Der organisierten extremen Rechten in Nordrhein-Westfalen gelang es auch im Jahr 2014 nicht, ihre Strukturen auszubauen und ihre personelle Basis zu erweitern. Bei den Kommunalwahlen am 25. Mai 2014 blieben die „Bürgerbewegung Pro NRW“, die NPD und „Die Republikaner“ hinter ihren im Vorfeld teilweise recht großspurig verkündeten Wahlzielen zurück. Indes gelang es der Neonazipartei „Die Rechte“ in Dortmund und Hamm jeweils ein Ratsmandat zu erobern. Mit rechtspopulistischen Slogans konnten aber auch die Alternative für Deutschland (AfD) und im nördlichen Ruhrgebiet die Unabhängige Bürgerpartei (UBP) punkten.
Alle Parteien des extrem rechten Spektrums richteten den Schwerpunkt ihrer Wahlpropaganda auf die Agitation gegen Asylsuchende und gegen die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften. Ebenso polemisierten sie unter dem Schlagwort „Armutseinwanderung“ gegen die Zuwanderung von EU-BürgerInnen aus den südöstlichen Staaten der Europäischen Union sowie die vermeintlich drohende „Islamisierung“ der Bundesrepublik. Obgleich sie damit an weit verbreitete Ängste, Ressentiments und rassistische Haltungen in der „Mitte der Gesellschaft“ anknüpfen konnten, die an zahlreichen Orten in Nordrhein-Westfalen in AnwohnerInneninitiativen und -protesten etwa gegen Asyleinrichtungen zum Ausdruck kamen, blieben die Resonanzen auf die Propaganda der „traditionellen“ Organisationen und Parteien der extremen Rechten beschränkt.
Als im Vergleich dazu erkennbar mobilisierungsfähiger erwies sich hingegen das Netzwerk „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa), unter dessen Dach sich seit Anfang 2014 rechtsoffene Hooligans, RechtspopulistInnen und militante Neonazis formierten. Die spektakulärste Aktion der HoGeSa stellte zweifellos die von massiven Ausschreitungen geprägte Demonstration am 26. Oktober 2014 in Köln dar, die mit rund 4.000 TeilnehmerInnen zugleich als größter extrem rechter Aufmarsch in Nordrhein-Westfalen seit 1945 gelten kann. Gegen Ende des Jahres konstituierten sich im bevölkerungsreichsten Bundesland zudem lokale Ableger des zunächst in Dresden entstandenen Netzwerks „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA). Im Gegensatz zu den Montagsdemonstrationen der PEGIDA in der sächsischen Landeshauptstadt, an denen sich bis zu 10.000 Personen beteiligten, blieb die Resonanz auf entsprechende Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen bislang überschaubar.
Krise der traditionellen Rechtsaußenparteien und der Aufstieg der AfD
In den Wochen und Monaten vor den Kommunalwahlen am 25. Mai hatte Pro NRW rhetorisch wieder einmal die Bäume in den Himmel wachsen lassen. Als erklärtes Ziel wurde die Parole ausgegeben, „die Zahl der Mandate von derzeit einigen Dutzend auf 150-200“ zu steigern. Wie so oft in den vergangenen Jahren fiel das tatsächliche Ergebnis für die selbst ernannte „Bürgerbewegung“ relativ ernüchternd aus. Gerade einmal 65 Sitze konnte die Partei in Stadträten, Kreistagen und Bezirksversammlungen erlangen. Ihre besten Ergebnisse erzielte Pro NRW mit 4,2 Prozent in Duisburg und in Bergheim (bei Köln) mit 5,3 Prozent. Herbe Verluste musste die „Bürgerbewegung“ hingegen in Köln hinnehmen. Mit 2,6 Prozent verlor sie im Vergleich zu den vorangegangenen Kommunalwahlen nicht nur die Hälfte ihrer WählerInnen, sondern auch den Fraktionsstatus im Rat der Stadt.
Dieser Einbruch dürfte nicht zuletzt dem desaströsen Erscheinungsbild von Pro Köln in der Öffentlichkeit geschuldet sein. Gegen vier Ratsmitglieder wurde aufgrund unrechtmäßig kassierter Sitzungsgelder wegen „bandenmäßigem Betrug“ ermittelt. Im Dezember 2014 verurteilte das Landgericht Köln den vormaligen Pro Köln-Ratsherr Jörg Uckermann schließlich zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten, während zwei weitere Beschuldige mit Geldstrafen davon kamen. Neben der fehlenden Glaubwürdigkeit der selbst ernannten „Aufräumer“ und „Saubermänner“ von Pro NRW besteht das größte Problem der Partei nach wie vor in deren Unfähigkeit auch nur annähernd flächendeckende und arbeitsfähige Strukturen aufzubauen. Die Personaldecke ist dementsprechend dünn. Zudem sind parteiinterne Querelen an der Tagesordnung.
