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Xavier Naidoo „Ich mach da nicht mit“ — Ein neuer Tiefpunkt

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Screenshot aus dem Video "Ich mach da nicht mit" der Rapbellions. Wenige Sekunden später wird das Impfzentrum im Hintergrund explodieren.

„Ich mach da nicht mit“ heißt der neue Song von Xavier Naidoo und der 16-köpfigen Rap-Crew „Rapbellions“. Das fast achtminütige Musikvideo ist gefüllt mit verschwörungsideologischen und rechtsextremen Inhalten. Vom „Great Reset“ bis zu den „Killuminatis“ ist alles dabei, was das Repertoire an Verschwörungserzählungen zu bieten hat. Sogar ein Anschlag auf ein Impfzentrum wird angedeutet.

Im Refrain des Liedes warnt Naidoo die Zuhörer:innen vor den angeblichen Gefahren der Impfung und teilt ihnen heldenhaft mit: „Ich mach’ da nicht mit. Es kann gar nicht sein. Dieses Gift kommt niemals in unsere Körper rein. Die Geschwister und ich, wir wagen den Schritt und machen nicht mit.“ Während Naidoo auf dem Fahrrad sitzt und seine ‚Botschaft‘ in die Kamera singt, werden links und rechts von ihm verzerrte Videos von insgesamt drei Frauen und einem Mädchen eingespielt, die an den vermeintlichen Folgen einer Corona Impfung leiden. Besonders dramatisch: Ein Mädchen erleidet offenbar einen Anfall und liegt im Arm ihrer besorgten Mutter.

Kinderschutz als Dauerbrenner rechtsaußen

Aber nicht nur Naidoo ‚sorgt‘ sich um die Kinder, insgesamt sieben der 16 Rapper rufen direkt oder indirekt zum ‚Schutz der Kinder‘ auf. So zum Beispiel der Rapper Sceb, der die Zuhörer:innen zur Bewaffnung gegen den tiefen Staat auffordert. Seine Begründung: „[…] unsere Kinder warten, dass wir sie retten, also los!“. Dabei folgt die Darstellung der Kinder im Musikvideo klassischen rechtsextremen Instrumentalisierungsmustern. Als unschuldige und pure Wesen inszeniert, fürchten sie sich vor der ‚großen Gefahr‘ oder gehen niedlich und unwissend in ihrem ‚Kindsein‘ auf. Diese ‚Unbeflecktheit‘ und Unschuld, so wird es vermittelt, gilt es mit allen Mitteln zu bewahren.

Der heroische Mann und die sorgende Frau: Eine geschlechtersensible Perspektive

Ferner scheint auch ein geschlechtersensibler Blick auf das Musikvideo aufschlussreich, denn: Alle 16 Rapper von Rapbellions sind Männer. Jeder einzelne von ihnen verkörpert die Rolle des maskulin auftretenden Mannes, der sich den ‚bösen Mächten dieser Welt‘ stellt. Dahingegen nehmen die Frauen im Musikvideo vor allem eine passive Rolle ein, sei es als sorgende Mutter mit angsterfüllten Baby auf dem Arm oder als sichtlich beeindruckte Zuschauerinnen der kämpferischen Männer.

Für sich selber sprechen dürfen in dem Video weder die Frauen noch die Kinder. Es ist der Mann, der die Gefahr für sie erkennt und seine Rolle als Beschützer und Patriarch wahrnimmt. Es sind klassische Geschlechterstereotypen des heroischen Mannes, der zum Schutz von Frau, Kind und Volk in den Kampf zieht. Frauen sorgen sich, aber bleiben passiv.

Screenshot aus dem Video „Ich mach da nicht mit“ der Rapbellions.

Der den Song einleitenden Part des Rappers Lapaz steht exemplarisch für die im Musikvideo vorgenommene Inszenierung von Frauen, Männern und Kindern. Dieser beginnt wie folgt: „Ich mach da nicht mit denn meine Kinder sind mir heilig. Ich will, dass sie frei sind, vorher werde ich gesteinigt“. Im Video steht er zunächst auf einer Querdenken-Demo und gibt sich kämpferisch. Daraufhin der Perspektivwechsel: nun ist eine Frau mit Baby auf dem Schoß im Wohnzimmer zu sehen. Beide schauen Lapaz gespannt auf dem Fernsehbildschirm zu, der ihnen versichert: „Ich will das ihr Zwei wisst, dass Daddy niemals einknickt“. Einige Lines später beschwört Lapaz die scheinbar geteilte Einigkeit herauf, „dass es allerhöchste Zeit ist und dass die Lösung unser Volk und niemals ne Partei ist“. Beim Begriff „Volk“ wechselt die Kamera von Lapaz zurück ins Wohnzimmer. Die Kamera fokussiert nun das Kleinkind, das sich mit angsterfüllten Gesichtsausdruck an die besorgte Mutter klammert. Zum Ende nochmal ein Schwenk zurück zu Lapaz: Er denkt nicht ans Aufgeben – „egal wie hoch der Preis ist“.

Screenshot aus dem Video „Ich mach da nicht mit“ der Rapbellions.

Dabei treibt nicht das Wohl der Kinder oder der Frauen Naidoo und die Rapper von Rapbellions um. Die Instrumentalisierung von Themen rund um die Gesundheit und Sicherheit von Kindern und Frauen stellt vielmehr den Versuch der Künstler dar, ihre verschwörungsideologischen und antisemitischen Inhalte anschlussfähig für breitere Teile der Gesellschaft zu machen. Die emotional geführte Debatte um das Für und Wider der Impfung von Kindern bietet den Verschwörungsideologen um Naidoo eine nicht zu unterschätzende Anschlussfähigkeit.

Auffällig sind auch die religiösen Botschaften und Bezugnahmen der Rapper. Ausgehend von einer Einteilung der Welt in Gut und Böse, Licht und Dunkelheit, kämpfen sie in Gottesnamen gegen Okkultismus, den Satan und seine Anhänger:innen. Diese werden als kleine Gruppe mächtiger „Psychopathen“ imaginiert, welche die Versklavung der  Menschheit verfolgen. Als Mittel dazu dient die Impfung.

Der heilige Krieg gegen das Böse erscheint Rappern wie Ukvali als einzige Lösung. Er verkündet: „Bei Gott da mache ich nicht mit, biete dem Teufel die Stirn. Auf dass die Kinder Gottes hier, nie ihr Leuchten verlieren“. Sein „Widerstand“ richtet sich gegen nichts weniger als “die Fürsten der Welt“.

An welche Erzählungen das Rappen über böse Mächte anknüpft, die die „Menschenseelen vergiften“ und „seit Anbeginn der Zeit echte Werte vernichten“ würden, ist eindeutig. Es ist das antisemitische Narrativ der jüdischen Weltverschwörung aus denen sich die Chiffren der Rapper speisen.

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