So beschreibt die australische Blood & Honour-Sektion auf ihrer Homepage so genannte ?White Power Musik? als verbindendes Element der weißen Rasse und führt weiter aus: ?WP-Musik verleiht uns Inspiration und Hoffnung. (…) WP-Musik erreicht die-jenigen die sich uns anschließen und hilft ihnen, ihren Platz in unseren Reihen zu finden? Von dem wirtschaftlichen Erfolg des Rechtsrockbooms wollte die Szene aber auch selbst profitieren. Das Blood & Honour-Netzwerk war dafür der optimale Überbau, da man faktisch ein Monopol auf rechtsextreme Musik besaß und man daher auch hohe finanzielle Forderungen an die Plattenproduzenten und ?vertriebe stellen konnte. Wer mit der Musik von Blood & Honour-Bands Geld verdienen wollte, musste einen Teil der Gewinne an die Organisation abführen. Der deutsche Musikverleger Herbert Egolt beispielsweise zahlte monatlich mehrere hundert englische Pfund an Ian Stuart Donaldson und durfte dafür alle bekannten B&H-Bands exklusiv produzieren und vermarkten. B&H organisierte professionell Konzerte, bewarb die Musik in eigenen Publikationen und übernahm auch zum Teil den Vertrieb von illegalen Platten.
Blood & Honour Deutschland unterhielt seit 1993 pro forma sein Hauptquartier in Dänemark und eine Postfachadresse bei der Nationalen Liste der Hamburger Christian Worch und Torben Klebe. Von dort aus organisierten die deutschen Neonazis das Geschäft mit der Musik und erarbeiteten sich, ohne als Organisation selbst in Erscheinung zu treten, einen ?guten Ruf? innerhalb der Szene, besonders, was die Professionalität der Organisation von illegalen Konzerten anging, 1994 wurde dem Netzwerk in Berlin ein organisatorischer Überbau gegeben, vorwiegend Skinheads aus ?Ostdeutschland? gründeten die deutsche Muttersektion. Durch die internen Machtkämpfe innerhalb von B&H nach dem Tod von Ian Stuart Donaldson sank zwar der Einfluss von B&H kurzfristig, 1995/96 fand B&H zu seiner alten Stärke zurück, konnte in den folgenden Jahren sogar expandieren, jedoch nun viel stärker in Deutschland, als im Mutterland England. Hier wird die Entwicklung bis heute durch die Übernahme(versuche) von Combat 18 auf B&H gelähmt.
Blood & Honour baute in der Folge des oben beschriebenen Booms mit der sogenann-ten ?Versorgungslinie Nord? ein Netzwerk auf, mit dem die gestiegene Nachfrage nach Musik mit offen rechtsextremen Texten abgedeckt und enorme Gewinne erwirtschaftet werden konnten, die aber aufgrund der verdeckten und zum Teil im Ausland ansässigen Struktur vor dem Zugriff der deutschen Strafverfolgungsbehörden weitgehend geschützt war.
Eine besondere Schlüsselrolle in dieser Struktur fiel dabei B&H Scandinavia zu, welche bereits Anfang der 90er Jahre eng mit politischen Gruppen wie der Dänischen Nationalsozialistischen Bewegung (DNSB) oder dem schwedischen Weißen Arischen Widerstand (VAM) verbunden war und über eine, für damalige deutsche Verhältnisse hervorragende Infrastruktur verfügte. So betrieb der DNSB an der deutschen Grenze einen eigenen Radio-Sender (Radio Oasen) und verfügte über einen gut funktionierenden CD-Versand, den heute direkt in B&H Scandinavia aufgegangenen NS88 des Deutsch-Dänen Marcel Schilf. Schätzungen zufolge belieferte Schilf bis zu 10.000 Kunden in ganz Europa mit dem härtesten Material an faschistischer Musik.
Die rechtsextremen CDs wurden in unterschiedlichen Tonstudios in Deutschland, aber auch in den USA oder in Westeuropa eingespielt. Die Masterbänder gelangten nach Osteuropa oder Asien, wo sie zu Billigstpreisen auf CDs gepresst wurden. Von hieraus gelangten sie über Dänemark oder Schweden zu den in Deutschland ansässigen B&H-Strukturen. So wurde zum Beispiel die CD ?Rock gegen oben? der Berliner Band Landser bei Marcel Schilf in Dänemark aufgenommen, in Schweden abgemixt, von einer taiwanesischen Firma in den USA gepresst dann über Dänemark an die Hamburger B&H-Struktur um Torben Klebe weitergeleitet, welche die CDs nach festen Kontingenten auf die weiteren deutschen B&H-Sektionen verteilte.
