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Was tun? Action-Kit gegen israelbezogenen Antisemitismus

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(Quelle: Unsplash)

Ist der persönliche Bezug zur Region des Nahen Ostens Legitimation für jede Äußerung? Unser Actionkit für Lehrkräfte, Mitarbeiter*innen der Verwaltung, Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, sowie andere Interessierte stellt Antworten auf die dringendsten Fragen in Bezug auf israelbezogenen Antisemitismus zusammen und erläutert praxisnah den besten Umgang damit.

Dieser Text mit Fakten, Werkzeuge und Argmenten gegen israelbezogenen Antisemitismus ist ein Auszug aus dem Action Kit der Berliner Aktionswochen gegen Antisemitismus. Die Broschüre gibt es hier zum Download.

Fakten: Israel

1948 wurde Israel als direkte Konsequenz der Shoa gegründet. Jedoch lebten seit jeher Jüdinnen:Juden und deren Vorfahren auf jenem Fleck Erde, der etwas kleiner ist als das Bundesland Hessen. Israel ist die einzige parlamentarische Demokratie im Nahen Osten mit universalen Rechten für alle Bürger*innen und einer Gewaltenteilung. In Israel leben etwa 9,45 Millionen Staatsbürger*innen. Rund 74 % sind jüdisch, 21 % sind nichtjüdische Araber*innen, der Rest sind Drus*innen, Bahai, nicht-arabische Christ*innen und andere. Israel ist der einzige jüdische Staat der Welt. Israels Amtssprache ist hebräisch.

Israel ist ein äußerst diverses und heterogenes Einwanderungsland mit unterschiedlichen ethnischen, kulturellen, politischen und religiösen Hintergründen. Alle Staatsbürger*innen haben die gleichen Rechte. Alle Minderheiten können in einflussreichen Positionen und öffentlichen Ämtern vertreten sein; und das sind sie auch in der Praxis. Neben Religionsfreiheit werden Meinungs- und Pressefreiheit in Israel praktiziert. Außerdem ist Israel das einzige Land des Nahen Ostens, in dem Menschen, die sich der LGBTQI-Community zugehörig fühlen, ohne Angst vor Verfolgung leben können.

Angesichts der seit 2022 bestehenden rechten Koalition mit teils rechtsradikalen Parteien in Israel gibt es jedoch auch berechtigte Sorgen und Zweifel, inwiefern dieser liberale Status Quo beibehalten werden kann. Hoffnung macht der vehemente Protest der Zivilbevölkerung gegen die geplante Justizreform auf den Straßen innerhalb Israels sowie auch in anderen europäischen Städten, die lautstark die Demokratie ihres Landes verteidigen will. Das demokratisch erlangte Wahlergebnis darf trotz allem nicht dazu führen, antisemitische Weltbilder zu legitimieren. Jüdinnen:Juden in Deutschland sind nicht Teil der israelischen Regierung und müssen zu jeder Zeit Schutz vor Diskriminierung genießen. Dazu gehört auch das Anerkennen des Staates Israel als einzige Schutzmacht für Jüdinnen:Juden weltweit.

Israelbezogener Antissemitismus

Antisemitismus hat viele Gesichter und eine jahrhundertelange, tragische Tradition. Heute sehen wir, dass Israel gern als Umweg genutzt wird, um anti-jüdische Ressentiments zu verbreiten, indem Israel unsachgemäß oder doppelmoralisch bewertet und verurteilt wird. Israel dient so als Projektionsfläche des Judenhasses. Damit ist israelbezogener Antisemitismus eine konkrete Gefahr für Menschen, denn ein vorhandener Judenhass kann durch den Umweg über Israel relativ tabufrei artikuliert und gelebt werden.

Eskaliert der Konflikt zwischen dem Staat Israel und der Terrororganisation Hamas, wird israelbezogener Antisemitismus sofort auch bei uns in Deutschland sichtbar: Jüdinnen:Juden werden bedroht oder sogar Opfer physischer Gewalt. Ein erschreckendes Beispiel hierfür ist der Mai 2021. Vor Synagogen fanden pro-palästinensische Demonstrationen statt, auf denen offen antisemitische (nicht nur anti-israelische) Parolen skandiert wurden. In Deutschland lebende Jüdinnen:Juden wer- den fatalerweise für die Politik des Staates Israel verantwortlich gemacht, und die Grenze zwischen Kritik am Handeln der israelischen Regierung und purem Judenhass ist sehr schnell und sehr deutlich überschritten.

Jüdische Personen, die in einer Synagoge zusammenkommen, zu bedrohen und für die Politik Israels verantwortlich zu machen, ist ein Paradebeispiel für israelbezogenen Antisemitismus. Denn ein Gotteshaus hat nicht im Geringsten etwas mit der Regierung eines Landes zu tun. Hier bietet Israel schlichtweg die Projektionsfläche für bereits innewohnenden Antisemitismus.

Werkzeug gegen Antisemitismus: Der 3D-Test

Typisch für israelbezogenen Antisemitismus sind drei Elemente:

■ Das Existenzrecht des jüdischen Staates wird infrage gestellt oder abgelehnt.

■ Der Staat Israel wird mit dem nationalsozialistischen Regime verglichen.

■ Jüdinnen:Juden werden als homogene Gruppe für die als illegitim bewertete Politik des Staates Israel zur Verantwortung gezogen.

Um ganz konkret zwischen Kritik an der israelischen Regierungspolitik und antisemitischen Aussagen unterscheiden zu können, eignet sich der sogenannte 3D-Test, der wie folgt versucht, Aussagen zu kategorisieren:

Dämonisierung

Wird der Staat Israel dämonisiert, also als das absolut Böse dargestellt, so handelt es sich nicht um Kritik, sondern um Antisemitismus. (Beispiel: „Kindermörder Israel!“)

Delegitimierung

Wird das Existenzrecht Israels infrage gestellt oder gänzlich abgelehnt, so wird Jüdinnen:Juden das Recht abgesprochen, geschützt in einem eigenen Staat leben zu dürfen. Ebenfalls wird Israel damit das Recht abgesprochen, sich selbst zu verteidigen, wie es jedem souveränen Staat auf der Welt möglich ist. (Beispiel: „From the river to the sea, Palestine will be free!”)

Doppelstandards

Handlungen und Ereignisse werden nur dann wahrgenommen, wenn Israel dafür verantwortlich gemacht werden kann. Eine Aussage ist antisemitisch, wenn an Israel andere Werte und Maßstäbe als an andere demokratische Staaten angelegt werden, d.h. Israel z.B. für seine (Sicherheits-)Politik kritisiert wird, während diese bei anderen Staaten ignoriert wird. (Beispiel: Würde das Selbstverteidigungsrecht Irlands infrage gestellt werden, wenn aus Nordirland mehrere Tausend Raketen am Tag dorthin geschossen würden?)

Werkzeug gegen Antisemitismus: Die Arbeitsdefinition Antisemitismus der IHRA

Die International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) ist ein Zusammenschluss verschiedener Staaten, Organisationen und Expert*innen und wurde 1998 in Stockholm gegründet. Sie greift zur Einordnung antisemitischer Aussagen und Vorfälle auf die Kriterien des 3D-Tests zurück und versucht die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Antisemitismus anhand konkreter Beispiele darzustellen. Immer mehr Staaten, Institutionen, Unternehmen oder große Sportvereine haben die IHRA-Arbeitsdefinition für Antisemitismus in ihre Statuten aufgenommen. Hierzu gehören zum Beispiel Borussia Dortmund, VW oder die Deutsche Bank. Am 26. Mai 2016 wurde die Annahme dieser nicht rechtsverbindlichen Arbeitsdefinition von Antisemitismus beschlossen:

„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort und Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen und religiöse Einrichtungen.“

Folgende Beispiele können zur Veranschaulichung dienen:

Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich auch gegen den Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, richten. Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden. Antisemitismus umfasst oft die Anschuldigung, die Juden betrieben eine gegen die Menschheit gerichtete Verschwörung und seien dafür verantwortlich, dass „die Dinge nicht richtig laufen“. Der Antisemitismus manifestiert sich in Wort, Schrift und Bild sowie in anderen Handlungsformen, er benutzt unheilvolle Stereotype und unterstellt negative Charakterzüge.