Der Aufstieg der AfD macht die Situation für die „Bürgerbewegung“ nicht leichter. Diese blieb zwar bei den Kommunalwahlen deutlich hinter den bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg erzielten Zustimmungsquoten zurück, konnte aber dennoch über 190 Mandate in Stadträten, Kreistagen und Bezirksvertretungen gewinnen. Die politische Orientierung der nordrhein-westfälischen AfD tendiert nach rechts. Im Landesverband hat sich mittlerweile, so urteilt der Soziologe Andreas Kemper, „komplett die nationalkonservative Linie durchgesetzt.“
Eine weitere, wesentliche ältere Partei am rechten Rand des politischen Spektrums hadert hingegen mit der ausbleibenden Gunst der WählerInnen. Die Rede ist von der NPD, die sich in Nordrhein-Westfalen seit Jahren in einem stetigen Niedergang befindet. Landesweit konnten die „Nationaldemokraten“ nur noch acht Mandate erzielen – fünf weniger als bei der vorangegangenen Kommunalwahl. Ihr bestes Ergebnis erreichte die Partei mit 1,7 Prozent in Duisburg. Dort konnte sie allerdings im November 2014 bei einer Nachwahl für die Bezirksvertretung Duisburg-Bruckhausen eine Zustimmungsquote von 25 Prozent verbuchen, während für Pro NRW weitere 8,1 Prozent votierten. Zwar war das Ergebnis von rund 33 Prozent für die beiden extrem rechten Parteien nicht zuletzt einer äußerst niedrigen Wahlbeteiligung geschuldet, gleichzeitig zeigte sich jedoch, dass in Stimmbezirken und Stadtteilen, in denen – wie eben in Duisburg – über einen längeren Zeitraum zugespitzte und ressentimentgeladene Debatten um Einwanderung bzw. die Unterbringung von Geflüchteten geführt werden, NPD und Pro NRW sehr wohl überdurchschnittliche Ergebnisse erzielen können. „Die Republikaner“ indessen vermochten von derartigen Entwicklungen nicht zu profitieren. Sie erlangten landesweit lediglich drei Mandate und somit nur eines mehr als die Neonazipartei „Die Rechte“.
Mit Lynchparolen ins Rathaus – „Die Rechte“
Diese war als faktische Nachfolgeorganisation der im August 2012 durch das nordrhein-westfälische Innenministerium verbotenen Kameradschaften „Nationaler Widerstand Dortmund“, „Kameradschaft Hamm“ und „Kameradschaft Aachener Land“ in Dortmund, Hamm und Wuppertal zu den Kommunalwahlen angetreten. In Hamm gelang ihr mit 0,9 Prozent der Stimmen der Einzug in den Stadtrat. In Dortmund votierten 2.101 WählerInnen (1,0 Prozent) für die „Rechte“ und ihren „Spitzenkandidaten“ Siegfried Borchardt, der nach einer bewegten Karriere in der Neonaziszene als Mitbegründer der rechtsextremen Hooligantruppe „Borussenfront“ und vormaliger Landesvorsitzender der (seit 1995 verbotenen) Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP) nun zumindest kurzfristig zum Ratsherrn in der Westfalenmetropole avancierte. War schon der Wahlkampf der „Rechten“ durch offen rassistische Slogansund kaum verhohlene Lynchparolen („Wir hängen nicht nur Plakate“) geprägt, zeigte sich am Wahlabend in besonders spektakulärer Weise der aggressiv gewalttätige Charakter der Partei und ihrer AnhängerInnen. Angeführt von Siegfried Borchardt versuchten rund 25 von ihnen, teilweise bewaffnet mit Flaschen und Pfefferspray, die Wahlparty im Dortmunder Rathaus zu stürmen. Als sich vor dem Gebäude eine Menschenkette formierte und den Neonazis den Zutritt verwehrte, attackierten die mit gelben T-Shirts mit der Aufschrift „Weg mit dem NWDO-Verbot“ ausstaffierten AktivistInnen die vor dem Rathaus versammelten DemokratInnen.
