Ein Arbeitskollege meint, über „Ausländer“ scherzen zu können – und die Reaktion ist betretenes Schweigen. Björn Resener von der Gewerkschaft ver.di erklärt, wie man besser darauf reagiert.
Das sei „doch nicht rassistisch gemeint“ ist meist die Rechtfertigung für Witze über Türken, Polen oder andere Minderheiten. Oder ein: „Man wird doch wohl noch…“ Doch gerade scheinbar harmlose Äußerungen können den Nährboden für Neonazi-Gedankengut schaffen – eine Beleidigung und unterschwellige Bedrohung für Angehörige jener Minderheit sind sie zudem.
Leider wird Widerspruch gegen rassistische Sprüche oft als borniert verspottet. Dabei ist das Motto „Wehret den Anfängen“ kaum irgendwo passender als hier. Möglichst früh sollte man das Gespräch mit Kollegen suchen (nicht nur mit dem Sprücheklopfer) und im Büro, in der Abteilung oder der ganzen Firma über Ideologien und Auftreten von Rechtsextremisten aufklären. Bei allen Gewerkschaften gibt es Kollegen, die Seminare, Infomaterial und Hilfe anbieten. Seit 2006 gibt es für solche Aufklärungsaktivitäten eine explizite juristische Grundlage: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpflichtet Arbeitgeber, vorbeugende Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligung zu treffen – dazu gehören auch Schulungen zum Thema Diskriminierung.
Bewährt haben sich außerdem Betriebs- oder Dienstvereinbarungen „für ein partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz“. Dass sich Betroffene im Ernstfall darauf berufen können, ist hierbei nicht einmal das Wichtigste; die Vereinbarungen wirken bereits vorbeugend, da sie deutlich machen, dass bestimmtes Verhalten nicht geduldet wird. Auch Kleinigkeiten wie Anti-Rassismus-Plakate am Schwarzen Brett beeinflussen das Unternehmensklima schon merklich.
Mustergültig engagiert sich seit mehr als zehn Jahren die Firma EKO in Eisenhüttenstadt, eine Tochter des Stahlunternehmens ArcellorMittal: Als „Unternehmen, das vom Export lebt, mit internationalem Kapital arbeitet und seine Rohstoffe aus dem Ausland bezieht“, so die Geschäftsleitung, könne man sich „Intoleranz und Gewalt gegen Fremde nicht leisten“. Deshalb fördere man eine „Kultur der Offenheit, Toleranz sowie der Wertschätzung der Vielfalt in unserer Gesellschaft“ – und zwar nicht nur im Betrieb. Für ganz Brandenburg hatte diese eindeutige Stellungnahme eines so prominenten Unternehmens Signalwirkung.
Häufig hilft schon ein klares Widerwort
Kommt es am Arbeitsplatz doch zu diskriminierenden Äußerungen, sollte man unmittelbar einschreiten. Sprechen Sie bereits vorher mit anderen Kollegen über das Thema – so sinkt die Gefahr, dass im Ernstfall nur sie allein reagieren. Jedenfalls führt häufig schon ein deutliches Widerwort dazu, dass Sprücheklopfer verstummen. Denn oft glauben sie, für die „schweigende Mehrheit“ zu sprechen – und sind überrascht, wenn sie Gegenwind bekommen.
Bleibt der Erfolg aus oder ist man selbst Opfer von Diskriminierung und hat keine couragierten Kollegen, dann gibt es immer noch Ansprechpartner im Betrieb, die sich um solche Angelegenheiten kümmern. Existiert ein Betriebsrat, sollte man sich zuerst an diesen wenden. Paragraph 80 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) verpflichtet den Betriebsrat in Absatz 7 explizit, „die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen“. Der Betriebsrat kann deshalb Kollegen, die durch diskriminierende Sprüche auffallen, zum persönlichen Gespräch laden. Er sollte zudem Fälle von Diskriminierung bekannt machen und sich mit dem Opfer solidarisieren, etwa auf extra einberufenen Abteilungs- oder Betriebsversammlungen. Sollte alles nichts helfen, darf der Betriebsrat nach Paragraph 104 BetrVG vom Arbeitgeber sogar die Entlassung von betriebsstörenden Beschäftigten verlangen – womit nach Paragraph 75 BetrVG ausdrücklich auch Leute gemeint sind, die beispielsweise gegen Nicht-Deutsche und Asylsuchende hetzen.
Gibt es keinen Betriebsrat, kann auch der Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden. Immerhin fordert das Gleichbehandlungsgesetz (AGG) die Ernennung eines Anti-Diskriminierungs-Beauftragten in der Firma. Außerdem verlangt es vom Arbeitsgeber, jeder Beschwerde über Verstöße gegen das AGG nachzugehen. Natürlich, dies ist unangenehm und aufwendig – deshalb sollte allein schon die Aussicht darauf hinreichende Motivation für den Arbeitgeber sein, Diskriminierungen am Arbeitsplatz vorbeugend entgegen zu wirken.
Sollten jedoch weder solidarische Kollegen noch ein Betriebsrat und auch kein aufgeschlossener Chef zu finden sein, dann bleibt immer noch der Rechtsweg. Spätestens das ist dann auch der Moment, in dem die breitere Öffentlichkeit (etwa über die Lokalzeitung) von den Zuständen im Unternehmen informiert werden sollte. Klar, eine solche Klage ist nur das letzte und unangenehmste Mittel, doch man muss dabei nicht allein bleiben. Insbesondere die Gewerkschaften stehen dabei mit Rat und Tat zur Seite – und stellen ihren Mitgliedern sogar kostenlose Anwälte.
Dieser Artikel ist dem „Buch gegen Nazis“ entnommen – mehr dazu hier.
Mehr im Internet:
Betriebs- und Dienstvereinbarungen zu Rechtsextremismus und Diskriminierung:
| www.migration-online.de
| Was tun gegen rassistische Sprüche? Parolen parieren!
Mehr auf netz-gegen-nazis.de: