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Sprache Wann wird Kritik an Migration und Geflüchteten eigentlich rassistisch?

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Wenn unter den Demonstrant*innen in Chemnitz (hier: 01.09.2018) auch welche waren, die nur ohne Rassismus gegen Gewalt protestieren wollten, sind sie leider nicht sichtbar, wenn sie zwischen lautstarken Rassist*innen stehen. (Quelle: BTN/ZA)

 

In Chemnitz gab es mit Sicherheit auch Einwohner_innen, die auf den Demonstrationen der vergangenen Woche Daniel H. gedenken wollten, der zuvor Opfer einer Gewalttat  geworden war. Und dann fanden sie sich in der medialen Darstellung als rassistischer Mob wieder, was sicher zu Frustration führt. Deshalb hier eine kleine Checkliste: Wann wird Kritik an Migration und Geflüchteten rassistisch? Wann werden Sie Teil eines rechtsextremen Mobs?

 

Wann wird Kritik an Migration und Geflüchteten rassistisch?

 

Pauschalisierung: Wenn Sie von einzelnen Menschen ausgehen, um über eine ganze Gruppe zu urteilen.

Sie kennen einen (oder auch zehn) Geflüchtete, die sie etwa respektlos,  frauenfeindlich oder zu laut empfinden? Dies ist kein Grund, davon auszugehen, dass ALLE Geflüchteten so sind – oder sind Sie etwa wie alle Menschen in Ihrer Stadt, geschweige denn Ihrem Land? Also: Erst mal sprechen Sie nicht über „die Geflüchteten“, „die Syrer“, „die Muslime“. Benennen Sie konkrete Probleme konkret – dann können sie auch darüber sprechen und vielleicht sogar Lösungen finden. Wenn es in Ihrem Leben keine konkreten Probleme mit Geflüchteten gibt und Sie ihre Meinung etwa aus Meldungen im Internet oder aus der Boulevard-Presse gebildet haben, bedenken Sie bitte, dass dort überproportional und zum Teil auch absichtlich negative Vorfälle besonders ausführlich berichtet werden, positive Erfahrungen dagegen selten. Im Journalismus nennt man das Prinzip „Bad News are good news“ – Menschen interessieren sich für Probleme grundsätzlich mehr als für Berichte, die sagen, dass alles gut läuft.  Dazu kommen rechtsextreme, rechtspopulistische und rassistische Blogs und „alternative“ Medien, die Sie bewusst mit Katastrophenmeldungen etwa über Geflüchtete versorgen. Das ist bestenfalls einseitig und schlimmstenfalls gelogen. Wenn Sie über Fälle aus Medien sprechen wollen, bleiben Sie ebenfalls konkret: „In Berlin gab es in der letzten Woche einen antisemitischen Angriff auf einen Mann, der eine Kippa trug“, statt „in Berlin finden ständig Angriffe auf Jüdinnen und Juden statt“ (was nicht stimmt)“.

 

Abwertung und Beschimpfung

Wenn Sie rassistische Sprache verwenden, denken andere Menschen, Sie sind ein Rassist oder eine Rassistin. Nehmen Sie dies zur Kenntnis. Sagen Sie nicht: „Ich kenne jemand, der gehört selbst zu der Gruppe und sagt das auch.“ Das ist an dieser Stelle egal, Sie wirken für sich selbst. Wenn Sie Gruppen von Menschen wie Migrant*innen oder Geflüchtete beschimpfen, wirken Sie mindestens unsouverän, schnell aber auch rassistisch. Wenn Sie allen oder einem Großteil der Geflüchteten unterstellen, sie seien zu Unrecht in Deutschland, wirken Sie ebenfalls rassistisch. Das Recht auf Asyl ist ein Grundrecht in Deutschland. Wenn Sie unzufrieden damit sind, wie es in Deutschland umgesetzt wird, dann kritisieren Sie die Regierung, aber unterstellen Sie nicht grundsätzlich Geflüchteten, dass sie kein Recht hätten, in Deutschland zu sein. Wenn Sie Menschen mit Migrationsgeschichte unterstellen, grundsätzlich und niemals „Deutsche“ zu sein oder sein zu können, handeln sie in der Tat rassistisch und müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht an einem friedlichen Zusammenleben aller interessiert zu sein, sondern abwertende Vorurteile über Menschen verschiedener Herkunft oder „Kulturen“ im Kopf zu haben. Wenn Sie Menschen, die anderer Meinung sind als sie, beleidigen, beschimpfen oder gar bedrohen, werden diese ihnen nicht mehr zuhören und sie werden ihre inhaltlichen Punkte nicht bringen können. Zudem stehen Sie als jemand da, der sich nicht an die Spielregeln einer Debatte halten kann.

 

Wann werden Sie Teil eines rechtsextremen Mobs?

Wenn Sie mit Rechtsextremen gemeinsame Sache machen

Sie möchten gegen etwas protestieren, sie möchten einem Opfer gedenken, auf Probleme aufmerksam machen? Machen Sie es ohne Rechtsextreme und am besten auch ohne Rechtspopulist*innen. Schreiben Sie eine Ausschlussklausel für die Veranstaltung. Distanzieren Sie sich öffentlich. Suchen Sie sich fitte Ordner*innen, die lokale Rechtsaußen-Aktivist*innen erkennen und der Veranstaltung verweisen. Sollten doch solche Akteur*innen teilgenommen haben, distanzieren Sie sich hinterher öffentlich. Laufen Sie nicht bei rechtsextremen, rechtspopulistischen oder rassistischen Demonstrationen oder Veranstaltungen mit. Das sieht immer nach Zustimmung aus. Verlassen Sie die Veranstaltungen spätestens, wenn aus der Gruppe Menschen beschimpft oder angegriffen werden, wenn rechtsextreme oder nationalsozialistische Parolen gerufen oder der Hitlergruß gezeigt wird. Wer dann bleibt, legitimiert dieses Handeln.

 

Wie funktioniert Kritik an Migration und Geflüchteten gut?

Wenn Sie lösungsorientiert ist:  Über konkrete Missstände müssen sie sprechen, um sie zu verbessern oder bestenfalls zu lösen. Dies passiert vielerorts in ganz Deutschland auf Bürgerversammlungen oder Bürgergesprächen dort, wo es reale Probleme gibt. Oft mit großen Erfolgen, weil sich so Absprachen treffen oder Bedingungen verändern lassen. Vor allem, wenn miteinander geredet wird, statt übereinander. Wenn Ihre Kritik an die richtige Adresse geht – und das ist oft die Lokal- oder Bundespolitik, aber nicht etwa die Geflüchteten, die mit der Situation umgehen müssen, die sie vorfinden. Dementsprechend werden etwa Eingaben an Politiker*innen oder Leser*innen-Briefe an die Medien oft besser gehört und verstanden als lautstarke Demonstrationen auf der Straße. Wenn Sie bereit sind, nicht nur zu kritisieren, sondern auch andere Meinungen zu hören und darüber nachzudenken.

 

Und wenn Sie das alles nicht wollen?

Wenn Sie aber wütend sind und deshalb gegen Geflüchtete wettern wollen, auch wenn es in ihrem Leben keine konkreten Probleme mit ihnen gibt?  Wenn sie abwerten, beschimpfen und bedrohen wollen, und zwar pauschalisierend und nach biologistischen oder kulturalistischen Kriterien? Wenn Sie nach einer Gewalttat wie in Chemnitz auch mit Rechtsextremen oder Hooligans gemeinsam auf der Straße demonstrieren wollen, weil die für sie mehr Sachen richtig sagen als der Rest der Gesellschaft?

Dann hören Sie auf, sich ungerecht behandelt zu fühlen, wenn man sie einen Rassisten oder eine Rassistin nennt.

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