In diesem Kontext entzündete sich massive öffentliche Kritik an der Polizei, die augenscheinlich vom Auftreten der Neonazis überrascht wurde und zu Beginn der Auseinandersersetzungen mit zu wenigen Einsatzkräften vor Ort war. Aufgrund der Tumulte vor dem Dortmunder Rathaus sind immer noch Dutzende Ermittlungsverfahren anhängig. Diese richten sich jedoch nicht nur gegen die an den Übergriffen beteiligten Neonazis, sondern auch gegen mehrere engagierte BürgerInnen, die sich Siegfried Borchardt und seinen Kameraden entgegengestellt hatten und daher der „Nötigung“ verdächtigt werden.
Borchardts Ratskarriere ging erwartungsgemäß rasch zu Ende. Nach einigen Wochen trat er von seinem Posten zurück. Das Mandat wird seither von Dennis Giemsch, ehemals führender Kopf des „Nationalen Widerstand Dortmund“ und amtierender Landesvorsitzender der Partei „Die Rechte“, wahrgenommen. In ihrer politischen Praxis versuchen die Neonazis gar nicht erst, sich den Anschein vermeintlicher Seriosität zu geben. Vielmehr missbrauchen sie die sich ihnen bietende parlamentarische Arena als Forum für rassistische und antisemitische Propaganda. So verlangte Dennis Giemsch in einer Anfrage im November 2014 beispielsweise Auskunft über die möglichst nach Stadtbezirken aufgegliederte Zahl der in Dortmund lebenden Jüdinnen und Juden.
Ansonsten führte „Die Rechte“ auch im Jahr 2014 ihren aktivistischen Politikansatz fort, der in einer Reihe von Aufmärschen zum Ausdruck kam. Am 1. Mai zogen etwa 500 Neonazis durch den Dortmunder Stadtteil Westerfilden. Am 23. August führte die „Die Rechte“ unter dem Motto „Weg mit dem NWDO Verbot!“ eine Kundgebung mit 85 TeilnehmerInnen in der Dortmunder Innenstadt durch. Beide Veranstaltungen wurden von lautstarken Gegenprotesten, teilweise von Blockadeaktionen begleitet. Auch in anderen Städten blieben Versammlungen der „Rechten“ nicht ungestört – etwa als am 3. Oktober 300 Neonazis in Hamm demonstrierten.
Festzustellen ist jedoch, dass die TeilnehmerInnenzahlen bei extrem rechten Aufmärschen in Nordrhein-Westfalen, wie auch in anderen Bundesländern, stagnieren. Offenkundig gelingt es der „Rechten“ nur bedingt, zu überregionalen Demonstrations-„Events“, wie etwa bis 2011 zum „Nationalen Antikriegstag“ nach Nordrhein-Westfalen zu mobilisieren, zu dem in den vergangenen Jahren bis zu 1.200 Neonazis aus der ganzen Bundesrepublik anreisten. Auch der Parteiaufbau verläuft schleppend, neu gegründete Kreis- oder Bezirksverbände wie etwa in Recklinghausen und Heinsberg haben bisher keine wahrnehmbaren eigenen Aktivitäten entwickelt.
„Unvorhersehbar“? HoGeSa-Ausschreitungen in Köln
Trotz der von BeobachterInnen vielfach konstatierten „Krise“ neonazistischer Demonstrationspolitik fand am 26. Oktober in Köln der bislang größte extrem rechte Aufmarsch in der Geschichte Nordrhein-Westfalens statt. Mobilisiert hatte das Netzwerk „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa). Angemeldet worden war die Versammlung unter dem Motto „Gemeinsam gegen Salafisten“ von Dominik Roeseler, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Bürgerbewegung Pro NRW und Mandatsträger seiner Partei im Rat der Stadt Mönchengladbach. Zur Teilnahme aufgerufen hatte aber auch die Partei „Die Rechte“, ohne dass diese jedoch Einfluss auf die Organisation und den Ablauf der Veranstaltung nahm. Auf dem Breslauer Platz hinter dem Kölner Hauptbahnhof versammelte sich schließlich zwischen 3.000 und 4.000 Personen.
