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Was denkt Pegida online?

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Das Weltbild von "Pegida"-Fans ist nicht sehr schlau und differenziert. Das sieht man zwar auch an den Plakaten, die sie durch die Straßen tragen - aber auch an dem Kommentaren im Internet. (Foto vom Januar 2015). (Quelle: ngn / SR)

Zusammengestellt von Simone Rafael

Die „Süddeutsche Zeitung“ hat die Kommentare auf der Pegida-Facebook-Fanseite seit ihrer Gründung am 28.12.2014 bis zum 31.12.2015 gesammelt,  die Sprachwissenschaftler_innen Susanne Flach und Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin haben aus dem Datensatz eine Stichprobe gezogen und 653 Kommentare analysiert. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, aber inhaltlich interessant und aussagekräftig. Hier die wichtigsten Erkenntnisse in Stichpunkten: 

Pegida auf Facebook

Viraler geht kaum: Die Pegida-Facebook-Fanpage hat aktuell rund 200.000 Fans, davon gewann sie bis Januar 2015 bereits 150.000, gewann im Jahr 2015 „nur“ 50.000 Likes dazu. Diese Anhänger_innen produzieren pro Monat Tausende Kommentare – im Rekordmonat Januar 2015 gab es etwa 76.000 Kommentare von 25.000 Kommentierenden und 84.000 geteilte Inhalte (Shares). Es gab bis zu 4.000 Kommentare am Tag (!). Im September 2015 Höchststand an geteilten Inhalten: 108.000. Besondere Kristallisationspunkte für Aktivität: Hochphase der „Pegida“-Teilnehmer_innen und Berichterstatung (Januar 2015), Flüchtlingskrise ab September 2015 -> vorher sanken die Beteilgungen auf der Pegida-Facebook-Seite; die Flüchtlingskrise gab Pegia neuen Aufwind.  „Pegida“-Chef Lutz Bachmann liebt es auch auf Facebook deftig und abwertend bis zur strafrechtlichen Relevanz („Dreck“, „Gelumpe“, Viehzeug“, „Rapefugees“) – seine Anhänger_innen nicht: Sie verwenden eher neutral-abwertende als rassistische Sprache – zumindest in den gesammelten Kommentaren. Wie viele offen rassistische Beiträge die Administrator_innen der Seite löschen, weiß man nicht.Das hilft ihnen, das Eigenbild aufrecht zu erhalten, sie seien „keine Nazis“, und wirkt für neue Besucher_innen nicht radikal und böse, sondern oft sogar verführerisch logisch – und so, als wäre Pegida doch „nicht so schlimm“.Pegida kritisiert und stellt Forderungen auf, hat aber keine Interesse am Austausch von Argumenten, schon gar nicht mit Andersdenkenden -> deren Meinungen werden schlicht gelöscht.  

Worüber schreiben die Pegida-Anhänger_innen am liebsten? 

In Worten kommen „Deutschland“ und „Pegida“ am meisten vor; ab Mitte des Jahres Angela Merkel (hier gern „IM Erika“) und Flüchtlinge.Thematisch sprechen sie über: 1. Pegida und ihre Gegner, 2. Politik der etablierten Parteien, 3. Flüchtlinge und Migrant_innen, 4. Islam, 5. Medien, 6. Welterklärungen, 7. Zukunftserwartungen, 8. Meinungsfreiheit, 9. Vorgehen anderer Länder. 

Das Weltbild von Pegida

eine „Islamisierung“ Deutschlands oder Europas stehe bevor oder sei schon im Gange (gemeint ist ein „Umbau“ in ein islamisches Staats- oder Gesellschaftswesen)Die „Islamisierung“ werde von Staaten aus dem arabischen Raum oder nicht näher benannten „Mächten“ betrieben.Deutsche und europäische Regierungen und Medien unterstützten sie.Flüchtlinge seien das „Werkzeug“ der „Islamisierung“, sie sollten Deutsche verdrängen oder als Kämpfer an der Vernichtung mitarbeiten.Einzige Lösung: Ausweisung aller muslimischen Flüchtlinge und/oder Migrant_innen.Pegida will/soll den Volksaufstand gegen diese Politik anführen.Pegida sieht sich als Bewegung des „wahren Willens des Volkes“.Pegida-Anhänger_innen distanzieren sich gern und oft davon, „Nazis“ zu sein. 

Pegida und Gegner_innen

Gegner_innen sind für Pegida-Fans Menschen, die durch ihre Naivität  der „Islamisierung“ Vorschub leisten – oder sie absichtlich betreiben.Das sind 1. „Gutmenschen“, 2. „Antifa“, außerdem Polizei, Prominente, Politik und Presse. 