Verbindendes Element zwischen den einzelnen Akteuren war nicht zuletzt die Vernetzung der aus den USA operierenden NSDAP/AO, deren Auslandsgruppen in Deutschland in der GdNF organisiert waren, in Dänemark innerhalb der DNSB. Dieses System hatte aber mehrere Nachteile: Erstens mussten alle CDs mehr oder weniger zentral durch das ?Nadelöhr? deutsch-dänische Grenze gebracht und auf der deutschen Seite zumindest kurzfristig gelagert werden. Dies führte zu mehreren Beschlagnahmeaktionen der deutschen Strafverfolgungsbehörden, bei denen zum Teil über 30.000 CDs sichergestellt werden konnten. Zum anderen war das hierarchisch aufgebaute Vertriebsnetz sehr anfällig im Falle von Verhaftungen und die Wege der CD konnten sehr weit zurückverfolgt werden. Unter aktiver Beteiligung der B&H-Strukturen in Ostdeutschland, vor allem in Sachsen und Sachsen-Anhalt wurde eine weitere Versorgungslinie, die so genannte ?Versorgungslinie Ost? aufgebaut. Musik, die in den USA oder in Westeuropa produziert worden war, wurde in Osteuropa gepresst und von dort direkt an die ostdeutschen Sektionen gegeben. Über dieses Netzwerk wurden deutsche Neonazis jedoch nicht nur mit CDs versorgt, es wurden auch Konzerte in Grenznähe organisiert. Zusätzlich bot eine einmal aufgebaute illegale Infra-Struktur natürlich auch die Möglichkeit andere Güter illegal aber professionell nach Deutschland einzuführen. Vor allem Waffen und Drogen standen auf den Wunschlisten der deutschen Neonazis ganz oben.
Nachdem öffentlich auf diese Strukturen hingewiesen wurde und sich verschiedene Medien des Themas angenommen hatten, verstärkten auch osteuropäische Strafverfolgungsbehörden den Druck auf diese Versorgungslinie. Das auf der CD ?Rock gegen oben? von der Band Landser veröffentlichte Lied ?Polackentango? verstärkte noch zusätzlich den Druck auf die Zusammenarbeit mit osteuropäischen Partnern. Dort heißt es:
Wenn ich das seh? werd? ich echt sauer,
Polacken-Lümmel schreien ?White Power?.
Oh, wie ich dieses Scheißvolk hasse,
seit wann gehör?n Polacken zur arischen Rasse?
Die Folge war der rapide Zurückgang der grenzüberschreitenden Aktivitäten bis hin zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen deutschen und polnischen Neonazis auf verschiedenen internationalen Konzertveranstaltungen wie dem ?Ian-Stuart-Memorial 2000? und dem ?Hammerfest 2001?.
Nach dem Erfolg der in Verantwortung von Resistance Records in den USA erschienenen CD ?Rock gegen oben? waren mehrere amerikanische Musikverlage bereit, Geld in deutschsprachige Musik für den deutschsprachigen Markt zu investieren und eröffneten hier für die europäische Rechtsrockszene völlig neue Möglichkeiten durch die Zusammenarbeit mit einem semi-professionellen Label, mit professioneller Marketingstrategie und ebensolchen Vertriebsstrukturen. Zwischen 1998 und 2000 wurden die Angebote der drei großen Firmen in diesem Bereich, Resistance Records, Panzerfaust Records und Strikeforce Records dem deutschen Markt angepasst. Viele deutsche CDs wurden in das Angebot genommen, die Internetauftritte sind zum Teil deutschsprachig, die Bestellung und Bezahlung von Deutschland aus wurde wesentlich vereinfacht. Panzerfaust Records produzierte gar eine Beilage zum deutschen B&H-Magazin Nr.9. Diese CD enthielt allerdings ein Lied mit der in Deutschland strafbaren Grußformel ?Sieg Heil?, so dass die Beilage beschlagnahmt wurde und das Heft ohne CD ausgeliefert wurde.