Vertreten war die gesamte Bandbreite des extrem rechten Spektrums – rechte Hooligans ebenso wie Neonazi-Skinheads, Autonome Nationalisten, NPD-AnhängerInnen oder RechtspopulistInnen. Als „Special Guest“ trat die Rechtsrock-Band „Kategorie C“ im Rahmen der Auftaktkundgebung auf. Schon zu diesem Zeitpunkt war unverkennbar, dass es bei der Veranstaltung allenfalls am Rande um Protest gegen „Salafismus“ ging. Vielmehr war die Stimmung von Beginn an durch rassistische Parolen und aggressives Auftreten gegenüber JournalistInnen und vermeintlich Andersdenkenden geprägt, die schließlich in heftigen Auseinandersersetzungen mit der Polizei eskalierten. Diese wirkte phasenweise überfordert und hatte angesichts des versammelten Gewaltpotentials zu wenig Einsatzkräfte aufgeboten. Bei den Ausschreitungen wurden mindestens 45 PolizeibeamtInnen verletzt, AugenzeugInnen berichteten zudem von rassistischen Bedrohungen, Gewalttaten und extrem rechten Gesängen in zahlreichen Regionalbahnen, in denen die HoGeSa-Teilnehmenden die Heimreise antraten.
Für Verwunderung sorgte in diesem Zusammenhang die von Innenminister Ralph Jäger (SPD) und der Kölner Polizeiführung vorgenommene Bewertung des Einsatzes. Demnach seien dessen wesentliche Ziele erreicht worden, die „exzessive“ Gewalt jedoch nicht „vorhersehbar“ gewesen. Ganz neu war die scheinbar „überraschende“ Gewaltbereitschaft der HoGeSa-AktivistInnen freilich nicht. Auch wenn HoGeSa-Versammlungen in Essen und Dortmund im September friedlich verlaufen waren, hatten bereits im Februar 2014 rund 150 Hooligans und Sympathisanten der German Defence League (GDL) am Rande einer Kundgebung des Islamisten Pierre Vogel in Mönchengladbach randaliert und mit Flaschen, Knallkörpern sowie einer bengalischen Fackel dessen AnhängerInnen, PolizeibeamtInnen und JournalistInnen attackiert. Zu ähnlichen Hooligan-Ausschreitungen war es bei einer Veranstaltung von Pierre Vogel in Mannheim gekommen. Antifaschistische Medien, wie etwa der Blog „NRW rechtsaußen“ (http://nrwrex.wordpress.com/) oder die Zeitschrift „Lotta“ hatten über diese Entwicklungen schon frühzeitig ausführlich berichtet. Aufgrund der Ereignisse in Köln haben die Strafverfolgungsbehörden mittlerweile 111 Ermittlungsverfahren gegen 63 Tatverdächtige wegen Landfriedensbruch, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Volksverhetzung eingeleitet.
Das HoGeSa-Netzwerk wird sich vermutlich, nicht zuletzt aufgrund erhöhter zivilgesellschaftlicher und polizeilicher Aufmerksamkeit, schwer tun, den „Erfolg“ von Köln in ähnlicher Weise zu wiederholen. Gleichwohl haben extrem rechte Hooliganszenen durch die bereits jetzt in einschlägigen Foren mythologisch verklärten Ereignisse vom 26. Oktober erheblich an Selbstbewusstsein gewonnen. Umso wichtiger erscheint es daher zu beobachten, ob und in welchem Maße das Phänomen „HoGeSa“ auf lokale Fanszenen zurückwirken wird, innerhalb derer seit einiger Zeit an vielen Orten Macht- und Deutungskämpfe zwischen sich „unpolitisch“ gebenden, faktisch oftmals aber rechtsoffenen Gruppierungen und antirassistisch orientierten Ultras und Faninitiativen stattfinden.
PEGIDA an Rhein und Ruhr – Sammelbecken der extremen Rechten?
Ein Netzwerk, das in den vergangenen Wochen oftmals in einem Atemzug mit „HoGeSa“ genannt wurde, sind die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA), die auch in Nordrhein-Westfalen lokale Ableger und Sympathisanten gefunden haben – etwa in Düsseldorf, Bonn und Witten – ohne bislang dabei freilich auch nur annähernd an die Mobilisierungserfolge der PEGIDA-Demonstrationen in Dresden anknüpfen zu können. Verweisen deren ProtagonistInnen in der sächsischen Landeshauptstadt ständig darauf, nichts mit extrem rechten Parteien und Organisationen zu tun zu haben, fällt dies den InitiatorInnen an Rhein und Ruhr erkennbar schwerer.