Viele Milieus, ein gemeinsamer Nenner

Israelbezogener Antisemitismus ist keinesfalls auf eine konkrete Personengruppe oder ein bestimmtes Milieu zu beschränken. Er ist nicht nur ein Phänomen des linkspolitischen Milieus, islamistischer Gruppierungen, der extremen Rechten oder der politischen Mitte. Er ist ein Klebstoff. Ein Bindeglied, das verfeindete Lager miteinander übereinkommen lässt.

So bilden sich auf anti-israelischen Demonstrationen unerwartete Zusammenschlüsse und Querfronten, z.B. von nationalistischen Deutschen mit salafistischen Gruppen. Sie alle haben einen großen Feind: Israel (und wenn man ehrlich ist: „den Juden“). Israel wird von diesen unterschiedlichen Gruppen als Land diffamiert, das Menschenrechte nicht achte und durch die unrechtmäßige Annektierung von Land zu einem imperialistischen, kolonialistischen Apartheidstaat avanciere. Die Querfronten behaupten, dass der Staat Israel überhaupt kein Existenzrecht haben könne, da er unrechtmäßig gegründet worden sei. Da ein Abstreiten des Existenzrechts Israels der Delegitimation des Staates gleichkommt, handelt es sich nicht um Kritik am Staat, sondern um israelbezogenen Antisemitismus – also den Hass auf Juden über den Umweg Israel. Dieses Weltbild schweißt zusammen und lässt größte ideologische Gegensätze überwinden.

Verschwörungserzählunge und Antisemitismus – Uralt, topaktuell und brandgefährlich

„Antisemitismus ist das Gerücht über die Juden.“ Treffend beschrieb Theodor W. Adorno den Kern des Antisemitismus: das Erfinden, Stigmatisieren, Verurteilen und Beschuldigen von Jüdinnen:Juden für jedes Übel auf der Welt. Schon seit dem Mittelalter werden über Jüdinnen:Juden Lügen gestreut und ihnen vermeintliche Verschwörungen angelastet. Was damals Legenden über Brunnenvergiftungen oder Ritualmorde waren, sind heute die Erzählungen über Wasserengpässe und –vergiftungen in Palästina oder über den gezielten Mord an palästinensischen Kindern. Aus der infamen Behauptung, „die Juden“ hätten die Pest im Mittelalter verbreitet, wurde zuletzt die Mär der zielgerichteten Verursachung der Corona-Pandemie.

Genauso funktioniert der Mechanismus hinter jeder Verschwörungserzählung: Etwas Unverständliches wird dadurch erklärt, dass eine kleine Gruppe von Personen für Krisen, Katastrophen, komplexe Zusammenhänge oder Unliebsames verantwortlich gemacht und zum Sündenbock erklärt wird.

Praxis: So funktioniert der 3D-Test

Argumente und Gegenargumente

„Ich habe nichts gegen Juden, aber …“

Jüdinnen:Juden werden hier als anders markiert, kollektiv vereinheitlicht und somit als homogene Gruppe dämonisiert. Dabei ist es eigentlich egal, wie der Satz nach dem „aber“ weitergeht. Schwarz-Weiß-Denken erschafft eine Wir-Gruppe, die sich von einer Fremd-Gruppe abgrenzt. Jüdinnen:Juden haben durch eine solche Behauptung keine Chance, akzeptierte Mitglieder der deutschen Gesellschaft zu sein. Aussagen wie diese zwingen Jüdinnen:Juden in Deutschland häufig dazu, ihre jüdische Identität in der Öffentlichkeit zu verbergen oder gar die Auswanderung nach Israel zu erwägen.