Pegida und Geflüchtete

Die Wörter Flüchtlinge, Migranten und Muslime werden nicht nur verallgemeinernd, sondern als Synonyme genutzt. So werden Menschen, die so beschrieben werden, als homogene, nicht zu unterscheidende Gruppe dargestellt, die ein Feindbild ist.Alle Aussagen über diese „Gruppe“ sind ablehnend, delegitimierend und voller Schuldzuweisungen.Allerdings geht nur eine Minderheit der Kommentare (die nicht von Admins gelöscht wurden) so weit, Hassrede im Sinne von Entmenschlichung oder Vernichtungswünschen zu betreiben.Warum so feindlich gegen Flüchtlinge?Flüchtlinge hätten keinen Grund, nach Deutschland zu kommen.Sie seine sogear Teil einer „Invasionsmacht“, die Deutschland (oder Europa) erobern und „islamisieren“ wolle.Die Flüchtlingspolitik sei „Verrat am Volk“, die Bundesregierung zuminest „volksfern“, wenn nicht „diktatorisch“.Dass es unter Geflüchteten verschiedene Religionsgruppen gibt, wird in der Logik von Pegida ignoriert: Alles Muslime! und als solche für Pegida-Anhänger_innen „gewalttätig, terroraffin und menschenverachtend“Flüchtlinge sind bei Pegida also eine Gruppe, vor der man Angst haben muss – das rechtsfertigt für die Wutbürger_innen Bürgerwehren oder Angriffe auf Flüchtlingsheime.Jedes Ereignis wird genutzt, um das Feindbild zu stützen. 

Was meint der Pegida-Fans über Flüchtlinge zu wissen?

Sie werden angeblich bevorzugt in der Versorgung (Wohnungen, Geld, kostenloses W-Lan), Deutsche müssen sie „bedienen“.Sie werden angeblich bevorzugt von Behörden bei Fehlverhalten (z.B. Kriminalität) doer weil auf „ihre Religion“ Rücksicht genommen werde (z.B. Frauenschwimmtage).Sie hätten keinen wirklichen Grund zu fliehen.Sie sind nicht wirklich arm.Sie kommen nur wegen kostenloser Versorgung.Es mangelt ihnen an Dankbarkeit.Sie sind pauschal eine Gefahr (Gewalt, Vergewaltigung, aber auch Betrug, Diebstahl, Drogenbesitz).Sie seien faul, primitiv, ungebildet.Sie seien nicht integrierbar, z.B. wegen „Hass auf Christen“.Neben neutralen und rassistschen Bezeichungen nutzen Pegida-Fans gern Wörter, die durch ironische Verwendung herabwürdigend werden: „Fachkräfte“, „Touristen“, „Kulturbereicherer“. 

Wie sollten Flüchtlinge aus Sicht der Pegida-Fans behandelt werden?

Sie sollen abgeschoben werden (meiste Zustimmung).Sie sollen von vorn herein ferngehalten werden.Kontakt zu ihnen soll man meiden.Wenig, aber vorhandene Hassrede: Es wird der Tod gewünscht, sie sollen ins Arbeitslager gesteckt werden, sie sollen gezwungen werden, Schweinefleisch zu essen.Vereinzelt wird vorgeschlagen, selbst auszuwandern oder Selbstmord zu begehen. 

Pegida und die Medien

Medien und Journalist_innen sind ein Feindbild.Sie berichten in den Augen von Pegida-Fans falsch über Pegida.Auch allgemein wird ihnen von Pegida-Anhänger_innen vorgeworfen, es mangele ihnen an Glaubwürdigkeit – auch, weil sie unter „staatlicher Kontrolle“ stünen.Trotzdem werden sie gern zitiert, wenn ihre Meldungen das eigene Weltbild stärken.Neben etablierten Medien wird gern aus rechtspopulistischen und verschwörungsideologischen Quellen zitiert – unter den Top Ten der meistverlinkten Informationsquellen bei Pegida-Fans sind „Politikversagen“ (Platz 3), die „Junge Freiheit“ (Platz 8) und Epochtimes (Platz 10) (Platz 1 und 2 übrigens: Focus.de und Welt.de) 

Zukunftserwartungen von Pegida-Fans

Der Untergang steht bevor („Deutschland schafft sich ab“ etc.)Die „Islamisierung“ steht bevor (oder ist schon da)Der Terrorismus in Deutschland werde ansteigen.Die „Überfremdung“ werde ansteigen. 

Welterklärungen von Pegida-Fans

Alle Welterklärungen der Pegida-Fans sind grundsätzlich Verschwörungsideologien.Am beliebteten die Idee der „islamischen Invasion“, dass also mit Hilfe der Flüchtlinge Europa islamisiert wird, von ominösen „arabischen Mächten“ oder von den europäischen Regierungen selbst.Nur einen kleinen Teil machen „traditionelle“ Verschwörungsideologien aus: Die Flüchtlingskreise folge einem „Plan der USA“, es seien „Mächte“ am Werk, die mit der Flüchtlingssituation von „ihre“ Plänen ablenken, die BRD sei eine „Diktatur“ und die Flüchtlinge Teil eines unbekannten Plans der Regierung oder Teil eines Plans der Wirtschaft zur Sicherung ihrer Macht. Nur ein Kommentar wähnt eine explizite „jüdische Weltverschwörung“ am Werk.

 

Quelle dieser Aussagen:

| Die Studie „Auswertungen von Userkommentaren auf der offiziellen Facebook-SEite von Pegida, Januar bis Dezember 2016“ von Susanne Flach und Anatol Stefanowitsch als PDF

Pegida auf Facebook: Hetze im Sekundentakt (Süddeutsche Zeitung)

| Das gefährliche Weltbild von Pegida (Süddeutsche Zeitung)

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