Eine Flyerreihe der Amadeu Antonio Stiftung erklärt Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit: Was ist Lookismus? Wie erkenne wir ihn? Was können wir tun?
Was ist das?
Diskutierst du manchmal im Internet? Wenn du dich dabei mit einem Gegenüber auseinandersetzt und dem- oder derjenigen die Argumente ausgehen, folgt oft eine Beschimpfung aufgrund des Aussehens, um den andern zum Schweigen zu bringen: »Hey, du bist so … (hässlich, fett, abgewrackt o.ä.)«. Bei Frauen wird diese Form der Beschimpfung noch öfter an-gewandt als bei Männern – in der Annahme, dass es sie härter trifft, weil »Schönheit« vielen Mädchen seit Kindheitstagen immer noch als Wert vermittelt wird (➜ Sexismus). Doch Männer werden ebenfalls nach Schemata von Attraktivität unterschiedlich behandelt. Aber auch, wenn jemand sagt: »Die Nazis auf dieser Demonstration sind so fett und hässlich wie ihre Ideologie«, ist das Lookismus. Dabei gibt es bei Rechtsextremen wirklich genug inhaltliche Dinge zu kritisieren. Die Abwertung aufgrund von Aussehen nennt man »Lookismus« (von englisch look = Aussehen). Gesellschaftlich ist diese Diskriminierungsform weit verbreitet: Lästereien über das Aussehen von anderen gibt es in allen Lebensbereichen und unter verschiedensten Vorzeichen. Doch es verletzt uns alle, wenn wir merken, dass wir nicht nach dem beurteilt werden, was wir tun und denken, sondern danach, wie wir aussehen. Kommt es dabei zu einer Abwertung oder handfester Diskriminierung, sprechen wir von Lookismus.
Wie erkenne ich das?
Was als »schön« gilt, ist ein gesellschaftliches Konstrukt und ständigem Wandel unterworfen. Welches Aussehen aktuell attraktiv wirkt, vermitteln etwa Werbung, Fernsehen und Kino, Models oder Musikgruppen. Problematisch wird es, wenn die äußere Erscheinung als Ausdruck des Wertes angesehen werden, wenn also der Hintergedanke ist, als »schön« bezeichnete Menschen wären mehr wert als andere und es sei somit völlig verständlich, dass sie mehr Vorteile im Leben haben. Deutliche Folgen hat Lookismus in der Arbeitswelt, wie zahlreiche Studien belegen: Bewerber*innen, die als »schön« gelten, werden auch bei schlechterer Qualifikation bevorzugt. Bei Männern hat die Körpergröße Einfluss auf das Gehalt. Junge Akademikerinnen spielen andererseits gutes Aussehen herunter, weil sie es als Karriere-Nachteil empfinden, der der Ernsthaftigkeit ihrer Arbeit entgegensteht. Denn Ab-wertungen über Äußerlichkeiten gibt es in viele Rich-tungen: Dazu gehört nicht nur die Verachtung von Menschen, die nicht den geltenden Schönheitsnormen entsprechen, sondern z.B. ebenso die Vorstellung, attraktive Menschen seien dumm.Und manchmal wird Lookismus auch gegen Personen angewendet, die aktuellen Vorstellungen von Attraktivität durchaus entsprechen – einfach, weil die Abwertung anhand äußerer Merkmale eine sehr treffende und verletzende Beleidigung ist in einer Welt, die »Schönheit« einen großen Wert bei-misst. Das sehen wir an der boomenden Kosmetik- und Modeindustrie, aber auch an den steigen-den Zahlen von Schönheitsoperationen. Eng ist Lookismus mit anderen Formen der Gruppenbe-zogenen Menschenfeindlichkeit verknüpft, etwa ➜ Rassismus, ➜ Sexismus, ➜ Ageismus (Diskriminierung aufgrund des Alters) oder ➜ Feindlichkeit gegen Menschen mit Behinderungen.
Was kann ich dagegen tun?
Alles beginnt damit, Lookismus als Problem überhaupt anzuerkennen und die Be- und Abwertung von Menschen aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes nicht etwa mit Erklärungsversuchen als »natürlich« und »automatisch« darzustellen. Das fällt manchmal schwer, weil wir alle an der einen oder anderen Stelle lookistisch über Menschen urteilen und es eine besondere Herausforderung ist, Schwierigkeiten zu bearbeiten, die wir auch an uns selbst bemerken. Trotzdem ist das der erste, wichtige Schritt: selbst damit aufzuhören, Menschen aufgrund ihres Aussehens abzuwerten, und darauf hinzuweisen, wenn andere es tun. Wer die Politik einer Politikerin nicht mag, kann sie kritisieren – aber das gelingt nicht zielführend, indem man sich über ihr Aussehen lustig macht. Wenn dir das Video einer Bloggerin nicht gefällt, kritisiere es inhaltlich und schreibe nicht »Wie XY schon aussieht …«Manchmal hilft es, sich von Äußerlichkeiten ganz praktisch zu befreien. In der Arbeitswelt wenden immer mehr Firmen ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren an: Wenn Personalverantwortliche kein Foto der Bewerber*innen bekommen, ent-scheiden sie zumindest in der ersten Runde nur nach Qualifikation der Bewerbungen und nicht nach dem Aussehen.
Weitere Informationen:
- Blog zu Lookismus: www.lookism.info
- Podcast zu Lookismus: https://lila-podcast.de/tag/lookismus
- Buch von Lea Schmid »Lookismus: Normierte Körper – Diskriminierende Mechanismen – (Self-)Empowerment«, Unrast Verlag, 2017
Dieser Flyer ist Teil einer Reihe, die unterschiedliche Formen der Abwertung bestimmter Gruppen in der Gesellschaft erklärt. Wenn wir uns für Gleichwertigkeit, gegen Diskriminierung einsetzen, gilt das für alle ohne Ausnahme. Auch wenn wir nicht wissen, ob direkt Betroffene anwesend sind. Wichtig dabei ist: Wer selbst diskriminiert wird, ist nicht davor geschützt, seinerseits andere abzuwerten.
Die Flyer und weitere Informationen erhältst du auf www.amadeu-antonio-stiftung.de/themenflyer-zu-gruppenbezogener-menschenfeindlichkeit/. Die Amadeu Antonio Stiftung kann dir auch helfen, dich gegen andere Formen von Diskriminierung und Gewalt zu wehren und zu engagieren.
Der Flyer zum Download: Lookismus
Alle Flyer der Reihe:
- Abwertung von Menschen mit Behinderungen
- Altersdiskriminierung
- Antisemitismus
- Antimuslimischer Rassismus
- Diskriminerung aufgrund sozialer Herkunft
- Feindlichkeit gegen Obdachlose
- Feindschaft gegenüber geflüchteten Menschen
- Homo- und Transfeindlichkeit
- Lookismus
- Rassismus
- Rassismus gegen Sinti und Roma
- Sexismus