3D-Test: Hier werden Jüdinnen:Juden dämonisiert.

„Bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man was gegen Juden hat“

Hier wird eines der wichtigsten Elemente des israelbezogenen Antisemitismus deutlich: Weltweit werden Jüdinnen:Juden ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft, Handlungen, Einstellungen oder ihres persönlichen Bezugs zu Israel als Repräsentant*innen des israelischen Staates wahrgenommen und angefeindet.

3D-Test: Diese Aussage lässt sich sowohl der Dämonisierung als auch den Doppelstandards zuordnen.

„Was Israel heute mit den Palästinenser*innen macht, ist im Prinzip nichts anderes als das, was die Nazis im Dritten Reich mit den Juden gemacht haben“

Dieser Satz behauptet nichts anderes, als dass die Überlebenden des Nationalsozialismus und ihre Nachkommen, die den Staat Israel aufgebaut haben, heute genauso handeln, wie es seinerzeit das nationalsozialistische Regime und die unter ihm lebende Gesellschaft taten. Aus den damaligen Opfern sind die heutigen Täter:innen geworden.

Ein Alleskönner und Lieblingssatz moderner Antisemit*innen. Er dient der Person, die solche Aussagen tätigt, auf zwei Ebenen:

  1. Wenn andere „dasselbe“ tun, dann ist die eigene Vergangenheit auch nicht mehr ganz so schlimm. Die Aussage relativiert die Schuld der deutschen Täter*innen und die Verantwortung der deutschen Gesellschaft insgesamt.
  2. Auch die Singularität, die historische Einzigartigkeit der Verbrechen, die von Deutschen begangen wurden, wird in dieser Aussage aufgebrochen. Und damit nicht genug, die damaligen Opfer sind heute selbst böse. Auch das dient der persönlichen Entlastung. Historische Schuld und die heutige Verantwortung Deutschlands wird abgewehrt und Israel dämonisiert.

Da hier die systematische Vernichtung des europäischen Judentums mit dem Handeln der israelischen Regierung gleichgesetzt wird, werden die Verbrechen des Nationalsozialismus auf extreme Weise relativiert. Eine solche Relativierung ist immer antisemitisch. Ganz egal, wie danach weiter argumentiert wird. Es handelt sich um eine zynische Täter-Opfer – Umkehr, in der das Opfer von damals zum Täter von heute wird.

Es kann nicht oft genug betont werden: Nichts, was in der Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas geschieht oder bisher geschehen ist, lässt sich mit der systematischen Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen:Juden während des Nationalsozialismus vergleichen.

Erschreckend ist, dass rund 25 % der deutschen Bevölkerung dieser Aussage teils oder gar ganz zustimmt. Eine Schmach für Op fer des Holocaust und deren Nachfahren und zugleich eine große Gefahr für die kritische Erinnerungskultur in Deutschland. Diese Systematik der Relativierung findet sich in den sogenannten „Schlussstrich-Debatten“, in denen vor allem von Rechts immer wieder gefordert wird, den „Erinnerungskult“ des Gedenkens an den Holocaust endlich zu beenden und nach vorne zu blicken, da das Deutschland von heute nichts für die Verbrechen von Nazi-Deutschland könne. Was in dieser Argumentation übersehen wird, ist die besondere Verantwortung, die jeder in Deutschland lebende Mensch trägt, Verbrechen wie diese niemals wieder geschehen zu lassen.

3D-Test: Diese Aussage lässt sich sowohl der Dämonisierung als auch den Doppelstandards zuordnen.

