schlägt, zu gefallen. Ein im Gerichtssaal anwesender führender Dortmunder Neonazi schien hingegen mimisch anzudeuten, dass er an dieser Stelle doch mehr nationalen Bekennermut erwartet hätte.
Befremdlich gute Laune zeigte der Haverbeck-Verehrer, als er sich über die technischen Möglichkeiten der Vergasung in Auschwitz ausließ: 1980 habe er selbst Auschwitz besucht. Nein, er habe bei seinen Postings lediglich, wie auch andere Experten, Zweifel bzgl. der technischen Details und der Zahl der Ermordeten, da stehe er Experten von Yad Yashem doch nahe. Vergasungen mit zehn Personen auf einem Quadratmeter seien technisch gar nicht möglich, das müsse er als international geschätzter Experte einfach feststellen. Deshalb habe er doch eindeutig geschrieben: „Weitere Rückschlüsse werde ich nicht machen.“ Es gäbe immer auch andere Erklärungsmöglichkeiten. Aber die Shoah wolle er keineswegs in Abrede stellen.
In der Verhandlung wurden weitere Facebook-Postings von Schäfer erwähnt. Da man diese technisch jedoch nicht direkt aufrufen konnte wurde die Verhandlung auf den 20.06. vertagt. Dann werde man auch einen Polizeibeamten als Zeugen vorladen.