In manchen Regionen Deutschlands, gerade da, wo kaum Muslime und Musliminnen leben, sagt die Mehrheit, dass der Islam einen zu großen Einfluss in Deutschland hat und dass in ihrer Nähe »zu viele Muslime« wohnen. Viele Menschen verbinden den Islam mit Gewalt, Terrorismus und Rückständigkeit. Menschen, die als muslimisch gesehen werden, gelten in Deutschland fast automatisch als ausländisch. All diese Annahmen stützen sich auf falsche Informationen und Vorurteile. Die »gefühlte Bedrohung« von »zu vielen Muslimen« und »zu viel Islam« hat mit wirklichen Zahlen und Gefahren nichts zu tun. Es gibt viele Regionen, in denen Muslime weniger als 1 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Dass eine winzige oder nicht-vorhandene Minderheit als zu zahlreich empfunden wird, macht klar, dass es nicht um reale Fakten geht. Der Islam ist eine Religion, wie auch Buddhismus, Christentum, Judentum oder Hinduismus. Menschen, die den Islam praktizieren, werden Muslime und Musliminnen genannt. Die Religionszugehörigkeit sagt nichts über die Staatsangehörigkeit einer Person aus und nicht unbedingt etwas über ihre kulturellen, politischen oder persönlichen Überzeugungen. Nicht alle Menschen aus muslimischen Familien sind religiös und nicht alle religiösen Menschen haben die gleichen Einstellungen. Beispiele von Gewalt, Terror und Rückständigkeit gibt es unter dem Banner aller Weltreligionen und auch basierend auf nicht-religiösen Anschauungen. Nicht eine bestimmte Religion ist rückständig oder gewaltbereit, sondern einzelne Menschen oder Gruppen, die anderen Menschen das Recht absprechen, anders zu sein, als sie selbst. Manchmal verüben Menschen, die sich als Muslime sehen, Terrorakte. Wenn das passiert, wird oft die ganze Religion und die Gesamtheit der Muslime verurteilt. Das ist antimuslimischer Rassismus. Denn denk einmal an Terrorakte von Christen – wie zum Beispiel im Nordirlandkonflikt. Die führen nicht dazu, dass alle Christen unter Terrorverdacht stehen.
Benennen.
Es gibt unterschiedliche Namen für die feindselige Haltung gegenüber Menschen, die sich als muslimisch verstehen und gegenüber islamischen Religionen. Islamophobie ist ein gängiger Name, der auf eine unbestimmte, persönliche Angst hindeutet. Die Ablehnung des Islam und die Ausgrenzung und Anfeindung gegenüber Musliminnen und Muslimen ist aber nicht eine persönliche Geschmacksfrage oder Furcht, sondern eine Form von Rassismus. »Antimuslimischer Rassismus« ist darum ein geeigneterer Begriff als »Islamophobie«. Diese Art von Rassismus vermittelt ein Bild von muslimischen Menschen und muslimischen Kulturen als rückwärtsgewandt. Menschen, die auf diese Weise rassistisch denken, nutzen ein negatives Bild von einem Islam, um sich selbst als vernünftig, demokratisch und aufgeklärt zu zeigen. Dabei ist es kein bisschen demokratisch oder vernünftig, von anderen in Stereotypen zu denken. Der antimuslimische Rassismus macht aus sehr unterschiedlichen kulturellen, politischen und religiösen Haltungen einen Islam, der als fanatisch, veraltet und gefährlich dargestellt wird. Es ist antimuslimischer Rassismus, wenn Menschen ihre Individualität und eigenständiges Denken nicht zugestanden wird, weil sie dem Islam angehören. Zum Beispiel tragen nicht alle muslimischen Frauen ein Kopftuch. Wenn eine muslimische Frau ein Kopftuch trägt, heißt es nicht automatisch, dass sie unterdrückt wird. Und auch nicht, dass sie nicht selber denkt. Dass muslimische Menschen in Deutschland als »Ausländer« behandelt werden, macht den Widerspruch im Selbstbild vieler Deutscher deutlich: Die Mehrheit der Deutschen versteht sich als modern, demokratisch und aufgeklärt, betrachtet aber, nach antiquiertem Muster, nur Menschen mit christlichen Vorfahren als »echte« Deutsche.Häufig versteckt sich antimuslimischer Rassismus unter dem Deckmantel der Islamkritik. Natürlich darf man den Islam kritisieren. Aber eine berechtigte Kritik basiert auf Information und nicht auf Vorurteilen. Vertreter des antimuslimischen Rassismus messen außerdem den Islam mit anderen Maßstäben als andere Religionen. Ihr Ziel ist es, Muslime auszugrenzen und damit ein vermeintlich einfaches »Feindbild« für gesellschaftliche Probleme zu präsentieren – und nicht, zu einem gleichberechtigten Zusammenleben aller Menschen zu gelangen.
Verändern!
Falls du vom antimuslimischen Rassismus betroffen bist, kannst du dich zum Beispiel an das Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg (www.adnb.de) wenden, das allen Menschen hilft, unabhängig von der Herkunft. Hier wird dir auch geholfen, Organisationen in deiner Region zu finden, die Ähnliches anbieten. Falls du dich mit dem Islam nicht auskennst und solchen Vorurteilen und Beschimpfungen etwas entgegensetzen möchtest, kannst du dich über die Religion informieren ebenso wie über unterschiedliche Kulturen, die vom Islam geprägt sind. Wenn Menschen sich als »aufgeklärte Europäer« gegen »fanatische Muslime« beschreiben, kannst du sie daran erinnern, dass es im »aufgeklärten«, christlich-geprägten Europa vor nicht allzu langer Zeit zu einer der fanatischsten, schrecklichsten Taten der Geschichte gekommen ist: dem Massenmord an den europäischen Juden im Nationalsozialismus. Wichtig ist, dich von Unterschieden nicht zu sehr beeindrucken oder einschüchtern zu lassen. Das heißt, Menschen, die anders heißen als du, anders aussehen, kleiden, glauben, essen oder lieben, sind nicht in ihrem Wesen anders als du und haben die gleichen Rechte wie du. Respektiere sie, sei fair zu anderen und zu dir selbst. Damit leistest du schon einen Beitrag zu einem gerechteren, angenehmeren Umgang in der Gesellschaft. Der antimuslimische Rassismus ist mit anderen Formen von Rassismus verknüpft, wie auch mit Antisemitismus, Sexismus und weiteren Formen der Abwertung von gesellschaftlichen Gruppen. Zum Beispiel: die Vorstellung, nur Menschen mit einem christlichen Familienhintergrund seien deutsch, schließt auch Juden und Jüdinnen aus. Eine solche Vorstellung geht oft einher mit der Annahme, nur weiße Menschen seien deutsch, was die Existenz von zum Beispiel Schwarzen Deutschen leugnet.Die Flyer in dieser Reihe der Amadeu Antonio Stiftung enthalten Informationen zu weiteren Ausschlussmechanismen, die wie der antimuslimische Rassismus die Demokratie beschädigen. Die Stiftung unterstützt dich, wenn du dich für mehr Demokratie engagieren willst. ERKENNEN. BENENNEN. VERÄNDERN!ist eine Flyerserie der Amadeu Antonio Stiftung und greift verschiedene Elemente Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auf. Es gibt Flyer zu : Antimuslimischer Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen, Heterosexismus, Nationalismus, Rassismus und Sexismus. Die Flyerreihe entstand im Projekt „Living Equality„. Mehr auf netz-gegen-nazis.de: | Weitere Flyer der Reihe „Living Equality“| Was ist Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit?