Alle Menschen sind gleichwertig. Das beginnt mit gleichen Rechten für alle. Leider gehört es trotzdem zum Alltag für viele, mit Diskriminierungen konfrontiert zu werden. Eine gedachte oder praktizierte Abwertung von Menschen aufgrund ihres Äußeren, wegen des Namens, ihrer (vermeintlichen) Kultur oder Religion nennt man Rassismus. Wenn wir Menschen nach äußerlichen oder (vermeintlichen) kulturellen Merkmalen einteilen und die »anderen« als weniger wert oder weniger gut als »uns« einstufen, dann denken wir rassistisch. Rassismus drückt sich in Gedanken, Worten und Handlungen aus. In etlichen Gegenden in Deutschland sind nicht-weiße Menschen – jene, die als nichtdeutsch angesehen werden – sogar in Gefahr, angepöbelt oder gewalttätig angegriffen zu werden, völlig unabhängig davon, ob sie einen deutschen Pass haben oder ob bereits ihre Uroma in Deutschland lebte. Dabei spielen oft Vorurteile und Zuschreibungen eine Rolle, die über eine Gruppe gemacht werden. Wenn wir Menschen nicht danach beurteilen, was sie persönlich tun, sondern sie als Teil einer Gruppe abwerten, weil sie aus einem bestimmten Land kommen oder einen Akzent haben oder eine andere Hautfarbe, dann ist das Rassismus.
Rassismus ist nicht angeboren. Die Idee, Menschen in sogenannte »Rassen« einzuteilen und diese in eine Rangordnung zu sortieren, ist menschengemacht. Sehr stark zeigte sich dies während der Kolonisierung im 16. Jahrhundert, als Menschen aus Afrika versklavt wurden. Die Europäer*innen rechtfertigten dies und die Ausbeutung des afrikanischen Kontinents mit rassistischem Denken. Auch die Nazis wollten die Welt nach rassistischen Ideen neu ordnen. Dafür organisierten sie Massen- und Völkermord.
Weil Rassismus so praktisch war, um zu begründen, warum einige mehr Zugang zu Ressourcen haben sollen als andere, wurde lange versucht, ihn als »legitim«oder »natürlich«darzustellen. Auch die Wissenschaft machte da keine Ausnahme: Sie behauptete jahrhundertelang, es gäbe menschliche »Rassen« und tatsächlich Rangordnungen, also »bessere«und »schlechtere«»Rassen«. Das ist Unsinn und längst widerlegt, doch der Glaube daran hält sich weiterhin hartnäckig. Rassismus ist Teil eines größeren Problems: der Abwertung anderer Menschen, um sich selber aufzuwerten.
Wie erkenne ich das?
Offenen Rassismus findet man heutzutage seltener, weil er nicht ins Weltbild einer toleranten, modernen Gesellschaft passt. Das heißt aber nicht, dass es ihn nicht noch immer an vielen Stellen gibt. Manchmal wird einfach ein anderer Name für rassistische Einstellungen benutzt, wie z.B. »Ausländerfeindlichkeit«. Das ist problematisch, denn die Anfeindungen passieren ja nicht, weil jemand aus dem Ausland kommt oder diesen oder jenen Pass besitzt, sondern weil er nach rassistischen Kriterien wie etwa der Hautfarbe beurteilt wird. Deshalb trifft Rassismus auch nicht nur Menschen, die nach Deutschland eingewandert sind, sondern genauso Menschen, die hier geboren sind, also nicht-weiße Deutsche.