„From the river to the sea, Palestine will be free”

Diese Aussage fordert nicht die Errichtung eines palästinensischen Staates neben dem israelischen Staat im Sinne einer Zwei-Staaten-Lösung. Sie zielt auf die Auslöschung Israels ab. Denn sie bezieht sich auf das gesamte Gebiet zwischen dem Fluss Jordan und dem Mittelmeer, also dem heutigen israelischen Staatsgebiet. An dessen Stelle soll ein „judenfreier“ palästinensischer Staat errichtet werden. Somit muss Israel von der Landkarte verschwinden (und mit ihm die jüdisch-israelische Bevölkerung), damit das palästinensische Volk frei sein kann.

Oft hört man derartige Parolen auf pro-palästinensischen Demonstrationen sowie von Aktivist*innen der BDS-Bewegung.

3D-Test: Aussagen wie diese verleugnen das Existenzrecht Israels und delegitimieren den Staat. Sie sind daher mehr als deutlich als antisemitisch einzustufen.


FAKTEN: Kolonialismus

Antisemit*innen behaupten oft, dass es sich beim Staat Israel angeblich um ein „künstliches Gebilde“ handle, das gewaltsam und unrechtmäßig durch die Besatzung palästinensischen Landes entstanden sei. Dabei leben Jüdinnen:Juden seit Jahrtausenden im heutigen Gebiet Israels mit Muslim*innen und Vertreter*innen anderer Glaubens- und Kulturgemeinschaften zusammen. Man kann von einer friedlichen Koexistenz sprechen. Ende des 19. Jahrhunderts grassierte der europäische Antisemitismus immer stärker. Jüdinnen:Juden wurden zur Flucht gezwungen. Die britische Kolonialmacht, die vor dem Zweiten Weltkrieg das Mandat über das Staatsgebiet hatte, versprach beiden Seiten (der arabischen und der jüdischen) einen eigenen Staat. Zahlreiche Versuche einer Einigung blieben erfolglos. Versprechen konnten nicht eingehalten werden, die arabische Seite lehnte zahlreiche Angebote ab, da diese die Akzeptanz eines jüdischen Staats zur Bedingung hatten.

Der Antisemitismus in Europa gipfelte im Massenmord an Jüdinnen:Juden im Zweiten Weltkrieg. Überlebende pochten in einer zionistischen Vereinigung auf einen sicheren Staat. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde dieser von den Vereinten Nationen gewährt. Israel wurde am 14. Mai 1948 als offizieller jüdischer Staat ausgerufen.

Israel war in seiner Vergangenheit und ist in der Gegenwart regelmäßig und häufig auch unverschuldet in Konflikte und Auseinandersetzungen verwickelt. Die heutigen Staatsgrenzen Israels sind Folge zahlreicher militärischer und existenzbedrohender Angriffe der arabischen Nachbarländer auf Israel, gegen die es sich präventiv oder aktiv verteidigte. Es gab in der neueren Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg diverse Verhandlungen mit dem Ziel einer friedlichen Zweistaatenlösung. Diese wurden von arabischer Seite ebenfalls stets abgelehnt, da sie die Anerkennung des Existenzrechts Israels beinhaltet hätten.

FAKTEN: Zionismus

Das Wort Zionismus wird genauso häufig wie falsch verwendet. Der Zionismus ist im Ursprung eine sozialistische Bewegung für die Selbstbestimmung des jüdischen Volkes. Sie gründet auf den Gedanken Theodor Herzls Ende des 19. Jahrhunderts. Ziel der Bewegung war, dass Jüdinnen:Juden souverän und geschützt in ihrem historischen Heimatland Zuflucht vor Verfolgung und Antisemitismus in Europa finden. Zionismus ist damit politisch: die Gründung des einzigen jüdischen Staates der Welt auf traditionsreichem Boden mit tiefer historischer und moralischer Verwurzelung für alle Jüdinnen:Juden weltweit. Nur in einem jüdischen Staat können Jüdinnen:Juden leben, ohne ihre Identität verstecken zu müssen oder Verfolgung zu fürchten. So können sie selbst für ihren Schutz sorgen und sind nicht auf die Wohlgesonnenheit eines Landes angewiesen, in dem sie immer Fremde bleiben würden.