Diese amerikanisch-dominierte Vertriebsstruktur richtete sich aber vor allem an Einzelabnehmer, maximal an Sammelbesteller von kleineren Freundeskreisen. Für den Großhandel ist diese Struktur zu auffällig. Dennoch gibt es bei diesen Firmen auch etliche Großabnehmer, wobei jedoch in diesen Fällen mehr Wert auf konspirative Versandart gelegt wird. So werden zum Beispiel von deutschen Großabnehmern zum Schein Gewerbe angemeldet, zum Beispiel als Hard- und Software-Mailorder. Von einer Schein-Firma in den USA werden dann rechtsextreme CDs, als CD-Rohlinge getarnt, ohne Cover und Booklet an die Firma in Deutschland gesendet. Hier werden dann die CDs in CD-Trays verpackt, mit Inlay-Cards versehen und in die weiteren Vertriebsstrukturen ausgeliefert. Um den Weg der Lieferungen nicht rückverfolgbar zu machen, werden die Kennzeichnungsnummern der CDs zum Teil von Hand entfernt. Diese Vertriebsform hat jedoch den Nachteil, dass nur aktive Szenegänger diese CDs kaufen können, die Verbreitung und auch die Gewinnmargen deutlich begrenzt sind.
Es gibt aber noch mehrere andere Möglichkeiten an indizierte Musik-Cds zu gelangen. Die einfachste Möglichkeit ist, sich die Titel von einer der zahlreichen Internetseiten als MP3 herunterzuladen und die Stücke selbst auf CD zu brennen. Diese Variante ist aber aufgrund der Qualitätsverluste, der fehlenden Cover etc. nur für einen geringen Teil der Szenegänger eine akzeptable Alternative. Darüber hinaus wird in zahlreichen Publikationen, auf Internetseiten oder in Fanzines immer wieder betont, dass ?Raubkopierer? die Szene kaputtmachen würden etc. Dem halten jedoch die Anhänger dieser Musiksparte entgegen, dass man die CDs ja auch kaufen würde, die meisten Rechtsrockfans aber nicht wissen, wo diese Musik erhältlich ist, da sie nicht in feste Szenestrukturen eingebunden sind.
Besonders der William Pierce von der National Alliance gibt sich aber nicht mit dem Verkauf seiner CDs nach Europa zufrieden. So kaufte er eines der bekanntesten Labels des europäischen Rechtsrock-Marktes, das Blood & Honour-Label Nordland in Schweden, genehmigte dann aber dem Düsseldorfer Torsten Lemmer, bzw. seiner Firma VGR die Produktion eines ?Best of Nordland? und eines ?Resistance Greatest Hits?-Samplers, produzierte, zum Teil unter der Regie von Landser, mehrere internationale Sampler um sowohl die amerikanischen Bands dem deutschen Publikum näher zu bringen, aber auch um die deutschen Bands international vermarkten zu können. So spielten zum Beispiel Landser mehrere englischsprachige Titel für ?Resistance Records? ein.
Auch der als ?Satansmörder? bekannt gewordene Mitbetreiber des NS-Black-Metall-Labels Darker Than Black und unter dem Pseudonym ?Hagen von Tronje? im Hochglanz-fanzine RockNord schreibende, Hendrik Möbus hielt sich während seiner Flucht vor den deutschen Strafverfolgungsbehörden längere Zeit bei William Pierce auf. Beachtenswert vor allem, da das Label Darker Than Black als Sublabel des bedeutendsten deutschen Hammerskin-Labels Hate Records des Hammerskin-Sektionsleiters Mirko Hesse geführt wird, während William Pierce vor allem mit B&H-Bands Geld verdient. Dies deutet auf eine weitere Annäherung der in Europa, vor allem in Deutschland, verfeindeten Fraktionen HS und B&H hin. Einendes Element sind hierbei offensichtlich die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen.