Die Düsseldorfer „Montagsdemonstration“ mit rund 500 TeilnehmerInnen am 8. Dezember 2014 lieferte hierfür ein anschauliches Beispiel. Als einer der OrganisatorInnen der Veranstaltung firmierte etwa Sebastian Nobile, vormals führender Kopf der „German Defence League“ in Köln. Der als Hauptredner angekündigte Rechtsanwalt Alexander Heumann leitet die weit rechts stehende „Patriotische Plattform“ innerhalb der AfD. Mit der ursprünglich aus der Neonaziszene stammenden Melanie Dittmer trat zudem eine Aktivistin der „Identitären Bewegung“ ans Mikrophon. Im Publikum tummelten sich neben bürgerlichen und politisch nicht organisierten TeilnehmerInnen etliche FunktionärInnen von Pro NRW, AnhängerInnen der NPD um ihren Landesvorsitzenden Claus Cremer sowie eine erhebliche Zahl an rechten Hooligans und Neonazis aus dem gesamten Bundesland.
Insofern war die Koalition, die sich vor dem Düsseldorfer Landtag in ihrer aggressiven Frontstellung gegen Muslime, Geflüchtete und die verhasste „Lügenpresse“ zusammengefunden hatte in ihrer Breite durchaus bemerkenswert, eine „Massenbewegung“ stellte sie jedoch keineswegs dar.
„Aufklären und Einmischen“ – Perspektiven für das Jahr 2015
Eine der wesentlichen Herausforderungen für die kritische Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rassismus in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2015 wird dennoch darin bestehen, die Entwicklung, die Argumentationsmuster und Mobilisierungspotentiale dieser neu entstandenen Netzwerke, Bündnisse und Koalitionen aufmerksam zu beobachten und zu analysieren – eine Aufgabe, der sich die Mobile Beratung NRW nicht zuletzt im Austausch mit zivilgesellschaftlichen Akteuren intensiv widmen wird.
Die Trennlinien zwischen gesellschaftlich und politisch in der Regel isolierten Gruppierungen und Parteien der extremen Rechten einerseits und den schon immer vorhandenen, aber bislang weitgehend eingehegten ressentimentgeladenen, ausgrenzenden und rassistischen Haltungen in der „Mitte der Gesellschaft“ andererseits, scheinen auch in Nordrhein-Westfalen allmählich zu verschwimmen. Zu erwarten ist, dass sich im kommenden Jahr wie schon in den vergangenen zwei Jahren vielerorts der Zorn der „Wutbürger von Rechts“ vor allem an der Unterbringung von Flüchtlingen entzünden wird.
Die extreme Rechte wird versuchen, diese Stimmungen für sich zu nutzen. Zu befürchten ist, dass es dabei nicht „nur“ bei verbalen Attacken bleiben wird. Bereits im Jahr 2014 haben gewalttätige Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und deren BewohnerInnen in Nordrhein-Westfalen erkennbar zugenommen. Wurden nach Angaben der Landesregierung im Jahr 2013 fünf Vorfälle, registriert, waren es im ersten Halbjahr 2014 bereits 12 Straftaten, darunter zwei schwere Körperverletzungen und ein Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz. Erfreulich ist jedoch, dass sich zumal in diesem Jahr zahlreiche lokale und Stadtteilbezogene Initiativen konstituiert haben, die sich für Flüchtlinge und eine „Willkommenskultur“ engagieren, die diesen Namen auch wirklich verdient.
Von großer Bedeutung wird ferner die Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum NSU-Terror in Nordrhein-Westfalen sein, dessen Einsetzung von allen Landtagsfraktionen im Oktober 2014 einstimmig beschlossen wurde. Der Ausschuss wird sich außer den unmittelbar dem NSU zuzuordnenden Sprengstoff- bzw. Nagelbombenanschlägen in Köln und der Ermordung von Mehmet Kuba??k in Dortmund auch mit einer Reihe weiterer mutmaßlich rechts motivierter Gewalttaten in Nordrhein-Westfalen, wie beispielsweise mit dem bis heute unaufgeklärten Sprengstoffanschlag vom 27. Juli 2000 am S-Bahnhof Düsseldorf-Wehrhahn beschäftigen. Dabei sollen nicht zuletzt die Handlungsmuster und Praktiken der Sicherheitsbehörden eine genauere Betrachtung erfahren. Mittlerweile hat sich auch eine unabhängige Initiative „NSU-Watch NRW“ konstituiert, die unter dem Motto „Aufklären und Einmischen“ die Arbeit des Untersuchungsausschusses kritisch begleiten und dokumentieren wird.
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