Pogrome und Verfolgung führten zu einer großen Emigrationswelle von Jüdinnen:Juden in das damalige Palästina, die historische Heimat aller Jüdinnen:Juden. Der größte Teil des Landes, das sich als das spätere Israel auf allen Landkarten wiederfinden wird, lag damals als ödes Wüstenland ohne jegliche Infrastruktur brach. Die zionistische Bewegung bereitete Jüdinnen:Juden vor ihrer Flucht nach Palästina auf die bevorstehenden Arbeiten vor. In Palästina angekommen gründeten sie Kibbuzim, sozialistische Siedlungen, in denen sie zusammenlebten, arbeiteten, Landwirtschaft betrieben und aus dem Wüstenstaat einen lebendigen und ertragreichen Lebensraum für alle seine Bewohner*innen schafften.


Argumente und Gegenargumente

„Israel beherrscht die Welt/Politik/Medien/ hat zu viel Macht“

Diese Aussage ist irrational und wahnhaft. Reproduziert werden damit uralte Stereotype des „raffgierigen Juden“ und seiner „Machtbesessenheit“. Motiv solcher Aussagen ist oft die Suche nach einem Sündenbock, der sich seit Jahrhunderten in „den Juden“ (er-)finden lässt.

3D-Test: Israel wird hier dämonisiert.

„Boykottiert israelische Waren!“

An der pro-palästinensischen Bewegung BDS zeigt sich die Kontinuität des Antisemitismus: Erste Boykottaufrufe gegen jüdische Händler*innen gab es bereits im 19. Jahrhundert in Europa, in den 1920er und 1930er Jahren im britischen Mandatsgebiet sowie im Nationalsozialismus ab 1933. Auch heute noch boykottieren ganze Staaten (z.B. der Iran oder Libanon) israelische Waren.

3D-Test: Da von der BDS-Bewegung das Ende des mehrheitlich jüdischen Staates angestrebt wird, sprechen wir hier von Delegitimierung.

„Israel blockiert die Wasserversorgung in den palästinensischen Gebieten und in Gaza“

Wasser ist ein heikles Thema. Daher widmen wir uns hier etwas konkreter den Vorwürfen: Immer wieder ist die Wasserversorgung in Gaza sowie im Westjordanland Thema in den Medien.

Die Verbesserung und Modernisierung der Infrastruktur in der Region durch die israelische Regierung in den letzten Jahrzehnten wird blind ignoriert. Israel blockierte nie die Wasserversorgung, im Gegenteil. Bei solchen Aussagen handelt es sich um Unwahrheiten und einseitige Verzerrungen von Fakten, die der Dämonisierung und Delegitimierung des Staates Israel dienen.

Bevor Israel als Staat offiziell ausgerufen wurde, war nur jeder zehnte arabische Haushalt mit fließend Wasser versorgt. Heute verfügen 98,5 % der Palästinenser*innen über einen Zugang. Seit Mitte der 1990er Jahre liegt die Kontrolle über die Wasserversorgung in den palästinensischen Gebieten bei der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Zu den Aufgaben gehört auch die Instandhaltung und -setzung bestehender Anlagen. Zwischen Israel und der PA besteht seit 1994 eine Kooperation, die die Wasserversorgung mit Hilfe eines binationalen Komitees voranbringen sollte. Zwischen 2010 und 2017 tagte dieses aufgrund eines palästinensischen Boykotts nicht. Das führte dazu, dass die Modernisierung des Wassermanagements stagnierte. 2019 lieferte Israel über 86 Millionen Kubikmeter Wasser an die PA. Infolge der mangelnden Instandsetzung des maroden Wassernetzes ging etwa ein Drittel der israelischen Wasserlieferungen ungenutzt aufgrund von Leckagen und illegalen Brunnen verloren. Leidtragende des Missmanagements der PA ist dabei vor allem die palästinensische Bevölkerung.

