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„Zivilgesellschaft stärken!“ Länderübergreifend für den Demokratieruck 

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Vor den Landtagswahlen vernetzen sich Akteur*innen aus Sachsen, Brandenburg und Thüringen.

Knapp 40 Akteur*innen aus Sachsen, Brandenburg und Thüringen waren trotz bulliger Hitze der Einladung der Amadeu Antonio Stiftung ins Pögehaus im Leipziger Osten gefolgt. Im Vordergrund standen vor allem der Erfahrungsaustausch und die Vernetzung über Ländergrenzen hinweg – sind doch die Sorgen in allen drei Bundesländern die gleichen. Überall werden die kommenden Wahlen als Zäsur betrachtet: die AfD macht sich berechtigte Hoffnungen, in Potsdam, Dresden und Erfurt stärkste Fraktion zu werden. Auch ohne Regierungsbeteiligung der AfD könnte die Luft für die Projekte, die sich gegen rechts und für eine starke, demokratische Zivilgesellschaft engagieren, dünner werden.

Zunächst stand allerdings inhaltlicher Input auf dem Programm. Dr. Axel Salheiser vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena setzte aktuelle Protagonisten der sogenannten „neuen“ Rechten in Ostdeutschland in ihren historischen und ideologischen Kontext. Bereits in der Fragerunde wurde deutlich, dass das Thema auch die verschiedenen Projekte in ihrer Arbeit umtreibt. An drei moderierten Thementischen konnten die Diskussionen vertieft werden.

„Wie funktioniert politische Bildung aus einer Minderheitenposition heraus?“

Und wer ist eigentlich alles eine Minderheit? Sind es alle Ostdeutschen, in deren Biografien sich im Zuge der Wende Erfahrungen von Transformation und Fremdbestimmtheit eingelassen haben? Sind es die Soziokulturellen Zentren und Mobilen Beratungsteams im ländlichen Raum, die sich im Netzwerk Tolerantes Sachsen zusammengeschlossen haben? Die lokalen jüdischen oder Roma-Gemeinden? Oder verlaufen die Brüche nicht im ganz Kleinen, in der Familie? In der eigenen Generation, im Bekanntenkreis, wie es eine Aktive der neu gegründeten Omas gegen Rechts Leipzig berichtet?

Strategien…

Angeregt tauschten sich die Teilnehmenden an einem anderen Tisch über bewährte und innovative Strategien gegen rechts aus. Einerseits wurden Erfahrungen mit rechtlichen Handlungsmöglichkeiten geteilt: mit dem Ausschluss menschenfeindlicher Positionen von Veranstaltungen über das Hausrecht oder Unvereinbarkeitserklärungen von Vereinen oder anderen Organisationen. In Brandenburg, berichtet eine Teilnehmerin, gibt es etwa einen antidiskriminatorischen Passus in der Landesverfassung, auf den man sich berufen könne.
Ein anderer Akteur wiederum berichtete, wie sich sein Verein mit Tactical Mapping einer Methode der Friedens- und Konfliktforschung bediene, um indirekt an rechte Milieus heranzukommen.

… und Zugänge

Um Zugänge zu „verfestigten demokratiefernen Milieus“ ging es auch am dritten Thementisch. Ein Mitarbeiter des Chemnitzer ASA ff e.V. stellte etwa ihren Ansatz der „kreativen Diskursverschiebung“ vor, indem eigene, positive Narrative über etwa Theaterarbeit gesetzt werden sollen.

„Die Busse aus Aleppo, die am Dresdner Zwinger aufgestellt waren, das war super. Eine Debatte kam zustande – und diskutiert wurde über ein Kunstwerk, nicht das Flüchtlingsheim:“ – Ein Teilnehmer

Außer diesem inhaltlichen Austausch wurden auch drei Projekte vorgestellt, die teilweise bereits in der Förderkampagne „Zivilgesellschaft stärken! – Ihr habt es in der Hand“ gefördert werden. Neben einer kreativen Flyerkampagne des Landesfrauenrats Thüringen und der „Wir lassen uns nicht hetzen“-Ideenkiste des Aktionsbündnis Brandenburg wurde auch die Konzert- und Marktplatztour „#WannWennNichtJetzt“ präsentiert. An insgesamt neun Daten wird die Tour in mittelgroßen Städten in Sachsen, Brandenburg und Thüringen haltmachen und neben Marktplatzgesprächen und Workshops Konzerte von lokalen aber auch bundesweit bekannten Bands präsentieren. #WannWennNichtJetzt sei zwar jeweils lokal gut vernetzt, könne aber noch konkrete Hilfe bei den Veranstaltungen und Unterstützung ihrer Crowdfunding-Kampagne gebrauchen.

Angesichts der bevorstehenden Änderungen im politischen Klima, in dem die versammelten Akteure in ihren regionalen Kontexten nach den Landtagswahlen arbeiten werden müssen, habe das Vernetzungstreffen Mut gemacht, sagte Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung.

„Eine länderübergreifende Vernetzung vor den Landtagswahlen im Herbst – das war genau das, was wir gebraucht haben!“ – Eine Teilnehmerin vom Netzwerk Tolerantes Sachsen

 

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