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Vom Text zur Tat Neue Terror-Publikation angekündigt

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Screenshot von einem Ankündigungsvideo, das die neue Publikation auf „Terrorgram“ bewirbt (Quelle: Screenshot Telegram)

„Ein Werk des Todes und zugleich ein Kunstwerk in Form einer Publikation heißt es in einer Ankündigung auf einem rechtsterroristischen Kanal und in anderen heißt es, es soll „die finale Lösung bereit halten für alle Probleme der heutigen Zeit“. Auch in anderen Gruppen wird die neue „Terrorgram Publikation beworben. Große Töne für ein PDF-Dokument, das den Hass der Szene befeuern und die Gefahr von rechtsterroristischen Anschlägen erhöhen soll. Schon Wochen vor dem Erscheinungsdatum, am 14. Juli, machten Terrorkanäle mit gewohnt martialischer Ästhetik darauf aufmerksam. Auch wenn die Ankündigungen in den meisten Kanälen zu finden sind, scheint das große Echo in den einzelnen Gruppen eher auszubleiben.  „Worum geht es denn?, fragt das Mitglied einer terroraffinen Telegramgruppe. „Keine Ahnung, gibt der Gruppenadministrator zu, „ich habe nur gehört, dass es vom Akzelerationismus handelt. Davon also, den Ausnahmezustand mit Gewalt herbei zu führen. Zumindest darauf lassen die ersten veröffentlichten Seiten des Dokuments bereits schließen. Es geht um gewaltverherrlichende Ästhetik, Anschlägsplanungen gegen kritische Infrastruktur und Mordaufrufe gegenüber Minderheiten. Die Autor*innen sind bisher nicht bekannt. 

Ankündigung der rechtsterroristischen Publikation

Akzelerationismus: dem Kollaps verpflichtet, mit egal welchen Mitteln

Die akzelerationistische Auffassung ist mittlerweile einer der zentralen Motoren der internationalen, digital-affinen, rechtsterroristischen Szene. Der Idee nach sind westliche Demokratien irreparabel zerstört, fremdbestimmt und von feindlichen Ideologien durchsetzt. Durch extreme Gewalttaten ließe sich jedoch der gesellschaftliche Kollaps aktiv beschleunigen, um schließlich auf dem Trümmerfeld der Demokratie eine „weiße Vorherrschaft zu errichten. 

Entfesselte Gewalt als einzige Lösung ist nicht neu in der Szene, die sich viel über den Messengerdienst Telegram vernetzt und dort die Bezeichnung „Terrorgram bekommen hat. Schon der Attentäter von Christchurch, der 51 Menschen in zwei Moscheen ermordete, war ein Verfechter des Akzelerationismus.

Möglicherweise ein „erhöhtes Risiko zur Gewalt“

Trotzdem warnten Beobachter*innen bereits vor der Veröffentlichung. Die Counterterrorism Group (CTG), eine US-amerikanische Organisation, die terroristische Aktivitäten weltweit beobachtet und Behörden und Personen auf potenzielle Gefahren aufmerksam macht, sah sich deshalb zu einer Blitzwarnung veranlasst. Demnach drohe ein „erhöhtes Risiko zur Gewalt infolge der Publikation und ihr Ziel sei „aller Wahrscheinlichkeit nach, Rechtsextreme zu ermutigen, in den Tagen nach dem 14. Juli Terroranschläge zu begehen

Oberstes Ziel: die Verbreitung von Terroraufrufen

Die Journalistin Karolin Schwarz beobachtet die Onlineaktivitäten von Rechtsextremen schon lange. Um die Gefahr richtig einschätzen zu können, hält sie es für wichtig, die Funktionsweise von rechtsterroristischen Online-Subkulturen zu verstehen. Nach wie vor hätten Pamphlete und Videos von Rechtsterroristen einen hohen Stellenwert. Sie werden als „Saints, sogenannte „Heilige, verehrt und dienen anderen als Vorbild für ihre Taten. „Dieser Aspekt des Personenkults fehlt in der anonymen Publikation komplett, so Schwarz. Dennoch will sie die Gefahr nicht kleinreden und geht davon aus, dass sich viele Szenemitglieder die Veröffentlichung herunterladen und verbreiten werden. Am Ende messe sich die Gefahr am Inhalt der Publikation: „Als Indiz können unbekannte Informationen zu Rechtsterroristen oder konkrete Anschlagspläne, die sich von vorherigen Anschlägen ableiten, gewertet werden, gibt Schwarz zu bedenken. Das könnte Nachahmer der Szene mobilisieren und zu Anschlägen motivieren. 

Bereits vor einem Jahr hat es eine ähnliche Publikation in der Terrorgram-Sphäre gegeben. Auch sie war durch und durch akzelerationistisch geprägt, aber größtenteils eine Zusammenfassung dessen, was ohnehin in der Szene bekannt war. Nichtsdestotrotz wird die Publikation immer noch viel verbreitet – und mit ihr die Verehrung von Rechtsterroristen, Anleitungen für Anschläge und tödliche Ideologien. Publikationen sind zumindest ein Weg, die Inhalte gezielt und gebündelt zu präsentieren. Expert*innen und Beobachter*innen merken deshalb immer wieder an, dass es nicht darauf ankommt, wer sie verbreitet und wo, sondern dass das Ziel der Verfasser bereits dann erfüllt ist, wenn es überhaupt zu einer Verbreitung kommt.

„Die angekündigte Publikation ist dem BKA bisher nicht bekannt geworden.“

Dass die Inhalte jedoch das Potenzial besitzen, Menschen zu Anschlägen zu motivieren, steht außer Frage. Das zeigen nicht zuletzt die grausamen Anschläge von Christchurch, Halle oder jüngst der in Buffalo, bei dem zehn Menschen ermordet wurden. Ob auch die deutschen Sicherheitsbehörden die Publikation als mögliche Gefahr im Blick haben, bleibt fraglich. Das Bundesamt für Verfassungsschutz möchte die Anfrage von Belltower.News nicht weiter kommentieren, betont aber, Online-Plattformen wie Telegram genau im Blick zu haben. Das Bundeskriminalamt (BKA) gibt hingegen zu, dass ihnen die angekündigte Publikation nicht bekannt ist. Grundsätzlich geht das BKA jedoch davon aus, dass „derartige Veröffentlichungen durchaus geeignet sein [können], Radikalisierungsprozesse von Personen zu verstärken, die anfällig für Verschwörungstheorien (bspw. „Großer Austausch) sind

Die Herausgeber*innen der anonymen Publikation wissen bereits bestens um die Radikalisierung ihrer Leser*innenschaft. Auf einer bereits veröffentlichten Seite heißt es: „Dieses Dokument ist nicht dafür gedacht, dich zur Aktion zu radikalisieren, weil angenommen wird, dass du bereits an dem Punkt bist. Es richte sich in erster Linie an „Männer, die aktiv werden, und nicht an die Zahlreichen mit leeren Worten und Drohungen.  Ein tödlicher Aufruf von der Szene für die Szene, ein weiterer Wegbereiter für den Rechtsterrorismus. 

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