Noch kritischer für die Bevölkerung ist die Lage der Wasserversorgung in Gaza. Umweltverschmutzung stellt ein zentrales Problem in der Region dar. Fehlende Klär- und Abfallverarbeitungsanlagen machen die Wiederaufbereitung von Wasser sehr schwierig. Auch hier stammt der Großteil des verfügbaren Trinkwassers aus israelischen Lieferungen.

Zu behaupten, dass die israelische Regierung die Wasserversorgung systematisch verhindere, knüpft an die antisemitische Verschwörungserzählung der Brunnenvergiftung an: „Den Juden“ wurde seit dem Mittelalter die vorsätzliche Verschmutzung von Trinkwasser zu Lasten gelegt, die u.a. angeblich zur Verbreitung der Pest geführt habe.

3D-Test: Auch hier wird Israel offensichtlich dämonisiert.

„Kindermörder Israel“

Parolen wie diese werden oft auf anti-israelischen Demonstrationen verbreitet. Sie unterstellen Israelis, gezielt und absichtlich (palästinensische) Kinder zu töten. Dabei handelt es sich schlichtweg um die Verbreitung einer Lüge. Hinter solchen Formulierungen steckt eines der ältesten judenfeindlichen Bilder, die Ritualmordlegende. Sie diente als Legitimation für die Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen:Juden. Bereits im Mittelalter wurde das Gerücht verbreitet, Jüdinnen:Juden würden (christliche) Kinder zum Zweck religiöser Rituale entführen und töten.

Zwar kommt es, wie bei jeder Kriegshandlung, auch im Konflikt zwischen Israel und der Hamas zu zivilen Opfern. Jedoch zu behaupten, dass Israel gezielt Kinder ermorde, entbehrt jeglicher Wahrheit und ist daher deutlich antisemitisch.

Die Angemessenheit israelischer Angriffe ist ein durchaus streitbares Thema. Doch darf man nicht vergessen, dass die israelische Armee den Bewohner*innen von Gebäuden ihre Bombardierung ankündigt, um zivile Opfer zu vermeiden. Die Hamas kalkuliert ihre Tötung bewusst ein, indem sie ihre Raketen aus dicht besiedelten Wohngebieten, Schulen und Krankenhäusern abschießt und damit rechnet, dass Abwehrraketen der israelischen Seite ebendort einschlagen werden. Unterstrichen wird dies durch die Verbreitung von Bildern getöteter Kinder und Babys, die durch Raketen und Waffen der Hamas ums Leben kamen. Diese Bilder nutzt die Hamas zu propagandistischen Zwecken und verbreitet sie als „Beweis“, dass Israel ihre Kinder töte.

3D-Test: Auch diese Aussage dämonisiert Jüdinnen:Juden aufs Schärfste.

„Israel ist ein Apartheidstaat“

Oft wird behauptet, dass der Staat Israel Apartheid praktiziere. Israel ist eine vielfältige und multikulturelle Demokratie, die all ihren Staatsbürger*innen – seien es Jüdinnen:Juden, Araber*innen oder Angehörige anderer Minderheiten – die gleichen politischen und bürgerlichen Rechte garantiert. Israels ethnische Minderheiten sind in allen Lebens- und Gesellschaftsbereichen integriert. Sie genießen das aktive und passive Wahlrecht, bekleiden öffentliche Ämter in der Regierung sowie in der Knesset, sind in Hochschulen, Gerichten und Krankenhäusern tätig und besetzen hochrangige Positionen sogar beim israelischen Militär.

■ Israel verteidigt und schützt die Meinungs- und Pressefreiheit.

■ Die israelische Regierung lässt Kritik an ihr sowie eine lebendige Opposition zu.

