Trotz für die Jahreszeit sehr milden Temperaturen konnte der III. Weg mit 120 Personen so wenig wie nie zuvor zu ihrer jährlichen Demonstration ins oberfränkische Wunsiedel mobilisieren. Das sogenannte „Heldengedenken“ der rechtsextremen Partei war ein Flopp.
Es wirkte fast so, als hätte der III. Weg mit niedriger Teilnehmer*innenzahl gerechnet und sein Programm daran angepasst: Es war auf ein Minimum verringert. Doch selbst die Minimalinszenierung war durch Pannen geprägt. Während der ersten Rede von Parteivorsitzenden Matthias Fischer, welche vor einem Bauzaun mit Banner und einem gemieteten Lieferwagen stattfindet, geht in diesem die Alarmanlage los. Eine Bühne gibt es nicht, diese ist mutmaßlich in einem Auto, das auf dem Weg liegen geblieben ist.
Nach zwei Liedern des Liedermachers „Wegbereiter“ und einem Gedicht des ehemaligen Parteivorsitzenden Klaus Armstroff, nimmt die Kleinstpartei Aufstellung ein. Fackeln werden entzündet. Sie wollen eine würdige Atmosphäre für ihr Gedenken schaffen. Dafür lassen sie klassische Musik, unter anderem Beethoven, über Lautsprecher laufen, welche auf einem Kleinstwagen installiert sind. Doch die Töne, welche in dem dunklen Wohngebiet widerhallen, sind weniger emotional geladen und eher zwischen Rauschen und Übersteuerung der Anlage angesiedelt.
Die Route führt lediglich einmal um den Häuserblock, selbst auf eine Zwischenkundgebung wird verzichtet. Für den kurzen Weg benötigen sie rund 25 Minuten. Das Trauerspiel wird am Ausgangsort mit dem Lied „Deine Asche – dein Haupt“ von „Stahlgewitter“ empfangen, in dem es implizit um Rudolf Hess geht, und überlagert die zu dem Zeitpunkt noch dröhnende klassische Musik.
Das Restprogramm ist schnell abgehandelt. Bei der Abschlusskundgebung gibt es erneut eine kurze Rede von Fischer, „Wegbereiter“ darf nochmal zwei Lieder spielen. Auch Nazi-Urgestein Thomas „Steiner“ Wulff darf noch ein paar Worte sagen, bevor Fischer verkündet, dass eine Versammlung am Kriegerdenkmal nicht stattfindet. Schließlich seien dort, als er vor drei Wochen zur Vorbesprechung der Demonstration schon einmal in Wunsiedel war, Bauzäune und ein Bagger dort gewesen. So reisten die Anhänger*innen mit ihren zahlreichen Trauerkränzen wieder ab.
Wunsiedel ist seit dem Tod Rudolf Hess’ fast jährlich Schauplatz einer rechtsextremen Gedenkveranstaltung. Inzwischen dürfen diese aber keinen Bezug mehr zum “Hitlerstellvertreter” herstellen. Auch finden die Kundgebungen nicht mehr im August zum Todestag Hess’ statt, sondern rund um den Volkstrauertag.
Die rechtsextremen Veranstaltungen werden seit jeher von antifaschistischen Gegenprotest begleitet, wie auch dieses Jahr. Mehrere hundert Antifaschist*innen zogen durch die Straßen der Kleinstadt, bevor sie sich einer Veranstaltung für Demokratie und Toleranz der bürgerlichen Zivilgesellschaft der Stadt anschlossen.