Selbst Rechtspopulist*innen treten heutzutage manch mal nicht mehr offen rassistisch auf und sprechen z.B. von »Ethnopluralismus«. Da ist nicht mehr von »Rassen« die Rede, sondern von »Völkern«, »Ethnien« oder »Kulturen«, die aber mit einem Lebensraum verbunden werden und sich keinesfalls mischen sollen. Das klingt erstmal freundlicher als das eindeutig rassistische »Deutschland den Deutschen« – meint aber dasselbe. Ein vielfältiges Miteinander, gegenseitige Inspiration und Migration werden dabei als schlecht angesehen. Hier wird nur der Begriff »Rasse« durch »Kultur« oder »Volk« ausgetauscht. Rassist*innen meinen, am Aussehen anderer erkennen zu können, wie sie sind und ob sie sich zugehörig oder fremd in einer Gesellschaft fühlen sollen, und leiten daraus ihr abwertendes, distanziertes oder feindseliges Handeln ab. Häufig wird dies mit ➜ Sexismus, ➜ Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft oder anderen Abwertungen verknüpft, wie bei Stereotypen über muslimische Frauen oder vermeintlich »positive« Vorurteile über sportliche schwarze Männer. In Deutschland schafft der Rassismus vielfältige Privilegien für weiße Deutsche, weil diese sich und ihre Herkunft nicht erklären oder rechtfertigen müssen und sich als »normal« verstehen dürfen – und natürlich: weil sie keinen Rassismus erleben. Rassismus findest du offen oder versteckt in Talkshows, Nachrichten oder in der Zeitung, wenn über Menschengruppen herablassend gesprochen und geschrieben wird; bei der Wohnungs- und Ausbildungsplatzsuche, wenn Menschen mit deutsch klingendem Namen viel wahrscheinlicher einen Platz bekommen als andere; in Kinderbüchern, auf dem Schulhof oder auch auf Facebook und Instagram in rassistischen Memes.
Was kann ich dagegen tun?
Rassismus ist ohne Frage ein Problem für Menschen, die diskriminiert, bedroht oder angegriffen werden. Er ist aber auch ein Problem für die, die keine Benachteiligung erfahren, denn er zeigt, wie viele Menschen in Deutschland nicht von der Gleichwertigkeit aller ausgehen. Was können wir dagegen tun?
Zuerst müssen wir lernen, Rassismus in seinen struktu rellen, alltäglichen und gewalttätigen Formen zu erkennen. Es hilft zu überlegen: Wie teile ich selbst Menschen in Gruppen ein und warum? Wann verwende ich Worte, die andere – vielleicht, ohne dass ich es will – verletzen und ausgrenzen? Wenn ich andere frage: »Wo kommst du her? Also ich meine, wo kommst du wirklich her?«, dann signalisiere ich: »Du bist anders. Du gehörst hier eigentlich nicht hin.« Wenn wir Rassismus erkennen, ist es wichtig, ihn beim Namen zu nennen – und uns dagegen zu wehren. Es gibt viele Vereine, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte, gegen rassistische Diskriminierung und Gewalt engagieren. Dort lernst du mehr über das Problem und den Umgang mit Rassismus. Es gibt auch Vereine, wo du andere Menschen kennenlernen kannst, die in Deutschland rassistische Erfahrungen machen. Darüber im Austausch zu bleiben, hilft im Umgang mit rassistischen Situationen.
Weitere Informationen
■■ Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V.: http://verband-brg.de/
■■ Opferfonds CURA für Betroffene rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalt: www.opferfonds-cura.de
■■ Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V.: http://isdonline.de
■■ Each One Teach One (EOTO) e.V.: www.eoto-archiv.de
■■ Materialien für rassismuskritisches Denken und Handeln: www.mangoes-and-bullets.org
■■ Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage: https://courageshop.schule-ohne-rassismus.org/publikationen/themenhefte/2/themenheft-rassismus.-erkennen-und-bekaempfen
Dieser Flyer ist Teil einer Reihe, die unterschiedliche Formen der Abwertung bestimmter Gruppen in der Gesellschaft erklärt. Wenn wir uns für Gleichwertigkeit, gegen Diskriminierung einsetzen, gilt das für alle ohne Ausnahme. Auch wenn wir nicht wissen, ob direkt Betroffene anwesend sind. Wichtig dabei ist: Wer selbst diskriminiert wird, ist nicht davor geschützt, seinerseits andere abzuwerten.
Die Flyer und weitere Informationen erhältst du auf www.amadeu-antonio-stiftung.de/themenflyer-zu-gruppenbezogener-menschenfeindlichkeit/. Die Amadeu Antonio Stiftung kann dir auch helfen, dich gegen andere Formen von Diskriminierung und Gewalt zu wehren und zu engagieren.
Der Flyer zum Download: Rassismus
Alle Flyer der Reihe:
- Abwertung von Menschen mit Behinderungen
- Altersdiskriminierung
- Antisemitismus
- Antimuslimischer Rassismus
- Diskriminerung aufgrund sozialer Herkunft
- Feindlichkeit gegen Obdachlose
- Feindschaft gegenüber geflüchteten Menschen
- Homo- und Transfeindlichkeit
- Lookismus
- Rassismus
- Rassismus gegen Sinti und Roma
- Sexismus