■ Arabische Israelis besitzen viel mehr Rechte als etwa in Gaza oder der Westbank oder auch in den arabischen Nachbarstaaten, in denen z.B. eine nicht-heteronorme sexuelle Orientierung einen Straftatbestand darstellt.

■ Israelische Gesetze enthalten keine Unterscheidungen zwischen der jüdischen Mehrheitsgesellschaft und ihren Minderheiten.

Mit dem Begriff der Apartheid zu hantieren ist sehr gefährlich. Er ruft Bilder hervor, die in keinster Weise der Realität der israelischen Gesellschaft entsprechen. Es besteht keine gewalttätige Trennung oder Abschottung von Jüdinnen:Juden und Nichtjüdinnen:Nichtjuden in der Öffentlichkeit, in Arztpraxen oder Bussen. Liebesbeziehungen und Familiengründungen zwischen Jüdinnen:Juden und Nichtjüdinnen:Nichtjuden stehen nicht unter Strafe. Das Leben und der Alltag in Israel für alle dort lebenden Menschen hat mit dem System der Apartheid, wie er sich in unserem Sprachgebrauch manifestiert hat, nichts gemein. Israel der Apartheid zu bezichtigen, verharmlost zudem die Verbrechen des südafrikanischen Apartheidregimes.

Und trotzdem: Es gibt – wie in allen anderen Nationalstaaten der Welt – auch in Israel Rassismus, Diskriminierung und soziale Missstände. Doch ist der Tatbestand einer gesetzlich festgelegten Hierarchie, wie sie der Vorwurf der Apartheid vermuten lassen würde, keinesfalls erfüllt.

3D-Test: Der Vorwurf einer systematischen Trennung und Unterdrückung der arabischen Bevölkerung ist haltlos und dämonisiert und delegitimiert den demokratischen Staat Israel. Daher ist er auf vielen Ebenen antisemitisch.

„Forderung nach einem palästinensischen Rückkehrrecht“

Israel garantiert allen Jüdinnen:Juden Schutz vor Anfeindungen, Verfolgung und Übergriffen. Viele pro-palästinensische Gruppierungen fordern das Rückkehrrecht nach Israel für die Palästinenser*innen, die während des Unabhängigkeitskriegs 1948 flüchten mussten, und für deren Nachkommen. Forderungen dieser Dimension sind als Delegitimierung Israels einzuordnen, da ihre Erfüllung das Ende der jüdischen Bevölkerungsmehrheit in Israel und damit faktisch das Ende des einzigen jüdischen Staates der Welt bedeuten würde. Schätzungen gehen davon aus, dass es sich um über fünf Millionen Menschen handelt, die in einem solchen Fall nach Israel mit seinen rund neun Millionen Einwohner*innen migrieren würden. Würde Israel der Forderung nach dem Rückkehrrecht für alle geflüchteten Palästinenser*innen und deren Nachkommen nachgeben, würde sich die Zusammensetzung der israelischen Demografie zu Ungunsten der jüdischen Mehrheit drastisch ändern. Juden:Jüdinnen wären wieder in einer Minderheitenposition. Die lange Geschichte der Jüdinnen:Juden aber zeigt, dass dies stets zu Ausgrenzung, Flucht und Vertreibung führte. Israel wäre somit nicht mehr der einzige Schutzraum für Jüdinnen:Juden vor Verfolgung und Hass.

Das ist ebenfalls den Akteur*innen bewusst, die solche Rückkehrrecht-Forderungen stellen und auch nicht verheimlichen, dass sie damit den jüdischen Staat durch eine arabische Bevölkerungsmehrheit abschaffen wollen.

3D-Test: Jede Forderung nach einem Rückkehrrecht der geflüchteten Palästinenser*innen und ihrer Nachfahren zielt de facto auf das Ende des einzigen jüdischen Staates ab. Daher werten wir jede solche Forderung als antisemitisch, da sie den Staat Israel in seiner Existenz delegitimiert.

Das Actionkit gibt es hier zum Download.

 

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