Rassistische Hetze gegen Flüchtlingsheime, Bestellseiten für NPD-Propaganda oder Aufrufe gegen „Kinderschänder“ – Rechtsextreme verbreiten ihre menschenfeindliche Propaganda äußerst gern in sozialen Netzwerken im Internet. Eine andere beliebte Anwendung in sozialen Netzwerken, zum Beispiel auch auf Facebook, sind Multiplayer-Online-Spiele. In diesen Social-Online Games treten Spieler*innen gegeneinander an, um sich etwa im Poker oder in diversen Strategiespielen zu messen. In den meisten dieser Spiele kommunizieren sie direkt miteinander in Chats oder in angeschlossenen Foren. Bei „Goodgame Empire“ spielen über 50 Millionen Spieler*innen mit- und gegeneinander im Netz. Auch Rechtsextreme sind dabei – und nutzen diese Gelegenheit, ihre Gesinnung auszuleben.
Nazis leben auch hier ihre Gesinnung aus
Die Anonymität dieser Online-Spiele macht es für Rechtsextreme leicht, eindeutig nazistische Pseudonyme zu wählen. Neben Spielernamen mit rechtsextremem und offen nazistischem Bezug kommt es in der Online- ebenso wie in der Offline-Welt immer wieder zu diskriminierenden Verhaltensweisen. Wie der Vater des jugendlichen Goodgame Empire-Spielers weiter berichtet, sei ein dunkelhäutiger Spieler bei mehreren Allianzen, also Zusammenschlüssen von Spielern, aufgrund seiner Hautfarbe nicht angenommen worden.
Menschenfeindliche Äußerungen aller Art werden im angelsächsischen Raum als „Hate Speech“ bezeichnet. Zunehmend wird dieser Begriff auch im deutschsprachigen Raum verwendet, vor allem, wenn es sich um Online-Kommunikation handelt. Der Europarat versteht unter „Hate Speech“ alle Ausdrucksformen, die Rassenhass, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und andere Formen des Hasses, die auf Intoleranz basieren, verbreiten, propagieren oder rechtfertigen. Dazu zählen auch: Intoleranz aufgrund von Nationalismus und Ethnozentrismus, Diskriminierung und Feindlichkeit gegenüber Minderheiten, Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund.
Hate Speech im Gaming-Bereich
Malte Switkes vel Wittels, der als Experte für Neue Medien in der Amadeu Antonio Stiftung tätig ist, weist bezüglich des Problems von Hate Speech im Gaming-Bereich auf die grundlegende Unterscheidung zwischen den Formen „hate by design“ und „hate by community“ hin. Während erstere menschenfeindliche Darstellungen und Handlungen in den von Entwicklern erschaffenen Spielwelten selbst beschreibe, ziele der Community-Begriff vielmehr auf die Interaktionen zwischen den Spieler*innen untereinander ab. Da das Hobby Gaming mittlerweile die ganze Bandbreite der Gesellschaft erfasst habe, sei es laut Switkes vel Wittels demnach auch nicht überraschend, dass sich in ihm die gängigen Vorurteilsstrukturen der Bevölkerung bis hin zum Rechtsextremismus widerspiegelten.
Das Forschungsprojekt „The Singapore-MIT GAMBIT Game Lab“ beschäftigte sich unter anderem auch mit „Hate Speech“ in Online-Spielen. Studenten gaben sich für das Projekt in der Online-Version des Ego-Shooters „Halo: Reach“ als Muslim, Afro-Amerikaner, schwul oder als Frau aus. Die aufgezeichneten Interaktionen mit anderen Online-Spieler*innen zeigten ihnen gegenüber teils offen menschenfeindliche Aussagen und Beleidigungen. Auch in Foren, zum Beispiel für das Online-Spiel League of Legends, stießen sie auf ganze Threads mit eindeutig sexistischen Aussagen.
Ähnlich wie in anderen Web 2.0-Anwendung scheint auch beim Gaming das Problem im Schutzmantel der Anonymität zu liegen. Die Schwelle für Beleidigungen und menschenfeindliche Aussagen aller Art ist hier vermutlich niedriger als in der „Offline-Welt“, in der man seinem „Gegner“ persönlich gegenübersteht.
Was aber kann man unternehmen gegen Rechtsextreme und Hate Speech im Allgemeinen in Online-Spielen?
Bei den meisten Online-Spielen gibt Community Richtlinien für die Foren und AGBs, die die Verbreitung von diskriminierenden Inhalten untersagen. Sind solche Regeln vorhanden, können Community Manager auch gegen solche Äußerungen und Nutzer*innen vorgehen.
Andreas Haase von Goodgame Studios verweist darauf, dass Spielebetreiber auf Hinweise aus der Spielerschaft angewiesen seien, um dann darauf reagieren zu können und gegebenenfalls belastete Namen abzuändern. Eine Überwachung der Kommunikation der Spieler*innen solle aber nicht stattfinden. Laut Haase sei unter den tausenden täglichen Kontaktanfragen über moderierte Foren oder das Kontaktformular direkt aus dem Spiel kein nennenswerter Anteil entsprechender Beschwerden festzustellen. Wenn Spieler*innen allerdings auf rassistische Kommentare oder rechtsextreme Namen stoßen, sollten sie sich an das Community Management wenden: „Spieler können uns über ein Kontaktformular direkt aus dem Spiel heraus, in moderierten Foren oder per E-Mail erreichen. In den seltenen Fällen, in denen wir Hinweise auf diskriminierendes Verhalten erhalten, gehen wir diesen umgehend nach. Da wir keine Form der Diskriminierung in unseren Spielwelten akzeptieren, machen wir bei bestätigtem Verdacht von unseren Sanktionsmöglichkeiten Gebrauch. Abhängig vom Einzelfall reichen diese von einer Verwarnung bis zu einer lebenslänglichen Verbannung aus all unseren Spielen.“