Spätestens seit dem Deutschlandtreffen der B&H-Bewegung am 3.Oktober 1998 formt sich jedoch das eigentlich als Musikbewegung initiierte Netzwerk B&H auch zu einer politischen Organisation. Waren vorher auf Demonstrationen und Kundgebungen vorwiegend Skinheads unter den Zeichen und Symbolen der NPD marschiert, tauchen nun neben den Fahnen der ?freien Kameradschaften? verstärkt Fahnen der einzelnen B&H-Sektionen auf. Im Beschluss des oben angesprochenen Treffens heißt es dazu, man wolle Aktivisten sammeln ?nicht nur in der Musik, sondern im Kampf?. Die Mitglieder sollten sich ?um diesen Standpunkt zu demonstrieren in Zukunft vermehrt geschlossen an politischen Aktionen beteiligen.? Welcher Standpunkt das war, daran lässt weder das, an das 25 Punkte-Programm der NSDAP angelehnte, 25 Punkte-Programm der B&H-Division Deutschland, noch die übrigen Veröffentlichungen einen Zweifel aufkommen.
Blood & Honour richtete sich ?nach rassischen Gesichtspunkten.? Nur Völker, ?die der weißen Rasse angehören, sind als solche zu respektieren.? ?Falls es nicht bald einen weißen Gegenschlag in Form einer Endlösung gibt, um dieses Problem (hier: Einwanderung Farbiger) gibt, um diese Problem zu bewältigen…? In mehreren Ausgaben des B&H-Magazins, eines professionell gestalteten Hochglanzfanzines, wird Angehörigen der Waffen-SS gedacht, so zum Beispiel den Ritterkreuzträgern Erich Eberhardt (in der Ausgabe Nr. 4) Woll, Wittmann, Meyer, Hausser (Nr. 2).
Die Mitarbeit bei B&H ist deswegen für viele ältere Skinheadaktivisten so attraktiv, da sie einerseits ihre kulturelle Identität als Skinheads nicht aufgeben müssen, wie dies in vielen Parteien des rechten Lagers der Fall ist, anderseits die überregionale Vernetzung einen wesentlich verbindlicheren Rahmen herstellt, als die ?freien Kameradschaften?. Hinzu kommt, dass hier vorwiegend Skinheads aktiv sind, man also mit denen, mit denen man die politischen Überzeugungen teilt, auch dieselben kulturellen Interessen hegt. Der politische Kampf kann hier sehr viel intensiver mit kulturellen Vorlieben verbunden werden. Da diese kulturellen Vorlieben als Mittel des politischen Kampfes gefördert und nicht, wie z.B. bei der NPD nur geduldet werden. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich so B&H zu der am schnellsten wachsenden rechtsextremistischen Organisation in Deutschland, wobei jedoch die Zahl der Doppelmitgliedschaften mit den ?Freien Kameradschaften? oder der NPD nicht zu unterschätzen ist. Mittlerweile gibt es im gesamten Bundesgebiet Sektionen, insgesamt 17 an der Zahl und mit mehreren Hundert Aktivisten. Besonders aktiv sind die Sektionen in Berlin und Brandenburg, aber auch im Süddeutschland.
Der Erfolg von B&H in Deutschland ist stark an das Versagen der NPD gekoppelt, die mit ihr sympathisierenden Skinheads dauerhaft an sich zu binden. So hat sie es z.B. nicht geschafft, bis auf wenige Ausnahmen Aufmärsche und Veranstaltungen zu wirklichen Erfolgen werden zu lassen. Während sich die NPD-Verantwortlichen stets an die Auflagen der Polizei was Bekleidung, Marschroute und eventuelle Demoverbote anging hielten ? zumeist aus rein populistischen Gründen einer angestrebten ?positiven Presseresonanz?, gelang es beispielsweise den ?Freien Kameradschaften? oder anderen lokalen Gruppen häufiger, ?Katz und Maus? mit der Polizei zu spielen und sehr viel häufiger Demoverbote zu umgehen. Dies gelang vorwiegend durch die straffe Organisation und Konspiration von Aktivisten, die diese Erfahrungen unter anderem bei der Organisation von Konzerten verfassungsfeindlicher Skinheadbands erworben haben. Nach dem Verbot der NPD-Demonstrationen am 1. Mai 1999 in Bremen und am 5. Juni 1999 in Hamburg organisierten Freie Kameradschaften und B&H die Ersatzkundgebungen, ohne Einbindung der NPD, aber mit Erfolg. Erfolgreich durchgeführte Aktionen sind als sinnstiftendes Erlebnis unablässig, um die Moral innerhalb der jeweiligen Organisation hoch zu halten.
Dieser Text ist aus dem Buch Handbuch Rechtsradikalismus von Thomas Grumke und Bernd Wagner (Hrsg.)